Wohnungsbau

Degewo plant Wohnquartier für Flüchtlinge und Berliner

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Isabell Jürgens

Foto: degewo/ tafkaoo architects gmbh

Die Degewo plant Gebäude, in denen es nur Sozialwohnungen geben soll. In Altglienicke ist ein besonders Modellprojekt vorgesehen.

Berlins größtes kommunales Wohnungsunternehmen Degewo will in diesem Jahr mit dem Bau von 2000 Wohnungen beginnen. Das Besondere: Erstmals entstehen dabei auch wieder Gebäude mit ausschließlich mietpreisgebundenen Sozialwohnungen. Gebaut werden sollen die geförderten Wohnungen in den Stadtrandlagen von Marienfelde und Altglienicke. Degewo-Vorstand Christoph Beck präsentierte am Mittwoch erste Details zu den Vorhaben, die laut Degewo Modellcharakter haben sollen.

„Noch in diesem Jahr werden wir den Grundstein für ein Quartier an der Ecke Schönefelder Chaussee und Wegedornstraße in Altglienicke legen“, kündigte Beck an. Auf dem rund 15.000 Quadratmeter großen Areal sollen acht Gebäude mit zwei bis vier Stockwerken entstehen. Neben 166 Wohnungen, die sämtlich zu einer Nettokaltmiete von 6,50 Euro je Quadratmeter angeboten werden sollen, sind auch eine Kita mit 120 Plätzen sowie ein Anwohnercafé, Mietergärten und ein „Integrationsbüro“ geplant. Denn das Projekt soll Modellcharakter haben: „In Zusammenarbeit mit dem Internationalen Bund wollen wir die Hälfte der Wohnungen an Flüchtlinge mit Bleiberecht vermieten“, erläuterte Beck. Die Fertigstellung des Quartiers, das an eine Siedlung mit Einfamilienhäusern grenzt, ist für 2018 avisiert. Auf einer Anwohnerveranstaltung vor zwei Wochen wurde das Projekt erstmals vorgestellt.

Kritische Kommentare bei einer Anwohnerversammlung

„Wir wollen das Quartier durchmischen und den Austausch fördern, damit keine Parallelgesellschaften entstehen“, sagte Christian Glaubitz, Leiter des Degewo-Kundenzentrums in Köpenick. Auf der Anwohnerversammlung habe es erwartungsgemäß auch kritische Kommentare gegeben, so Glaubitz weiter. „Es gab die ganze Bandbreite an Zustimmung und Ablehnung. Überwiegend waren die Kommentare aber geprägt von Angst vor dem Ungewissen“, ergänzte Degewo-Chef Beck. Diese Sorgen und Ängste habe man den Anwohnern jedoch weitgehend nehmen können“, so Beck weiter. Auch am Tirschenreuther Ring in Marienfelde entsteht ein Gebäude, in dem nur Sozialwohnungen sind. In dem bereits im Bau befindlichen Achtgeschosser sollen 88 Wohnungen entstehen, die ab 2017 für durchschnittlich 6,50 Euro an einkommensschwache Mieter angeboten werden sollen.

Bislang hatte der Berliner Senat stets betont, als Leitlinie für den landeseigenen Wohnungsbau gelte die 33-Prozent-Regel, nach der ein Drittel der Wohnungen per Mietpreisbindung und Förderung zu durchschnittlich 6,50 Euro angeboten werden müssen. Bei den übrigen 67 Prozent der frei finanzierten Mieten verlangen die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften durchschnittlich zehn Euro.

Armut und soziale Konflikte sollen eigentlich verhindert werden

Die Idee hinter dieser Mietenstaffelung ist die sogenannte „Berliner Mischung“, nach der in einem Gebäude ein Angebot für möglichst alle Einkommenschichten vorgehalten werden sollte. So soll verhindert werden, dass isolierte Wohn-Standorte entstehen, in denen geballt Armut und soziale Konflikte auftreten.

Die soziale Schieflage, in die zahlreiche in den 1960er- und 70er-Jahren errichtete Großsiedlungen gerutscht waren, nachdem die wohlhabenderen Berliner ihnen den Rücken kehrten, sollen damit verhindert werden.

„Wir halten an sozial gemischten Quartieren fest“, betonte Martin Pallgen, Sprecher von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) auf Nachfrage der Berliner Morgenpost. Das Degewo-Vorhaben habe Modellcharakter und sei nicht auf Initiative der Senatsverwaltung entstanden. „Die Degewo ist erfahren genug, die Mieter in ihren Beständen so auszusuchen, dass der Kiez nicht kippt“, so Pallgen.

55 Prozent der Berliner Bevölkerung hat Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein

„Die soziale Mischung ist nicht nur vom Mietpreis abhängig“, begrüßte der Chef des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, den 100-Prozent-Förderanteil des Modellprojektes. In der derzeitigen Wohnungsmarktlage sei eine solches Mietenangebot sehr hilfreich. Zu berücksichtigen sei auch, dass rund 55 Prozent der Berliner Bevölkerung Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, so Wild.