Berlin. Der neue Landeswahlleiter Stephan Bröchler geht von einem Wahltermin am 12. Februar kommenden Jahres aus, sollte das Landesverfassungsgericht eine Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken anordnen. „Wenn Sie diesen Termin im Hinterkopf behalten, ist das nicht verkehrt“, sagte Bröchler am Freitag. Endgültig festlegen kann er den Termin erst, wenn das Verfassungsgericht entschieden hat.
Auch wenn das Urteil noch aussteht, laufen die Vorbereitungen für eine mögliche Wahlwiederholung auf Hochtouren. Die Ausschreibung für die Bestellung des notwendigen Papiers und des Drucks der Wahlzettel ist nach Angaben Bröchlers auf den Weg gebracht.
Anders als bei vorherigen Wahlen hat Bröchler dabei 140 Prozent der voraussichtlich benötigten Papiers bestellt. So soll verhindert werden, dass Wahlunterlagen fehlen und gleichzeitig sichergestellt werden, dass Wahlzettel umgehend neu erstellt werden können, sollte es zu Fehldrucken kommen. „Wir werden alles dafür unternehmen, dass sich ein Wahldebakel nicht wiederholt“, sagte Bröchler. „Die Wiederherstellung des Vertrauens in die Wahlen ist das Ziel. Alles ordnet sich diesem Ziel unter.“
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Wahlen in Berlin: Eine vollständige Präsenzwahl ist schwer zu organisieren
Sorgen bereitet dem Landeswahlleiter der mögliche Umfang der Wahlwiederholung. Sollte das Verfassungsgericht - wie in seiner ersten Einschätzung - eine Wahlwiederholung anordnen, bei denen die Organisatoren von einer 100-prozentigen Präsenzwahl ausgehen sollen, stellt das die Wahlleitung vor erhebliche Probleme. „Es besteht die Gefahr eines Dominoeffekts“, sagte Bröchler. Dann müssten erheblich mehr Wahllokale und Wahlkabinen eingerichtet werden. Auch mehr Wahlhelfende und mehr Räume wären nötig.
Bei den Wahlen vor einem Jahr waren 38.000 Wahlhelfende in 2256 Wahllokalen im Einsatz. Wegen der Corona-Einschränkungen waren nur zwei Wahlkabinen pro Wahllokal aufgestellt. Bei einer Wahlwiederholung sollen es drei sein, die aber nach Einschätzung der Wahlleitung nicht ausreichen würden, wenn das Gericht die Vorbereitung einer 100-prozentigen Präsenzwahl anordnet.
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Landeswahlleiter hat eine Bitte an das Verfassungsgericht
„Ich bitte das Verfassungsgericht, eine Abschätzung der Folgen des Urteils in die Begründung aufzunehmen“, sagte Bröchler. Bei den vergangenen Wahlen lag der Anteil der Briefwähler bei 40 Prozent. Bei einer Wahlwiederholung im Februar, möglicherweise erneut unter Corona-Bedingungen, geht Bröchler mindestens von einem ähnlich hohen Briefwahlanteil aus, so dass weniger Wahllokale notwendig seien. „Eine 100-prozentige Präsenzwahl ist unrealistisch und würde einen enormen Mehraufwand bedeuten“, sagte Bröchler. Sollte das Gericht es dennoch so anordnen, werde sich die Landeswahlleitung natürlich daran halten.
Um ausreichend Wahlhelfende engagieren zu können, soll das sogenannte Erfrischungsgeld deutlich erhöht werden. Dazu habe die Landeswahlleitung eine Empfehlung gegeben, den finanziellen Ausgleich von derzeit 35 bis 60 Euro mehr als zu verdoppeln.
Die Entscheidung darüber treffen die Innen- und die Finanzverwaltung. Sie soll in wenigen Tagen erfolgen. Für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes soll eine Ausweitung des Freizeitausgleichs gelten.
Bröchler will das Landeswahlamt aufwerten
Insgesamt will Bröchler die Einrichtung der Landeswahlleitung aufwerten. Mittelfristig soll daraus ein Landeswahlamt werden mit Kompetenzen und Eingriffsmöglichkeiten, die bislang fehlen. Dazu gehört auch, die Kommunikation zu verbessern, um zu erklären, wie der Stand der Vorbereitung ist und worauf Wähler achten sollten.
Das wird schon bei einer möglichen Wahl im Februar notwendig sein. Da das Verfassungsgericht derzeit eine Wahlwiederholung für wahrscheinlich hält, müssen die gleichen Wahlunterlagen gedruckt werden, wie sie am 26. September 2021 zur Verfügung standen. Kandidaten, die nicht mehr antreten können oder wollen, können nicht ersetzt werden.
Erststimmen-Kandidaten können nicht ersetzt werden
Sie werden dann auf den Wahlzetteln gestrichen, sagte Bröchler. Für die Zweitstimmen sind die Folgen weniger gravierend, weil Listenkandidaten bei einem entsprechenden Wahlergebnis von hinten nachrücken. Anders sieht es bei den Erststimmen aus, also den Direktkandidatinnen und -kandidaten. Sollten sie nicht mehr zur Verfügung stehen, kann in dem entsprechenden Wahlbezirk kein Direktkandidat der jeweiligen Partei gewählt werden, weil Neuaufstellungen nicht möglich sind.
Während die Kandidaten dieselben wie vor einem Jahr sind, ist das bei den Wahlberechtigten nicht der Fall. Menschen, die in der Zwischenzeit 16 (Bezirkswahlen) oder 18 Jahre alt geworden sind (Abgeordnetenhaus), dürfen wählen, auch wenn sie es vor zwölf Monaten nicht durften.