Elektronische Musik

Frans Zimmer ist der Bausparer unter Berlins DJs

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Annika Schönstädt

Foto: Amin Akhtar

Unter seinem Künstlernamen Alle Farben hat Frans Zimmer gerade sein Debütalbum veröffentlicht. Doch der Kreuzberger denkt schon jetzt an die Zeit nach seiner Musiker-Karriere – und mag seinen Schlaf.

Dunkle Clubs, tagelange Partys, Alkohol, Drogen und Exzesse: In das landläufige Bild von dem, wie die Wochenenden für Anhänger elektronischer Musik aussehen, will der Berliner DJ Alle Farben auf den ersten Blick so gar nicht passen. Viel eher als hinter einem Plattenteller würde man den 28-Jährigen mit dem artigen Hemd und dem jungenhaften Grinsen in einem Knabenchor vermuten. Trotzdem wird es in diesem Sommer europaweit kaum ein namenhaftes Festival geben, bei dem der Kreuzberger, der eigentlich Frans Zimmer heißt, nicht zum Line-up gehört. Hinzu kommen Auftritte in New York und Los Angeles, die den Grundstein für seinen Durchbruch in den USA legen sollen.

Vor zehn Jahren entdeckte Zimmer, der ursprünglich Kunst studieren wollte, dank einer zufällig gefundenen House-Platte die elektronische Musik für sich und wurde zu einem der gefragtesten DJs der Hauptstadt. Vor zwei Jahren spielte er bei einem Open Air auf dem Tempelhofer Feld spontan vor 30.000 Menschen, in der vergangenen Woche ist sein Debütalbum „Synesthesia“ erschienen.

Was für viele ambitionierte Berliner DJs wie der Traumjob klingen muss, hört sich bei Frans Zimmer vor allem nach harter Arbeit an, die es gewissenhaft zu erledigen gilt. „Ich spiele ungern rum und bin eher ergebnisorientiert”, sagt er über die Entstehung seines Erstlings. Zu seinen Auftritten reist er deshalb am liebten allein. Seine Begleiter könnten sich nur betrinken wollen: „Wenn ich am nächsten Tag wieder auflege, bleibe ich auf der Party nicht länger als eine halbe Stunde. Ich mag meinen Schlaf.“ Schließlich wolle er niemanden enttäuschen. „Früher haben nur ich und mein Booker an meinen Auftritten verdient. Heute trage ich die Verantwortung für viel mehr Leute, das ganze Team, die Labels, Werbepartner. Ich muss einfach funktionieren“, erklärt er.

Berliner DJ Frans Zimmer möchte sich mit 40 zurücklehnen

Damit das so bleibt, schafft Zimmer sich seine Inseln: Montags nimmt er sich frei, dienstags kocht er für seine Freunde. Und er denkt an die Zukunft. Von dem Geld, das er verdient, zahlt er sich selber nur ein kleines monatliches Gehalt aus. Der Rest wird angelegt. „Ich möchte kein abgehalfterter DJ werden, der mit 60 noch auf der Bühne rumhampelt, um Geld zu verdienen. Eigentlich habe ich das Ziel, mich mit 40 zurückzuziehen. Vielleicht ein kleines Café zu betreiben“, sagt er. „Ich schlafe schon jetzt ziemlich schlecht. Das sind Warnsignale. Ich glaube auch, man kann diesen Job nicht ewig machen.“

Neben der Angst, Opfer einer Maschinerie zu werden und der Einsamkeit auf Tour mache ihm zuweilen auch seine Bekanntheit zu schaffen. Neben vielen guten Erfahrungen mit den Fans, habe er auch schon eine Stalkerin gehabt. „In Berlin kann ich eigentlich überhaupt nicht mehr auf die Straße gehen ohne dass ich erkannt werden“, erzählt er. Auch in Clubs gehe er privat nur noch selten. Das liege auch daran, dass die Resonanz der DJ-Kollegen nicht immer nur positiv sei: „Da hat man manchmal leider auch unangenehme Begegnungen. Man wird nicht überall gern gesehen, es gibt eben auch viele Neider.“

Dabei gibt es an Frans Zimmer auf den ersten Blick überhaupt nichts auszusetzen. Im Gespräch ist er höflich, zurückhaltend und freundlich. Seine Musik ist melodisch, tanzbar und findet sich auch auf den Playlist von Menschen, die eigentlich keine elektronische Musik mögen. Doch vielleicht ist gerade das das Problem.

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