Berlin. Schlechte Nachrichten für alle, die im Sommersemester 2023 ihr Studium in Berlin beginnen wollen: Die Preise für WG-Zimmer sind in der Hauptstadt weiter deutlich gestiegen. Berlin wird durch einen weiteren dramatischen Anstieg der Wohnkosten auf im Schnitt 640 Euro zur zweitteuersten Stadt nach München mit dortigen Preisen von 720 Euro, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Moses Mendelssohn Instituts und des Portal WG-Gesucht.de hervorgeht.
In der Bundeshauptstadt ist die durchschnittliche ermittelte WG-Monatsmiete seit dem Herbst vergangenen Jahres nach Angaben der Studie demnach um 90 Euro gestiegen. Vor sechs Monaten hatten durchschnittlich noch 550 Euro zur Anmietung eines WG-Zimmers gereicht. Das ist der höchste Preissprung unter den 94 Hochschul-Standorten mit mindestens 5000 Studierenden, die in der Studie unter die Lupe genommen wurden.
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Berliner WG-Zimmer 185 Euro über dem Durchschnitt der Uni-Städte
Studierende müssen demnach durchschnittlich 458 Euro pro Monat für ein übliches WG-Zimmer zahlen – das sind noch einmal 23 Euro pro Monat mehr zahlen als vor einem halben Jahr, zu Beginn des Wintersemesters. Durch die extreme Preissteigerung in der Bundeshauptstadt hat Berlin nun bis auf die bayerische Hauptstadt München – dort stiegen die Wohnkosten von 700 auf 720 Euro – alle anderen Städte deutlich hinter sich gelassen. Zum Vergleich: Mit deutlichem Abstand folgen Frankfurt am Main mit 580 Euro, Hamburg mit 570 Euro und Köln mit 560 Euro.
Angesichts der enorm gestiegenen Kosten kann ein weiteres Ergebnis der Studie nicht überraschen: Für weniger als ein Fünftel der Studierenden und in nur 26 von 94 Städten reichen die 360 Euro BAföG-Wohnkostenpauschale für ein normales WG-Zimmer aus. In Berlin deckt sie nicht einmal annähernd die realen Kosten: Die Wohnkostenlücke für Erstsemester beträgt durchschnittlich 280 Euro im Monat. „Unsere Analyse der Preise inklusive Nebenkosten macht deutlich, dass vor allem die verteuerte Energie bei dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle spielt“ , so Stefan Brauckmann, Geschäftsführender Direktor am Moses Mendelssohn Institut (MMI).
Von diesen Steigerungen sind daher nicht nur diejenigen betroffen, die neu in eine Hochschulstadt kommen, sondern auch nahezu alle Studierenden, welche dort bereits wohnen. In 37 von 94 Städten stiegen binnen eines Jahres die Wohnkosten sogar um mehr als zehn Prozent. „Das betrifft an diesen Standorten mehr als 1,1 Millionen Studierende, rechnerisch also fast jeden Zweiten an deutschen Hochschulen“, so Brauckmann weiter.
80 Prozent der Studierenden von schwieriger Wohn-Situation betroffen
Nach der Analyse der angebotenen WG-Zimmer sind rechnerisch mehr als 80 Prozent der Studierenden von der schwierigen Wohn-Situation betroffen. „Vor diesem Hintergrund bedarf es dringend zusätzlicher finanziellen Unterstützung für Studierende, die außerhalb des Elternhauses wohnen“, sagt Brauckmann. „In immer mehr Städten braucht es mittlerweile das volle Gehalt eines Minijobs, 520 Euro, um die Wohnkosten zu tragen. Die kürzlich mit hohem bürokratischem Aufwand gewährte 200 Euro Energiekosten-Pauschale hat daher bei vielen Studierenden nur einen sehr kurzfristigen Effekt.“
Das gelte vor allem, wenn sich die jungen Leute sich für Studien-Standorte entschieden hätten, an denen die Mieten gerade besonders deutlich wachsen, etwa in Berlin. „Dort kommen neben den gestiegenen Energiekosten unter anderem die wieder gestiegene internationale Nachfrage und eine viel zu geringe Bautätigkeit hinzu. Der Engpass verschärft sich dort extrem“, so Brauckmann.
WGs in Berlin: Auch junge Berufstätige und die Generation 60+ sucht Zimmer
Die Preis-Explosion treffe vor allem die zwei Drittel der Studierenden, die weder bei Eltern oder Verwandten wohnen noch einen der raren Plätze in öffentlich geförderten Wohnheimen ergattert haben. „Auf dem freien Markt werden Wohngemeinschaften mittlerweile auch stärker von jüngeren Berufstätigen und älteren Mietern der Generation 60+ nachgefragt. Denn WGs sind für viele die einzige Möglichkeit, in guter Lage und zu einem angemessenen Preis zu wohnen“, so Annegret Mülbaier, Sprecherin von WG-Gesucht.de. Dadurch steige der Druck für Studierende immer weiter.
In Berlin gibt es rund 11.600 Wohnplätze des Studentenwerks und anderer Anbieter – bei fast 200.000 Studenten in der Stadt. Rund 3300 Studenten warten momentan auf einen Platz in einem Wohnheim. Um die Unterversorgung abzubauen, errichtet die landeseigene Berlinovo bis 2025/2026 insgesamt rund 6000 Wohnplätze für Studierende. Für eines davon feierte das Unternehmen am Mittwoch an der Elfriede-Tygör-Straße 5 in Lichtenberger Richtfest. Die vollmöblierten 1- und 2-Zimmer-Apartments mit rund 19 und 34 Quadratmeter werden für rund 450 Euro brutto warm pro Monat und Platz vermietet.