Berlin/Schönefeld . Berlins Bürgermeister Wegner und Wirtschaftssenatorin Giffey sehen Verkehrsminister Wissing in der Pflicht. Worum es geht.
Der Berliner Senat fordert vom Bund mehr Lizenzen für Langstrecken- und Interkontinentalflüge. „Wer die Angleichung von Ost und West will, der kommt daran nicht vorbei“, sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) am Dienstag nach der Sitzung des Senats. Während westdeutsche Flughäfen über 180 solcher Verbindungen verfügten, seien es in Ostdeutschland bislang nur sechs. Das derzeitige Streckenangebot werde der Bedeutung Berlins als Hauptstadt nicht gerecht, sagte Giffey.
Auch der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sieht Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) in der Pflicht, mehr Lizenzen für Langstrecken in Berlin zu ermöglichen. „Berlin ist für viele Menschen ein Sehnsuchtsort“, sagte Wegner. „Für viele Airlines wäre es attraktiv, Menschen direkt hierher zu bringen.“

Als Mitgesellschafter des Flughafens stehe der Bund in der Pflicht, der Rolle Berlins als politische und kulturelle Hauptstadt eine entsprechende Rolle im internationalen Flugverkehr zuzuweisen. Der Senat werde dazu weitere Gespräche mit dem Bund führen.
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Berlin strebt mehr Direktverbindungen nach Amerika, Asien und Australien an
Konkret strebt der Senat den Ausbau von Direktflügen in die USA (San Franzisko, Los Angeles und Chicago) an, nach Indien und Australien sowie in Asien nach Seoul, Schanghai, Tokio und Bangkok. Auch in den Nahen Osten sollte es künftig Direktverbindungen geben. Innerhalb Europas soll es außerdem mehr Zielorte in Spanien, Italien und Frankreich geben.
Seit Jahren verhandelt das Land mit der staatlichen Fluggesellschaft Dubais, den Emirates, über die Ansiedlung am BER. Die Gespräche zwischen den Gesellschaftern und der Airline seien schwierig, aber sie liefen noch, sagte Wegner. Bislang steht das Bundesverkehrsministerium auf dem Standpunkt, dass ein anderer Flughafen, vor allem Frankfurt oder München, auf Flüge verzichten müsste, damit neue Verbindungen in Berlin vergeben werden können. Das sieht der Senat anders.
Bessere Anbindung stützt den Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg
Giffey betonte, dass es auch für den Wirtschaftsstandort von Bedeutung sei, im internationalen Flugverkehr besser angebunden zu sein. „Berlin-Brandenburg ist die am schnellsten wachsende Region Deutschlands“, sagte Giffey. Mit bald vier Millionen Einwohnern steige auch der Bedarf an Flugverbindungen.
Berlin stehe im Wettbewerb der Metropolen um Touristen und Kongresse und Messen. Um in diesem Wettbewerb bestehen zu können, brauche es ein Ausbau des Angebots am BER. Trotz der fehlenden Anbindung sei es aber dennoch gelungen, den europaweitweit größten Kongress der Krebsforscher von München nach Berlin zu locken. Der kommende Kongress mit 30.000 Teilnehmern werde 2025 in der Hauptstadt stattfinden, kündigte Giffey an.
Berliner Senat sieht im BER großes Wachstumspotenzial
Insgesamt stehe der Senat zu einem starken Hauptstadtflughafen, versicherten Wegner und Giffey. „Wir brauchen einen starken BER“, sagte Wegner. Am Flughafen selbst und im gesamten Umfeld bestehe großes Wachstumspotenzial. Das gilt auch für den ehemaligen Flughafen Schönefeld, der seit seiner Schließung weitgehend leer steht.

Zuletzt hatte die Flughafengesellschaft für das Gelände einen Ideenwettbewerb gestartet, an dem sich drei international tätige Architektur- und Planungsbüros beteiligen. Ihre Aufgabe ist es, kreative und nachhaltige Konzepte für die künftige Nutzung des 37 Hektar großen Areals zu entwickeln.
Zum Entwicklungspotenzial gehört aus Sicht des Senats auch, dass an den Betriebszeiten des Flughafens nicht gerüttelt werde, um den Fluggesellschaften eine sichere Planungsgrundlage zu bieten. Auf dem Flughafen besteht ein Nachtflugverbot zwischen 24 und sechs Uhr. In den Randzeiten gibt es Ausnahmen für verspätete Flüge.
Senat will U7-Verlängerung zum BER vorantreiben
Um auch die An- und Abfahrt zum Flughafen zu verbessern, will der Senat vor allem die Verlängerung der U-Bahnlinie 7 von Rudow nach Schönefeld vorantreiben. Die Verlängerung ist seit langem in der Diskussion, unklar ist allerdings, ob der Ausbau ausschließlich unterirdisch oder streckenweise auch überirdisch vollzogen werden soll.
Die Industrie- und Handelskammer begrüßt den geplanten Ausbau am BER. „Es ist gut, dass der Senat nicht nur am BER tagt, sondern sich auch mit der Anbindung des Flughafens an die Welt beschäftigt“, sagte IHK-Vizepräsident Robert Rückel. „Die Zahl der Langstreckenverbindungen ist nach wie vor für eine Hauptstadt katastrophal, die Berliner Wirtschaft braucht die Anbindung von Indien und Südamerika an Berlin sowie weitere Strecken an die US-Westküste, China und die Vereinigten Arabischen Emirate.“
Um Berlin für Airlines attraktiver zu machen, fordert der Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), Christian Gräff, die Gebühren zu senken. „Die Lufthansa Gruppe hat ihr Angebot extrem stark ausgebaut, EasyJet ist weiter sehr engagiert – aber die Gebühren in Berlin sind auf Grund des extrem teuren Baus zu hoch“, sagte Gräff.