Vision für Nahverkehr

U-Bahn-Netz Berlin: Radikaler Plan sorgt für Kopfschütteln

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Die BVG in Zahlen

Die BVG in Zahlen

Das sind die Berliner Verkehrsbetriebe: Wissenswertes über die BVG

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Die Zukunftsvision der BVG zum Ausbau des U-Bahn-Netzes in Berlin stößt auf breite Ablehnung. Die Kritik ist mehr als deutlich.

  • Die BVG will das Berliner U-Bahn-Netz massiv ausbauen
  • Die Pläne lösen bei Verbänden Skepsis aus
  • Der BUND spricht von "Größenwahn", der Fahrgastverband Igeb von einem "verfrühten Aprilscherz"

Berlin Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Berlin hat sich gegen Überlegungen gestellt, das Berliner U-Bahn-Netz stark auszubauen. „Die Vision der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), das Berliner U-Bahn-Netz auf 318 Kilometer mehr als zu verdoppeln, ist vor allem eines: die komplette Verkennung der verkehrspolitischen Notwendigkeiten in der Stadt“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser am Sonntag. Er sprach von „Größenwahn.“ Lesen Sie auch: Radikaler U-Bahn-Plan: Das sind die Gewinner und Verlierer

„Angesichts der eskalierenden Klimakrise muss mit Nachdruck das Straßenbahnnetz der Hauptstadt ausgebaut werden“, führte er aus. „Nur mit der Tram kann Berlin vergleichsweise zügig eine flächendeckende Verbesserung des Nahverkehrs erreichen.“ U-Bahnen seien Hochleistungsverkehrsmittel, die ihre Berechtigung auf stark nachgefragten Korridoren hätten. „Die sind in Berlin allerdings fast vollständig abgedeckt“, so Heuser. Der Großraum Berlin verfüge – die S-Bahn mit eingerechnet – über fast 500 Kilometer Metro-Netz. „Auch heutzutage im internationalen Vergleich ein hoher Wert.“

Heuser bezog sich auf die Berichterstattung der Berliner Morgenpost, wonach die BVG in einem internen Papier für die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD die Vision eines radikalen Ausbaus der U-Bahn zeichnet. Demnach könnten schrittweise 171 Kilometer U-Bahn-Strecken entstehen, dazu ergänzende Straßenbahn- und Schnellbuslinien. Vorgeschlagen werde die Verlängerung sämtlicher U-Bahn-Linien und eine neue Ringlinie.

Heuser befürchtet, dass Überlegungen für mehr U-Bahn-Strecken Ausbaupläne für die Tram behindern oder stoppen könnten. „Und das, obwohl allein schon angesichts der Kosten die Realisierung der U-Bahn-Träume vollkommen unrealistisch ist.“ Heuser rechnete vor: „Grob überschlagen dürfte der Bau der 171 Kilometer neuer U-Bahn-Strecken nach aktuellem Preisstand nicht unter 35 Milliarden Euro kosten.“ Das sei mehr Geld, als Berlin bis 2035 für Ausbau und Modernisierung des kompletten Nahverkehrsnetzes einsetzen will. „Von dem Geld ließen sich bis zu 1700 Kilometer neue Straßenbahnstrecken errichten.“

BVG will Berliner U-Bahn-Netz massiv ausbauen - Fahrgastverband vermutet verfrühten Aprilscherz

Auch der Fahrgastverband Igeb hält die Visionen der BVG für vollkommen unrealistisch und rückt die Verdoppelung des U-Bahn-Netzes in die Nähe eines vorgezogenen Aprilscherzes. „Vielleicht wollte die BVG ja auch nur mit einer Mischung aus verfrühtem Aprilscherz und Provokation auf ihre Probleme aufmerksam machen, das ist ihr gelungen“, heißt es in einer Erklärung des Fahrgastverbandes.

„Dass die BVG Milliarden benötigt, um Infrastruktur und Fahrzeuge zu modernisieren beziehungsweise auszubauen, ist unstrittig, Bus, Straßenbahn und U-Bahn sind häufig überlastet, verspätet und leider allzu oft kein wirklich guter Grund, das Auto stehen zu lassen.“ Deshalb müsse dringend in die BVG investiert und das Verkehrsangebot ausgebaut werden. „Ohne attraktiven öffentlichen Nahverkehr sind die Ziele von Klimaschutz und Verkehrswende in Berlin nicht zu erreichen.“

CDU und SPD verhandeln derzeit über einen gemeinsamen Koalitionsvertrag. Die Pläne von Schwarz-Rot sehen vor, in den kommenden Jahren bis zu zehn Milliarden Euro in den umweltfreundlichen Umbau Berlins zu investieren. Dazu gehört der massive Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Neben dem Streckenausbau sollen auch attraktive Ticketpreise wie das 29-Euro-Ticket zu mehr ÖPNV-Nutzung beitragen.

( BM )