Wahlen in Berlin

Berlin wählt im Februar noch einmal

| Lesedauer: 7 Minuten
Joachim Fahrun
Das Berliner Abgeordnetenhaus muss möglicherweise neu gewählt werden.

Das Berliner Abgeordnetenhaus muss möglicherweise neu gewählt werden.

Foto: pa/Jens Kalaene

In fünf Wochen soll die Entscheidung zu einer Wahlwiederholung verkündet werden. Missbilligungsantrag gegen Geisel gescheitert.

Berlin. 
  • Das Urteil des Verfassungsgerichts zur Pannen-Wahl in Berlin soll am 16. November gesprochen werden.
  • Voraussichtlich Mitte Februar 2023 wird in Berlin erneut gewählt.
  • Ein Missbilligungsantrag gegen den damaligen Innensenator Andreas Geisel ist gescheitert.
  • Wie Innensenatorin Iris Spranger Fehler bei künftigen Wahlen vermeiden will.

In Berlin wird voraussichtlich Mitte Februar 2023 erneut gewählt. Der Berliner Verfassungsgerichtshof wird am 16. November darüber entscheiden, ob die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken wegen zahlreicher massiver Wahlfehler wiederholt werden müssen, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Lesen Sie auch: Wahlwiederholung in Berlin – Wer darf wählen, wer kandidiert?

Für eine vom Gericht in der mündlichen Verhandlung im Verfahren über die viele Wahlpannen in Aussicht gestellte komplette Wahlwiederholung käme dann spätestens der Sonntag, 12. Februar 2023 in Frage. Dies wäre der letzte Sonntag innerhalb der vorgeschriebenen Drei-Monats-Frist, die zwischen einer Gerichtsentscheidung und dem Wahltermin liegen darf. Auch interessant: Wahlpannen in Berlin – Jetzt wird auf Bundesebene gestritten

In der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses gingen am Donnerstag alle Fraktionen davon aus, dass die Wahlen komplett zu wiederholen sind. Lesen Sie auch: „Komplette Neuwahl ist unverhältnismäßig“

Landeswahlleiter würde Wahlwiederholung begrüßen

Der neue Landeswahlleiter Stephan Bröchler sicherte sein volles Engagement zu, sollte die Wahl wiederholt werden. „Wir sind vom ersten Tag meines Amtsantritts und eigentlich schon davor im Turbo-Modus“, sagte Stephan Bröchler, der seit dem 1. Oktober im Amt ist, im Interview mit der Berliner Morgenpost.

Um lange Wartezeiten zu vermeiden, hat Bröchler bereits erste Entscheidungen getroffen. „Die Standardgröße wird drei Wahlkabinen pro Lokal sein“, sagte der Landeswahlleiter. „Wie viele Wahllokale wir brauchen, ist noch schwierig zu sagen. Wir wissen nicht, wie die Situation im Frühjahr sein wird.“ Er gehe vom gleichen Bedarf wie vor einem Jahr aus. „Da hatten wir 2256 Urnen-Wahllokale und 1507 Briefwahllokale. Aber diese Zahlen sind noch nicht in Stein gemeißelt.“ Die Landeswahlleitung werde sich auf verschiedene Szenarien vorbereiten.

Insgesamt hält Bröchler die mögliche Wiederholung der Wahlen für den richtigen Schritt. „Ich denke, eine Wahlwiederholung, sei es in einzelnen Bezirken oder vollständig, kann einen wichtigen Beitrag leisten, Vertrauen wieder herzustellen“, sagte Bröchler.

Giffey: Wahlen so vorbereiten, dass sie reibungslos ablaufen

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) will mit dem für November angekündigten Urteil „verantwortungsvoll und professionell“ umgehen, wie sie der dpa sagte. Zunächst gelte es jedoch, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in dem noch laufenden Verfahren „mit dem gebotenen Respekt“ abzuwarten.

