Berliner Bäderbetriebe

Konfliktlotsen vermitteln in Freibädern

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Clara Andersen
Zwei junge Männer beobachten im Sommerbad Pankow in Berlin das Treiben am Sprungturm.

Zwei junge Männer beobachten im Sommerbad Pankow in Berlin das Treiben am Sprungturm.

Foto: picture alliance/dpa/Archivbild

Die Streitschlichter werden vor allen an heißen Wochenenden eingesetzt, wenn die Bäder überfüllt sind und es schneller zu Streits kommt

Berlin. Massenschlägereien, Gewaltausbrüche, Polizeieinsätze: Berlins Freibäder waren in den vergangenen Monaten nicht immer ein sorgloser Ort für Familien. An diesem sonnigen Montagvormittag hingegen geht es friedlich zu im Sommerbad Pankow. Planschende Kinder, fröhliche Familien und Fußball spielende Jugendliche.

Damit das auch so bleibt, flanieren zwischen den Badegästen der 21-jährige Eghbal Khadjezadeh, der 19-jährige Sherzad Sultan und der 16-jährige Mehrdad Tadjik umher. Sie sind Konfliktlotsen des gewaltpräventiven Projektes „Bleib cool am Pool“, das vor elf Jahren anlässlich einiger gewalttätiger Vorfälle in Berliner Freibädern ins Leben gerufen wurde. Es soll Konfliktsituationen vorbeugen.

„Wir sorgen für Ordnung, indem wir die Leute auf Regeln hinweisen und mit ihnen sprechen. Wir arbeiten verbal. Wenn es gewalttätig wird oder eine Situation eskaliert, sodass wir bedroht werden, dann sind wir raus und ziehen uns zurück“, erzählt Khadjezadeh, der seit zwei Jahren Konfliktlotse ist.

Organisiert wird das Projekt von den Berliner Bäderbetrieben (BBB), der Polizei Berlin und der Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit GmbH (GSJ), deren gemeinnützige Projekte sich an Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen richten und Sport mit Sozialarbeit verbinden sollen.

Lotsen begegnen den Badegästen auf Augenhöhe

„Wir freuen uns sehr, dass die Konfliktlotsen in den Berliner Bäderbetrieben schon so lange unterwegs sind und wir müssen ganz klar sagen, wie zielführend dieses Projekt ist. Das möchten wir auf jeden Fall weiter ausbauen“, sagt Martin Krüger, Regionalleiter der BBB, bei einer Pressekonferenz am Montag. „Die Konfliktlotsen kommunizieren mit den Badegästen auf Augenhöhe und haben dadurch ein ganz anderes Erfolgspotenzial.“ Das liegt laut dem Sozialpädagogen und Projektleiter der GSJ, Arne Freudenberg, unter anderem daran, dass die Konfliktlotsen so divers seien. „Wir haben männliche, weibliche, alte und junge Konfliktlotsen, die verschiedene Sprachen sprechen und von unterschiedlichen Ethnien abstammen“, so Freudenberg.

Konfliktlotse Khadjezadeh beispielsweise spreche afghanisch, persisch, deutsch und englisch. Dadurch sei es manchmal einfacher auf Augenhöhe mit den Gästen zu kommunizieren, sagt er.

Khadjezadeh ist in diesem Jahr einer von 26 Lotsen, die während der Sommerferien in den Freibädern Neukölln und Pankow im Einsatz sind. An ungefähr drei Tagen in der Woche sind die Lotsen von 14 bis 20 Uhr in den Bädern unterwegs, überwiegend am Wochenende. Während im Columbiabad in Neukölln meistens vier bis sechs Lotsen gleichzeitig im Einsatz sind, seien es im Strandbad Pankow sogar sechs bis acht.

Im Columbiabad und auch in anderen Berliner Freibädern gab es in letzter Zeit mehrere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen zahlreichen Badegästen und dem Sicherheitspersonal des Schwimmbades. Nach der letzten Randale von jungen Männern mit elf Verletzten stationierte sich die Polizei zeitweise vor dem Bad. Die Angreifer waren mit Schlagwaffen und Reizgas gezielt auf Wachleute im Schwimmbad losgegangen. Drei junge Männer im Alter von 19, 23 und 24 Jahren wurden in einem Auto in der Nähe entdeckt und festgenommen. Nach den anderen Angreifern wird weiter gesucht. Die Polizei hatte ein Zeugenportal für Hinweise, Fotos oder Beobachtungen eingerichtet.

Mittlerweile gibt es im Columbiabad seit einiger Zeit eine mobile Wache der Polizei. Auch mehr Security-Personal ist im Einsatz. Trotzdem sollen auch die Konfliktlotsen dort weiterhin für Ruhe sorgen. „Es ist kein Widerspruch, dass verschiedene Organisationen vor Ort sind, sondern das sind alles kleine Mosaiksteine, die sich zu einem großen Ganzen ergänzen“, erklärt BBB-Regionalleiter Krüger. Als es zu den ersten Eskalationen vor den Sommerferien kam, seien noch keine Lotsen im Einsatz gewesen, sondern hätten sich noch in der Schulung befunden. „Bevor ein Lotse eingesetzt wird, durchläuft er eine mehrwöchige Schulung, die 15 Module umfasst“, erklärt Arne Freudenberg.

Lotsen kassieren lediglich eine Aufwandsentschädigung

Die angehenden Lotsen würden nicht nur von der GSJ, sondern auch von der Polizei betreut werden, die unter anderem über wichtige, rechtliche Fragen aufklären würde. „Ein wichtiger Bestandteile der Schulung ist aber auch das Situationstraining, in dem die Lotsen darauf vorbereitet werden, wie man in einer konkreten Situation agieren sollte.“

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Die meisten Konfliktlotsen würden dadurch rekrutiert werden, dass sie bereits in anderen Projekten der GSJ involviert sind. „Wir schauen aber nicht nur in unseren eigenen Reihen, sondern wir betreiben auch Akquise in Schulen“, so Freudenberg. Des Geldes wegen sollte man sich jedoch lieber einen anderen Job suchen, rät er, denn die Lotsen bekämen lediglich eine Aufwandsentschädigung von 6,50 Euro pro Stunde.

„Mir macht die Arbeit aber viel Spaß, denn man ist immer an der frischen Luft, arbeitetet im Team und ich habe in den letzten zwei Jahren viel dazu gelernt und mehr Selbstvertrauen bekommen“, erzählt Konfliktlotse Khadjezadeh. Außerdem habe er immer etwas zu tun, da man viel mit den Gästen der Freibäder spreche und wirklich etwas bewirken könne. Einmal habe er zum Beispiel als erster bemerkt, dass ein Feuer auf einer FKK-Wiese gelegt wurde und habe dementsprechend die Feuerwehr alarmieren und vermitteln können.