Berlin. Vertreter von Juden, Muslimen, Christen, Humanisten und Nicht-Gläubige gründen ein festes Forum und stärken das Miteinander in Berlin
Der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Raed Saleh hat zugesagt, die Zuschüsse des Landes für Projekte der Demokratieförderung und Antisemitismusprävention deutlich zu erhöhen. Ihm schwebe eine Verdoppelung vor, sagte Saleh am Mittwoch nach einem Treffen mit zahlreichen Vertretern von Religionsgemeinschaften und in dem Thema engagierten Trägern und Initiativen. Der Koalitionspartner CDU habe zugesagt, diesen Weg mitzugehen und die zunächst verhängten Kürzungen bei den Präventionsprojekten zu korrigieren, so Saleh. Insgesamt steht eine Summe von rund zwei Millionen Euro zusätzlich im Raum. Zuletzt hatte CDU-Innenexperte Burkhard Dregger die Wirksamkeit vieler Präventionsprojekte in Frage gestellt.
Die Runde unter dem Motto „Berliner Brückenbauer“ kam zum zweiten Mal auf Einladung Salehs im Abgeordnetenhaus zusammen. Künftig soll es aber ein festes Forum unter dem Dach der Senatsverwaltung für Integration geben, das ebenfalls öffentlich finanziert werden soll. Dort sollen sich die Profis austauschen über sinnvolle Initiativen und sich insgesamt besser vernetzen. Der Vorschlag für eine Austauschplattform mit festen Strukturen sei aus dem Kreis der Teilnehmenden gekommen, hieß es. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem darauffolgenden Krieg in Gaza sei ein regelmäßiger Austausch wichtiger als je zuvor.
Raed Saleh: „Prävention bedeutet auch, Grenzen aufzuzeigen“
„Wir brauchen mehr und nicht weniger Prävention“, sagte Saleh, der selbst im Westjordanland geboren wurde und als Kind mit seiner Familie nach Spandau kam. Gleichzeitig müsse es ganz klar sein, dass in Berlin interveniert werde gegen Antisemitismus, aber auch gegen Islamfeindlichkeit. „Prävention bedeutet auch, Grenzen aufzuzeigen“, so der SPD-Fraktionschef. Er räumte ein, dass Träger Förderung verlieren könnten, wenn dort Antisemitismus vorkomme.
Inhaltlich geht es in dem nun zu gründenden Forum darum, die Arbeit der engagierten Projektträger zu verstetigen und langfristig zu sichern. Als Beispiel wurde etwa die Aufgabe der Schulen benannt, die oft aus Migrantenfamilien stammenden Berliner Jugendlichen die besondere Geschichte Deutschlands und der Juden erklären und deutlich machen „was geschehen ist“, sagte Saleh mit Blick auf Judenverfolgung und Holocaust.
Rabbiner Techtal hält die Initiative für sehr sinnvoll, es gehe um Zukunftsgestaltung
Teilnehmer der Runde äußerten sich positiv. Der Rabbiner Yehuda Teichtal sprach von „sehr wichtigen, sehr effizienten zwei Stunden“. Es gehe sehr konkret darum, wie wir „ein positives Miteinander gestalten können“, sagte Teichtal. Es dürfe keine Intoleranz gegen Juden, Muslime, Christen oder Nicht-Gläubige geben. Es sei nicht ausreichend, jüdisches Leben nur zu schützen. „Wir brauchen auch Zukunftsgestaltung.“ Der Anteilnahme müssten nun Taten folgen.
Der muslimische Imam Ender Cetin, der wie Teichtal schon länger zu Salehs engerem Netzwerk zählt, lobte, dass in dem Forum zwischen den Akteuren „Synergien entstehen, die vorher nicht da waren“. Im Kampf gegen den Antisemitismus habe man einen „gemeinsamen Nenner“. Der Bedarf nach Prävention und Aufklärung sei riesig. Er gehe regelmäßig mit einem Rabbi in Schulen, es ließen sich aber nicht alle Anfragen erfüllen. Für muslimische Gemeinden sei die Lage derzeit nicht immer einfach, so der Imam. Deswegen sei es wichtig, „dass es weitergeht mit der Prävention“.
Pfarrer Germer wirbt um Zutrauen, dass sich Menschen auch entwickeln können
Martin Germer, lange evangelischer Pfarrer der Gedächtniskirche, warb für den Dialog und um Vertrauen, dass sich Menschen auch entwickeln könnten. Das geschehe aber nicht in der Öffentlichkeit, sondern eben in ganz vielen persönlichen Begegnungen und beim Einsatz engagierter Menschen.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte, sie verstehe es als ihre Aufgabe, das Miteinander und den gesellschaftlichen Frieden in der Stadt zu sichern. Als Beispiel für das Vorgehen nannte sie den Umgang mit den Demonstrationen in Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt. Von den 88 angemeldeten Versammlungen seien 22 verboten worden, die anderen hätten aber stattgefunden. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit habe oberste Priorität, so Spranger. Aber man werde natürlich massiv gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus vorgehen und das Verbot der Hamas und des Unterstützervereins Samidoun durchsetzen.
Integrationssenatorin will Demokratiefördergesetz, um Prävention zu institutionalisieren
Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sagte, die Teilnehmer des Forums der Brückenbauer müssten selber über die Struktur und Arbeitsweise des Gremiums entscheiden. Die Präventionsprojekte sollten im Rahmen des im Koalitionsvertrag benannten Demokratiefördergesetzes institutionalisiert werden. Das Ziel sei klar: „Jeder soll in Berlin nach seiner Façon leben, und das soll auch so bleiben.“