„Bis dahin tun wir alles, um dieses Verfahren gut zu begleiten und unseren Teil dazu beizutragen“, so Giffey. „Es geht jetzt darum, zukünftige Wahlen so vorzubereiten, dass sie reibungslos ablaufen und solche Fehler nie wieder passieren.“

Aktuell sieht sich Giffey auf anderen Politikfeldern stark gefordert, wie sie deutlich machte. „Meine Aufgabe als Regierende Bürgermeisterin ist es in erster Linie, die Berlinerinnen und Berliner gut durch diesen Herbst und Winter zu bringen und die Energiekrise in unserer Stadt zu bewältigen.“

Pannenwahl: Vorerst keine Konsequenzen für Geisel

Trotz der politischen Verantwortung für das Wahldebakel vom September 2021 hat das Versagen vorerst keine Konsequenzen für den damaligen Innensenator Andreas Geisel (SPD). Das Abgeordnetenhaus lehnte einen Missbilligungsantrag gegen Geisel mit großer Mehrheit ab. Die AfD hatte die Missbilligung beantragt. Alle anderen Fraktionen stimmten dagegen. Auch ein Entschließungsantrag der CDU mit dem Ziel, Geisel zu entlassen, verfehlte die notwendige Mehrheit deutlich.

Zuvor hatte das Abgeordnetenhaus über die Konsequenzen aus dem Wahldebakel diskutiert. Die Opposition erneuerte dabei vor allem den Appell an den damaligen Innensenator Geisel, die Verantwortung für die schlechte Vorbereitung und Durchführung der Wahl zu übernehmen. Die vorläufige Bewertung des Verfassungsgerichtshofes sei ein „Schlag ins Gesicht der SPD, die für die Wahl verantwortlich war und ist“, kritisierte CDU-Fraktionschef Kai Wegner.

Wegner fordert Giffey auf, Senator Geisel zu entlassen

Eine Missbilligung, wie sie die AfD gefordert hatte, reiche nicht mehr aus. „Sie hätten es besser wissen müssen“, sagte Wegner in Richtung Geisels. Stattdessen versuche Geisel, das Problem auszusitzen und im Amt zu bleiben. Wegner forderte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) auf, Geisel zu entlassen. Auch über diesen Antrag sollte am Donnerstag in namentlicher Abstimmung entschieden werden.

AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker warf Geisel vor, wissentlich das Wahldebakel in Kauf genommen zu haben. „Innensenator Geisel war seit Jahren über Probleme informiert“, sagte Brinker. Aber Geisel habe nichts unternommen, die Probleme zu beseitigen. Damit habe er gegen seinen Amtseid verstoßen.

Innensenatorin sichert reibungslosen Ablauf einer Wahlwiederholung zu

Aus Sicht der FDP sollte die aktuelle Krisensituation dazu genutzt werden, einen „ernsthaften Neustart“ einzuleiten. Der Streit um das Wahlchaos lenke von den großen Herausforderungen ab, die Berlin in den kommenden Monaten zu bewältigen habe, kritisierte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja. „Ich erwarte, dass die Regierung endlich konsequentes Handeln auslöst, das dafür sorgt, dass die Stadt funktioniert."

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sicherte zu, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen, sollte das Verfassungsgericht am 16. November, wie erwartet, die Wiederholung der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und in den Bezirken anordnen.

Spranger: Bessere Logistik und Ausstattung der Wahllokale

Zudem kündigte sie diverse Änderungen an. Spranger nannte eine bessere Logistik bei der Verteilung von Stimmzetteln, die Ausstattung jedes Wahllokals mit drei bis vier statt zwei Wahlkabinen, einheitliche Verfahren zur Anwerbung und Schulung von Wahlhelfern und klarere Vorgaben zur Übermittlung von Wahlergebnissen.

Geplant sei zudem eine „kontinuierliche Kommunikationsstruktur“ zwischen dem neuen Landeswahlleiter Stephan Bröchler, den Bezirkswahlleitungen und der Innenverwaltung, um Wahlverfahren zu standardisieren und zu professionalisieren. Auf Landesebene werde ein Landeswahlamt geschaffen, so Spranger weiter. In den Bezirken sollen die dortigen Wahlämter demnach dauerhaft mit einem festen Mitarbeiterstamm arbeiten.

Wie Spranger hinzufügte, will sie kurz- und mittelfristig auch mehrere Rechtsänderungen angehen, darunter am Wahlgesetz und der Landeswahlordnung. Dabei gehe es unter anderem darum, die Aufgabenverteilung zwischen allen Beteiligten klarer zu beschreiben. Ziel aller Maßnahmen sei sicherzustellen, „dass Berlin für künftige Wahlen zukunftssicher aufgestellt ist“, so Spranger. Die Durchführung von Wahlen sei eine gesamtstädtische Aufgabe.

( mit dpa )