Berlin. CDU und SPD in Berlin wollen den Klimaschutz in der Stadt in den kommenden Jahren mit massiven Investitionen voranbringen. Die Dach-Arbeitsgruppen beider Parteien einigte sich am Mittwoch in ihren Koalitionsverhandlungen, ein Sondervermögen unter dem Titel „Klimaschutz, Resilienz und Transformation“ mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro zu schaffen.
Darüber hinaus sei die Koalition bereit, Ende 2024 nach einer Evaluation des Vollzugs, also der Überprüfung, ob das Geld für sinnvolle Projekte eingesetzt werden konnte, weitere bis zu fünf Milliarden Euro in dieses Sondervermögen stecken. Der CDU-Landeschef und designierte neue Regierende Bürgermeister Kai Wegner erklärte, man wolle auf diesem Weg neuen Schub ins Thema Klimaschutz bringen. „Das ist wichtig, um die Ziele zu erreichen, das ist uns aber auch wichtig für eine lebenswerte Stadt.“
Koalitionsverhandlungen in Berlin: Neuverschuldung soll durch „außergewöhnliche Notsituation“ begründet werden
Beide Parteien betonten, wie bedeutsam die Einigung auf das Sondervermögen sei. SPD-Landeschef Raed Saleh sprach von einem „großen Wurf“, die derzeitige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) nannte den Beschluss „outstanding“. Einen Fonds in dieser Höhe gebe es in keinem anderen Bundesland, so Giffey. Investitionen in Klimaschutz und eine klimaneutrale Stadt sollen so zu einem der „Flaggschiffthemen“ der neuen Koalition werden.
Um das Sondervermögen zu finanzieren, soll das Land Berlin auch neue Schulden aufnehmen. Mit Blick auf insbesondere zukünftige Generationen sei das allerdings ein notwendiges Vorgehen, „weil wir anders diese Herausforderung nicht stemmen können“, erklärte CDU-Generalsekretär Stefan Evers. Über den regulären Landeshaushalt sei das Sondervermögen nicht finanzierbar, sofern man nicht andere Ausgaben für die Daseinsvorsorge zurückfahre, was die Parteien aber ablehnten. CDU und SPD argumentieren in ihrem Papier auch mit der „außergewöhnlichen Notsituation“, die sie durch Klima- und Energiekrise für gegeben ansehen. In einer solchen Notsituation ist es durch eine Ausnahmeregelung dann auch möglich, sich trotz des eigentlich geltenden Verbots einer Neuverschuldung zusätzliches Geld zu leihen.
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Fonds zur Abfederung der Energiekrise soll auf 1,5 Milliarden Euro verdoppelt werden
Darüber hinaus haben die Parteien verabredet, die Berliner Resilienzrücklage, die zur Abfederung unerwarteter Ausgaben infolge von Krisen wie zuletzt der Energiekrise von 750 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro zu verdoppeln. Geprüft werde zudem, nicht verausgabte Mittel der Corona-Hilfen zu nutzen, um auch einen Teil der Schulden zu tilgen.
Auch wenn Wegner mit Blick auf das geplante Sondervermögen betonte, man habe sich dabei nicht unter Druck setzen lassen, sondern habe den Klimaschutz bewusst früh in den Verhandlungen thematisiert: Mit dem Aufschlag zum Klimaschutz dürften die möglichen Koalitionspartner vor allem den Grünen Wind aus den Segeln nehmen und vor dem Klima-Volksentscheid am 26. März demonstrieren wollen, dass sie das Anliegen ernst nehmen. In dem Papier werden die angestrebten Investitionen auch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts begründet. Die Richter hatten schnellere und weiter reichende Anstrengungen für den Klimaschutz gefordert, um nicht nachfolgende Generationen über Gebühr zu belasten.
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Gebäudesanierung, Mobilität und Wärmeversorgung als Schwerpunkte
Vorgesehen ist nun, dass eine Unter-Arbeitsgruppe der Runde der Parteispitzen bis zum Ende der Koalitionsverhandlungen, also bis Ende März, Details zu dem Einsatz der Klimaschutz-Milliarden vereinbaren soll. Als große Felder, in die investiert werden müsse, nannte Giffey die Bereiche energetische Gebäudesanierung, Mobilität und Energie- und Wärmeversorgung. Wie bekannt hat Schwarz-Rot vereinbart, an den Plänen der bisherigen rot-grün-roten Koalition zum Erwerb der Fernwärme festzuhalten.
Mittel könnten so in die Modernisierung der bisher vernachlässigten Wachen und anderer Gebäude von Polizei und Feuerwehr fließen wie auch in Schulen, Kitas oder kulturelle Einrichtungen. Auch Berlins Hochschulen hatten für viele ihrer großen Gebäude einen hohen Sanierungsbedarf angemeldet, für den es bisher keine Finanzierung gab. Zudem sollen die Fuhrparks von Polizei, Feuerwehr und anderen Behörden auf Fahrzeuge mit Elektroantrieb umgestellt werden.
CDU-Generalsekretär Evers betonte, es gehe aber nicht nur darum, zu investieren, sondern auch darum, in Berlin schneller zu werden. „Genehmigungen müssen schneller erteilt werden, etwa beim Solardachausbau“, so Evers. Darüber solle nun in den Arbeitsgruppen gesprochen werden.
Grüne sehen Klima-Sondervermögen mit Skepsis
Grünen-Fraktionschef Werner Graf, dessen Partei sich nach gut sechs Jahren Koalition mit SPD und Linken nun auf die Opposition einstellt, reagierte mit Skepsis auf die Ankündigungen von CDU und SPD. „Fünf bis zehn Milliarden Euro in den Klimaschutz zu investieren, ist richtig und wichtig“, erklärte er. Welche konkreten Maßnahmen damit finanziert werden sollen, ist aber bisher noch komplett unklar.“ Geld sei hier auch nicht alles. „Woher die Fachkräfte, die Unternehmen und die nötigen Materialien kommen sollen, bleibt vollkommen offen.“
Die Linke reklamierte die Idee für ein Klima-Sondervermögen für sich. Diesen Vorschlag habe die Partei in den Sondierungsgesprächen gemacht, schrieb Landeschefin Katina Schubert auf Twitter.