Berlin. Nach der Klimaaktion am BER hat das Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg die Ermittlungen übernommen. Es wird gegen sechs Klimaaktivisten wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr, Störung öffentlicher Betriebe sowie Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung ermittelt, so ein Polizeisprecher.
Fünf Männer und eine Frau im Alter von 20 bis 32 Jahren wurden bei der Aktion auf dem Flughafengelände in Schönefeld festgenommen und in Gewahrsam genommen worden. Einer der Männer sei auf richterlichen Beschluss weiterhin dort, die anderen Beschuldigten sind wieder frei.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat die Störaktion von Klimaaktivisten am Flughafen BER als „vollkommen inakzeptabel“ verurteilt. „Ich habe keinerlei Verständnis und Toleranz für solche Aktionen“, sagte die SPD-Politikerin am Freitag dem „Tagesspiegel“. „Den Flugbetrieb derart zu stören, den Luftverkehr zu beeinträchtigen und Menschen zu gefährden, ist strafbar.“
Nach Einschätzung Giffeys tragen die Aktionen der Protestgruppe „Letzte Generation“, die unter anderem immer wieder für Straßenblockaden sorgt, in keiner Weise zu mehr Verständnis in der Gesellschaft für den Kampf gegen den Klimawandel bei. „Im Gegenteil: Es ist ein Bärendienst für das wichtige Anliegen des Klimaschutzes.“ Giffey dankte außerdem der Bundespolizei für das schnelle Handeln.
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Brandenburgs Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) sieht bei der Aktion möglicherweise schwere Straftaten. Widerrechtliches Eindringen auf das Flughafengelände sei Hausfriedensbruch und damit eine Straftat, sagte die Ministerin am Freitag auf Anfrage. „Weitere Straftaten kommen nach dem Spektrum des Strafgesetzbuches zusätzlich in Betracht, auch schwerere Straftaten wie Nötigung oder Eingriff in den Luftverkehr“, sagte Hoffman weiter. „Aber ob diese jetzt tatsächlich verwirklich worden sind, das prüft die Staatsanwaltschaft als zuständige Behörde.“
Innensenatorin Iris Spranger sieht in der jüngsten Aktion eine weitere Eskalation. „Die Letzte Generation nimmt die Gefährdung Dritter bewusst und gewollt in Kauf“, sagte die SPD-Politikerin. Die Protestgruppe habe eine weitere Grenze überschritten. „Ich kann nur eindringlich davor warnen, diesen Weg der Eskalation weiterzugehen“, sagte Spranger.
Innensenatorin will länderübergreifendes Handeln
Die Innensenatorin will bei der Innenministerkonferenz in der kommenden Woche in München ein länderübergreifendes Vorgehen angehen. Durch ein abgestimmtes Handeln sollten Klimademonstranten nach Möglichkeit im Vorfeld an Aktionen gehindert werden, hieß es von einen Sprecher des Innenressorts.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, die Aktion am BER sowie die Behinderung von Rettungskräften in Berlin zeige, dass es den Aktivisten nicht mehr vorrangig um den Klimaschutz gehe. „Vielmehr nehmen sie bewusst die Gefährdung von Menschen und Strukturen in Kauf, um Aufmerksamkeit für sie selbst zu erzeugen“, erklärte er gegenüber der Berliner Morgenpost. „Damit schaden sie dem wichtigen Anliegen des Klimaschutzes.“ Er vertraue darauf, dass die Justiz die richtigen Antworten auf diese „Eskalation“ finde. „Die Verurteilung von Blockierern des Kraftwerks Jänschwalde zu mehrmonatlichen Haftstrafen zeigt, dass der Rechtsstaat handlungsfähig ist.“
Auch der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour kritisierte die Störaktion. Wenn Leben gefährdet würden und Menschen nicht in den Urlaub könnten, sei das nicht akzeptabel. Er könne alle verstehen, die davon „hypergenervt“ seien, sagte Nouripour dem Fernsehsender Welt. Proteste müssten nicht bequem sein, es sei aber eine Grenze erreicht, wenn Leben gefährdet werden oder Menschen in den Urlaub fliegen wollten. „Vieles ist tatsächlich überspannt“, sagte Nouripour.
"Letzte Generation" am BER
Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ hatten am Donnerstagnachmittag mit einer Aktion den Flugverkehr am Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg (BER) lahmgelegt. Nach Angaben eines BER-Sprechers waren die Aktivisten in zwei Gruppen mit jeweils drei Personen an zwei Stellen auf das Gelände eingedrungen, sowohl auf der Nordseite in der Nähe des Terminals 5 als auch auf der Südseite.
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Da nach Aussage des Sprechers zunächst nicht ausgeschlossen werden konnte, dass weitere Personen auf das Betriebsgelände gelangt waren, stellte man den Flugverkehr vorsorglich ein. Rund zwei Stunden später meldete der BER, dass die Lande- und Startbahnen wieder freigegeben werden konnten. Insgesamt mussten 15 Flüge wegen der Aktion der Aktivisten umgeleitet werden. Die Flugzeuge wurden nach Düsseldorf, Leipzig und Dresden geschickt. Fünf weitere Flüge konnten nicht starten.
Aktivisten streamten Aktion in sozialen Medien
Die Aktivisten streamten die Aktion live bei Twitter. In dem etwa 30-minütigen Video ist zu sehen, wie Mitglieder der „Letzten Generation“ kurz nach 16 Uhr einen Zaun am BER durchschnitten. Anschließend liefen sie mit Warnwesten und Rucksäcken augenscheinlich seelenruhig über das Flughafengelände. Eine Kameraeinstellung zeigt auch einen Aktivisten, der offenbar mit einem Fahrrad fuhr. Mindestens zwei Aktivisten waren zu sehen, die sich festgeklebt hatten und ein Banner in den Händen hielten. Ein anderer erklärte die Motive der „Letzten Generation“ vor laufender Kamera. Am Ende des Video-Streams war auch ein Einsatzwagen der Polizei zu erkennen, der mit Blaulicht fuhr.
Flughafengesellschaft prüft Schadenersatzansprüche
Nach dem Vorfall prüft die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg Schadenersatz-Ansprüche gegen die Aktivisten. Das sagte der Sprecher der Flughafengesellschaft, Jan-Peter Haack, im Gespräch mit der Berliner Morgenpost. Um welche Summen es sich handelt, konnte er am Freitag nicht nennen.
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