Brandenburger Tor

"Letzte Generation" kappt Spitze des Weihnachtsbaums

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Klimaaktivisten der "Letzten Generation" fuhren mit einer Hebebühne am Weihnachtsbaum auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor in Berlin hoch und sägten die obersten zwei Meter ab.

Klimaaktivisten der "Letzten Generation" fuhren mit einer Hebebühne am Weihnachtsbaum auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor in Berlin hoch und sägten die obersten zwei Meter ab.

Foto: Paul Zinken/dpa

Klimaaktivisten haben die Spitze des Weihnachtsbaums am Brandenburger Tor in Berlin geköpft - vor den Augen der Berliner Polizei

Berlin. Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" haben am Mittwochvormittag die Spitze des Weihnachtsbaums am Brandenburger Tor in Berlin abgeschnitten.

Auf einer Hebebühne begaben sich zwei Frauen in den Wipfel der 15 Meter hohen Nordmanntanne. Dort trennten sie mit einer Handsäge die oberen zwei Meter vom Baum. An der Hebebühne zeigte ein Transparent den Spruch: "Das ist nur die Spitze des Weihnachtsbaums".

Einsatzkräfte der Berliner Polizei waren vor Ort im Einsatz. Es liefen nun Maßnahmen, sagte die Polizeisprecherin, ohne nähere Details zu nennen.

"Letzte Generation": Klimaaktivisten köpfen Weihnachtsbaum am Brandenburger Tor - Polizei ging von Routinekontrolle aus

Die Aktion geschah vor den Augen von Kräften der Berliner Polizei, die im Rahmen der heute zu erwartenden Blockaden der sogenannten Letzten Generation auf dem Pariser Platz stationiert wurden. Als die Hebebühne vorfuhr, schöpften sie offensichtlich zunächst keinen Verdacht. Man sei zunächst von einer Routinekontrolle ausgegangen, wie sie bei öffentlich aufgestellten Weihnachtsbäumen nicht unüblich sei, sagte eine Polizeisprecherin. „Es gab zunächst keinen Hinweis darauf, dass der Baum beschädigt werden soll.“

Erst als sich die Personen im Korb ihre Westen anzogen und das Transparent enthüllten, schritten die Einsatzkräfte ein. Dabei konnten sie jedoch nicht mehr verhindern, dass die oberen zwei Meter des Baums abgesägt wurden. Insgesamt wurden drei Personen vorläufig festgenommen.

Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin, Benjamin Jendro, teilte zu der Aktion mit: "Wir sehen doch anhand solcher Aktionen, wie scheinheilig diese Organisation in Teilen längst ist. Es muss höhere Wissenschaft sein, wenn man denkt, dass man mit dem Absägen der Spitze eines Weihnachtsbaumes etwas Sinnvolles gegen den voranschreitenden Klimawandel unternimmt. Immerhin hat diese sinnfreie Tat keine direkten Auswirkungen auf die Menschen in dieser Stadt."

Klimaaktivisten: Weihnachtsbaum am Brandenburger Tor in Berlin abgesägt - "Widerstand hört nicht auf"

„Wir sehen in Deutschland bisher nur die Spitze der darunter liegenden Katastrophe.“ erklärte die Klima-Aktivistin Lilli Gomez: „Während ganz Deutschland die Woche damit verbringt, die besten Geschenke aus den größten Läden zu besorgen, fragen sich andere, woher sie ihr Wasser zum Trinken bekommen, nachdem Dürren und Fluten ihre Ernte vernichtet haben." Der Klimakollaps in Deutschland stehe vor der Tür und die Bundesregierung mache keinerlei Anstalten uns zu schützen.

Aimée van Baalen, Sprecherin der "Letzten Generation", sagte: „Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass unsere Lebensgrundlage gesichert ist. Deshalb wird unser friedlicher Widerstand auch an Weihnachten und im neuen Jahr nicht aufhören.“

"Letzte Generation" bedauerte Störungen in Berlin

Am Dienstag waren die Klima-Aktivisten an der Kreuzung Seestraße, Ecke Beusselstraße in der Nähe der A100 aktiv. Ein Stau begann bereits ab Spandauer Damm.

Nach Polizeiangaben waren an der Aktion an der Zufahrt Beusselstraße zur A100 am Dienstag um 8.11 Uhr acht Menschen beteiligt. Fünf von ihnen hätten sich an der Straße festgeklebt, sagte eine Polizeisprecherin. Diese seien von Polizisten abgelöst worden. Gegen 8.50 Uhr sei der Verkehr wieder freigegeben worden.

Die Teilnehmer bedauerten, dass sie stören: "Wir machen das nicht leichtfertig", schreiben sie auf Twitter. "Störung für die Menschen tun uns leid. Wir wissen keine anderen effektiven Mittel, um uns alle zu retten. "

Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte Mitglieder der Gruppe kürzlich vor hohen Schadenersatzansprüchen als Folge ihrer Aktionen gewarnt. „Wer Flughäfen blockiert, der muss wissen, dass er zum Teil erhebliche wirtschaftliche Schäden verursacht“, sagte der FDP-Politiker. „Da kommen sehr große Geldbeträge zusammen“, machte Buschmann deutlich.

Er warnte die Aktivisten: „Wenn die Geschädigten die Schäden gegenüber den Verursachern geltend machen, dann werden sie diese Schäden unter Umständen ein Leben lang abzutragen haben. Deshalb sollte jeder die Finger davon lassen, sich unbefugt Zutritt auf Flugfelder zu verschaffen. Denn das hat nicht nur eine strafrechtliche, sondern auch eine zivilrechtliche Dimension.“

Aus der Sicht von Buschmann handelt es sich bei den Aktivisten der Gruppe um Leute, die bereit seien, zur Erreichung eines politischen Ziels Straftaten zu begehen. „Damit stellen sie sich ins Abseits. Das Gesetz gilt für alle“, betonte der Justizminister. Wenn die Öffentlichkeit einmal anfange, solche Aktionen zu akzeptieren, dann könnten Straftaten als Mittel der politischen Auseinandersetzung Schule machen. „Dann werden sich auch Querdenker, Rechtsextreme und wer sonst noch auf sogenannten zivilen Ungehorsam berufen. Wir dürfen hier unsere Maßstäbe nicht verschieben“, warnte Buschmann.

Klimaaktivisten in Berlin: Innensenatorin will längere Gewahrsamname

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte im November angekündigt, die Möglichkeiten der Gewahrsamnahme der Klimaaktivisten auszuweiten. Aktuell dürfen festgenommene Aktivisten maximal 48 Stunden festgehalten werden.

„Ein 30-tägiges Gewahrsam ist in Berlin wie auch in den meisten anderen Bundesländen rechtlich nicht möglich. Schön wäre es, wenn wir das länger als 48 Stunden machen könnten, aber 30 Tage finde ich verfassungsrechtlich eher bedenklich", so Spranger. Sie wolle nun über einen längeren Gewahrsam mit der Justiz und dem Abgeordnetenhaus sprechen.

Die „Letzte Generation“ demonstriert seit knapp einem Jahr fast täglich für eine radikale Klimawende - mit Blockadeaktionen auf Straßen, wo sich Aktivisten auf der Fahrbahn festkleben, aber auch in Museen, Fußballstadien, Ministerien und auf den Rollfeldern von Flughäfen. Die Gruppe fordert für besseren Klimaschutz unter anderem Tempo 100 auf Autobahnen, ein Neun-Euro-Ticket und generell die Abkehr von fossilen Energien wie Öl, Gas und Kohle.

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