Berlin. Nun ist es amtlich: Die Zentrale und das Leistungszentrum des künftigen Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sollen an der Darwinstraße in Charlottenburg untergebracht werden. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hat zugestimmt, die Immobilie für zehn Jahre von einer börsennotierten Immobiliengesellschaft zu mieten.
Berlin muss dafür tief in die Tasche greifen. Die reinen Mietkosten für die zehn Jahre liegen bei 27,5 Millionen Euro. Inklusive Neben- und Bewirtschaftungskosten, Mobiliar und Ausgaben für IT-Arbeitsplätze und Umzug werden insgesamt sogar 42,5 Millionen Euro fällig. Dies verlautete aus Koalitionskreisen, die Zahlen liegen der Berliner Morgenpost exklusiv vor.
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Zentrale und Leistungszentrum bilden den größten Bereich des neuen LAF. Dort erhalten Asylsuchende nach der Phase ihrer Erstaufnahme die gesetzlich festgelegten Sach- und Geldleistungen. An der Darwinstraße soll eine Bearbeitung von bis zu 1500 Kunden pro Tag ermöglicht werden. Es werden rund 400 mit Computern ausgestattete Arbeitsplätze und mehrere Wartebereiche für die Flüchtlinge eingerichtet.
Neues Landesamt nimmt Arbeit am 1. August auf
Zudem ist – für den Fall, dass die Flüchtlingszahlen wieder steigen – eine Reserve von weiteren 60 Arbeitsplätzen vorgesehen. Die Gesamtfläche beträgt zirka 17.700 Quadratmeter, der Mietvertrag beginnt voraussichtlich am 1. November dieses Jahres. Umgerechnet ergibt sich eine Netto-Kaltmiete von 13,50 Euro pro Quadratmeter für die Büros und von 3,50 Euro für Lagerflächen.
Das Abgeordnetenhaus hatte im Dezember vergangenen Jahres mit einem Gesetz beschlossen, ein Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten zu gründen und alle Aufgaben, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung der Asylsuchenden betreffen, aus dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) herauszulösen. Angesichts des stark gestiegenen Zuzugs von Flüchtlingen war das Lageso kaum noch in der Lage, mit dem vorhandenen Personal und in der bisherigen Organisationsstruktur diese Aufgaben zu bewältigen.
Der Standort an der Turmstraße in Moabit erwies sich, insbesondere für das Leistungszentrum, als völlig überlastet und ungeeignet. Das neue Landesamt soll am 1. August die Arbeit aufnehmen – bis zum Umzug an die Darwinstraße zunächst in Moabit. Der Wartebereich und ein Teil des Leistungszentrums sollen vorübergehend im ehemaligen Kongresszentrum ICC unterkommen.
Ankunftszentrum in Tempelhof geplant
Die landeseigene Berliner Immobilien-Management GmbH (BIM) hat geprüft, ob es Alternativen zur Anmietung der Immobilie an der Darwinstraße gibt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass das nicht der Fall sei. Als einziger ausreichend großer und kurzfristig verfügbarer landeseigener Standort käme der jetzige Campus an der Turmstraße in Frage. Der hätte aber für mindestens 25 Millionen Euro im laufenden Betrieb bis 2018 umgebaut werden müssen, sodass nach Ansicht des Senats eine reibungslose Versorgung der Flüchtlinge nicht hätte gewährleistet werden können. Sowohl für die Flüchtlinge als auch für die Mitarbeiter sei eine „tragfähige Lösung noch in diesem Jahr unabdingbar“, wie es in einer internen Vorlage an den Hauptausschuss heißt.
Das Konzept des Landesamtes sieht auch vor, ein vom Leistungszentrum getrenntes Ankunftszentrum einzurichten. Es ist im Hangar fünf des ehemaligen Flughafens Tempelhof geplant. Für dieses Projekt hat der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses ebenfalls die Mittel freigegeben. Der Hangar ist gut 5400 Quadratmeter groß und soll, um weitere Flächen zu gewinnen, mit einer Zwischenetage ausgestattet werden. Ursprünglich war vorgesehen, das Ankunftszentrum in der ehemaligen Flughafen-Haupthalle einzurichten. Das sei aus Gründen des Denkmalschutzes aber nicht möglich, so die Senatssozialverwaltung.
Im Ankunftszentrum sollen LAF-Mitarbeiter die Flüchtlinge registrieren und gemäß dem Königsteiner Schlüssel gegebenenfalls in andere Bundesländer weiterleiten.
Koordinierungsstab zieht in die Treptowers
Der Landesweite Koordinierungsstab Flüchtlingsmanagement (LKF) und die Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) ziehen befristet bis Ende 2018 in die Treptowers an der Martin-Hoffmann-Straße – anders als die Zentrale und das Leistungszentrum des künftigen Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten, die an der Charlottenburger Darwinstraße untergebracht werden.
In den Treptowers werden 2700 Quadratmeter angemietet. In dem Koordinierungsstab arbeiten derzeit 121 Mitarbeiter, davon 100 im Dienstgebäude der Senatssozialverwaltung an der Oranienstraße in Kreuzberg. Die BUL hat 53 Vollzeitstellen, soll aber noch Verstärkung bekommen. Sie hat ihren Sitz bislang im Lageso an der Turmstraße. 2019 sollen die beiden Bereiche dann ebenfalls an die Darwinstraße wechseln. An Miete inklusive Nebenkosten, Heizung und IT-Arbeitsplätzen werden für den gesamten Zeitraum knapp 1,5 Millionen Euro fällig. Pluspunkt: Das vorhandene Mobiliar dürfen die Mieter kostenlos nutzen.
In dem Ankunftszentrum, das im ehemaligen Flughafen Tempelhof entstehen soll, werden die Flüchtlinge nicht nur registriert. Polizisten sollen dort auch eine Sicherheitsüberprüfung vornehmen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag derjenigen, die in Berlin bleiben, entgegennehmen. Für Flüchtlinge mit sehr hoher oder sehr geringer Bleibeperspektive soll der Antrag innerhalb von maximal 72 Stunden bearbeitet und entschieden werden. Auch Mitarbeiter der Ausländerbehörde sollen dort arbeiten, um ausländerrechtliche Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel Rückführungen.
Das Ankunftszentrum wird auf eine Kapazität von 400 pro Tag eintreffenden Flüchtlingen ausgelegt, sie werden dann vorübergehend in zwei benachbarten Hangars untergebracht. Insgesamt sollen dort 244 Mitarbeiter der unterschiedlichen Behörden arbeiten. Die Registrierungsstelle an der Bundesallee in Wilmersdorf soll bestehen bleiben, die an der Kruppstraße aufgegeben werden.
Die Kosten für die Herrichtung der Flächen in Hangar fünf beziffert der Senat auf 6,6 Millionen Euro. Sie sollen zu gleichen Teilen vom Bund und Berlin übernommen werden. Die Arbeiten sollen bis 1. August abgeschlossen sein. Die Nutzungsvereinbarung zwischen der zur Stadtentwicklungsverwaltung gehörenden Tempelhof Projekt GmbH und dem Lageso soll über fünf Jahre abgeschlossen werden. Das stelle aber das Maximum dar, erklärte die Senatssozialverwaltung.