Berlin. Nach der Liebig-Räumung kam es auf einer Demo in Mitte zu Gewaltausbrüchen. Die Polizei stellt sich auf weitere Straftaten ein.
Nach der Räumung des besetzten Hauses "Liebig 34" in Berlin-Friedrichshain stellt sich die Hauptstadt-Polizei auch für die nächste Zeit auf Straftaten der linksextremen Szene ein. "Wir sind weiterhin aufgestellt und werden entsprechend reagieren können", sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Man sei sich bewusst, dass es zu weiteren Straftaten kommen könne.
Details zum weiteren Vorgehen wollte die Sprecherin aus taktischen Gründen nicht nennen. Für das geräumte Gebäude nun sei der Eigentümer verantwortlich. Dass die Polizei weiter Präsenz zeigt im linksalternativ geprägten Kiez rund um Liebigstraße und Rigaer Straße, ist aber anzunehmen. Auf einem linksradikalen Internetportal sind "Aktionstage" in Berlin vom 30. Oktober bis 1. November angekündigt.

Nach der Liebig-Räumung kam es bei einer Demo zu Gewaltausbrüchen
Das Haus "Liebig 34" - ein Symbol der linksradikalen Szene, um das lange heftig gestritten wurde - war am Freitagmorgen unter Protest geräumt worden. Bei einer Demo der Szene am Freitagabend von Mitte nach Prenzlauer Berg kam es trotz großen Polizeiaufgebots zu Gewaltausbrüchen. Randalierer warfen nach Polizeiangaben immer wieder Flaschen und Steine gezielt auf Einsatzkräfte. Zudem wurden Schaufenster und Autoscheiben zerstört sowie zwölf Fahrzeuge angezündet. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) sprach von "blinder Gewalt", die er aufs Schärfste verurteile.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte dem "Tagesspiegel", die Gewalt im Linksextremismus werde zunehmend brutaler und personenbezogener - im Sinne geplanter Anschläge und Hinterhalte etwa. "Es war nach Auflösung der RAF in der Szene lange Konsens, auf Gewalt gegen Personen, die auch tödlich sein kann, zu verzichten." Da gebe es jetzt einen Sinneswandel. Die Berliner Szene bewertete Haldenwang als nervös. Er sei sich "einigermaßen sicher, dass das noch nicht das Ende war", sagt er mit Blick auf den Kampf um autonome Freiräume wie in der "Liebig 34". Haldenwang betonte, kein Extremismus dürfe verharmlost werden, insbesondere wenn er gewaltsam agiert.

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28-jährige Person in Untersuchungshaft
Laut Bilanz der Berliner Polizei wurden bei Einsätzen rund um die Räumung und die abendliche Demonstration insgesamt 18 Polizisten verletzt. Eingesetzt worden seien in der Spitze 2100 Beamte, auch aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei. Allein am Freitagabend gab es mehr als 30 Festnahmen. 37 Strafermittlungsverfahren wurden eingeleitet, unter anderem wegen Widerstandes und Sachbeschädigung. In Untersuchungshaft kam nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft eine "28-jährige Person" - wegen Flaschenwürfen auf Beamte und vorliegenden Haftgründen. Von schwerem Landfriedensbruch und versuchter gefährlicher Körperverletzung war die Rede.

Die Nacht zum Sonntag verlief dann nach Polizeiangaben ruhiger, es kam es zu kleineren Einsätzen. Wie schon in der Nacht zuvor brannten auch mehrere Autos in verschiedenen Bezirken - klare Bezüge zur Räumung fehlten jedoch. Mit dem Staatsschutz sollte eine politische Motivation geprüft werden.
Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei Berlin (GdP), Benjamin Jendro, sagte am Samstag im RBB, er glaube, dass Demonstrationen und gewaltsame Auseinandersetzungen mit Bezug auf "Liebig 34" die Polizei wahrscheinlich noch Wochen bis Monate beschäftigen dürften. "Wir haben leider in der Nacht gesehen, zu was die Szene auch in der Lage ist."
dpa