Silvester in Berlin 2017

Berliner Polizei und Feuerwehr zu Silvester im Dauereinsatz

| Lesedauer: 7 Minuten

Polizei und Feuerwehr ziehen Bilanz: Die Nacht blieb in Berlin meist friedlich. Doch waren die Einsatzkräfte die ganze Nacht unterwegs.

Berlin. Die Silvesternacht ist in Berlin weitgehend friedlich verlaufen. Mit Blick auf Unfälle und Notfälle sei es bis kurz nach Mitternacht „erstaunlich ruhig“ gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Das gelte nicht nur für die Partymeile, sondern für die ganze Stadt. Insgesamt waren in Berlin 1600 zusätzliche Polizisten sowie mehr als 1400 Feuerwehrleute und Rettungskräfte im Einsatz.

Zwischen 18 und 6 Uhr am Neujahrsmorgen gingen bei der Einsatzleitzentrale der Polizei 3084 Notrufe (im Vorjahr 3123) ein. Insgesamt mussten die Beamten 1732 Einsätze (im Vorjahr 1669) bewältigen. Die häufigsten Anlässe waren unsachgemäßer Umgang mit Pyrotechnik, Schlägereien und Sachbeschädigungen.

Neben diversen Strafanzeigen unter anderen wegen unerlaubter Pyrotechnik, Drogendelikten, Körperverletzungen und Taschendiebstahls, wurden in der Nacht auch 13 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe erstattet. Sieben Tatverdächtige konnten in diesen Fällen festgenommen werden.

Auf der Partymeile wurden bis kurz nach Mitternacht 95 Erste-Hilfe-Einsätze gezählt. Dabei sei es vor allem um Probleme nach übermäßigem Alkoholgenuss gegangen, sagte die Sprecherin des Veranstalters, Anja Marx.

"Womens-Safety-Area" kaum besucht

Auf der Festmeile wurde in einem Zelt des Roten Kreuzes erstmals eine spezielle Anlaufstelle für Frauen angeboten. Zum ersten Mal hatte es auf der Festmeile einen gesonderten Anlaufpunkt für Frauen gegeben, die sich sexuell bedrängt oder belästigt fühlen. Die "Womens-Safety-Area" sei von vier Frauen aufgesucht worden, hieß es in der Nacht. Aus Kreisen der Rettungsdienste hieß es, es sei nicht mehr passiert als in den Vorjahren.

Mehrere Hunderttausende Berliner und Gäste aus dem In- und Ausland feierten nach Angaben des Veranstalters am Brandenburger Tor ins neue Jahr. Auf der Showbühne traten Musikern wie die Spider Murphy Gang, Oli P und Conchita auf. Wegen des großen Andrangs wurden schon vor Mitternacht die Eingänge an der Partymeile geschlossen.

In der Nähe der Partymeile durchschlug eine Feuerwerksrakete ein Seitenfenster eines Krankenwagens und explodiertei m im hinteren Innenraum. Bei dem Vorfall wurde niemand verletzt, denn der Patientenraum war leer. Die beiden Sanitäter saßen vorn in der Fahrerkabine des bereitstehenden Rettungsfahrzeugs, berichtete die Feuerwehr.

Einsatzkräfte erneut angegriffen

Wie bereits im Vorjahr wurden die Sicherheitskräfte erneut selbst angegriffen. An der Pallasstraße in Schöneberg bewarfen Jugendliche Polizisten immer wieder gezielt mit Feuerwerkskörpern. Dabei wurde unter anderem eine 16-Jährige gegen Mitternacht festgenommen, nachdem sie die Polizisten mehrfach attackiert hatte. Sie hatte 44 illegale Böller bei sich, die beschlagnahmt wurden. Die Polizei ermittelt wegen besonders schwerem Landfriedensbruch. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte, dass es sich zu einem "Trendsport" entwickelt hätte, Polizisten an Silvester zu attackieren. Die Intensität der Angriffe nehme zu. Der Rechtsstaat habe es bisher versäumt, den Angreifern klare Grenzen aufzuzeigen. Damit werde auch von dieser Seite mit dem Leben von Polizisten gespielt.

Auch die Feuerwehr berichtete über Angriffe auf Einsatzkräfte: "Was uns große Sorge macht und leider auch in dieser Nacht festzustellen war, waren Angriffe und Bedrohungen von Einsatzkräften", sagte Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein am Neujahrsmorgen. "Ein Kollege wurde in Lichtenrade massiv geschlagen und trug Verletzungen davon."

Im Zeitraum zwischen 19 Uhr am Sonntagabend und sechs Uhr am Montagmorgen habe es fast 1600 Einsätze gegeben, teilte die Feuerwehr am Montagmorgen mit. Mehr als 1000 davon seien Rettungseinsätze gewesen, weniger als 500 Brände. Im Jahr davor seien es insgesamt fast genauso viele Einsätze in diesem Zeitraum gewesen.

Gegen 0.45 Uhr wurde ein ziviles Fahrzeug der Polizei mit einem Böller beworfen. Der offenbar illegale Sprengkörper hatte eine so große Sprengkraft, dass ein Loch in der Heckscheibe entstand. Mit Unterstützung weiterer Polizisten konnte ein 22 Jahre alter Tatverdächtiger festgenommen werden. Während der Festnahme explodierte unmittelbar neben den Polizeibeamten ein weiterer Böller. Durch die Explosion erlitten sechs Polizeibeamte vorübergehende Beeinträchtigungen am Gehör und leichte Schmerzen. Der Festgenommene hatte neben Marihuana und Kokain auch noch ein Messer bei sich. Er wurde vor Ort entlassen, die Ermittlungen dauern an.

In der Nacht kam es immer wieder zu Bränden auf Balkonen und an Fahrzeugen, die sowohl fahrlässig als auch vorsätzlich durch Feuerwerk verursacht wurden. An der Leipziger Straße in Mitte erlitt ein 42-Jähriger sehr schwere Handverletzungen durch einen explodierten Böller. Er wurde von der Feuerwehr in ein Krankenhaus gebracht.

Gegen kurz nach Mitternacht wurde ein 26-Jähriger in Falkenhagener Feld von einem Auto erfasst, als er auf der Fahrbahn der Seegefelder Straße Feuerwerkskörper zündete. Der Mercedes hatte den jungen Mann gerammt, der daraufhin über die Motorhaube auf die Fahrbahn geschleudert wurde. Zeugen sagten aus, dass der Fahrer des Mercedes sofort das Licht ausgeschaltete und davon raste. Der 26-Jährige erlitt schwere Verletzungen im Hüftbereich und kam in ein Krankenhaus.

Nach einer ersten Bilanz wurden mehrere Polizeibeamte während der Einsätze leicht verletzt, konnten aber alle im Dienst bleiben. Einer von ihnen erlitt durch den Beschuss mit Pyrotechnik leichte Verbrennungen am Hals.

Chirurgen operieren im UKB die ganze Nacht hindurch

Im Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) in Marzahn mussten mehrere Menschen wegen Verletzungen behandelt werden, die sie sich durch Pyrotechnik zugezogen hatten. In der Silvesternacht zählten die Mitarbeiter bis 7 Uhr am Neujahrsmorgen 24 Verletzte, teilte das Krankenhaus via Twitter mit. Dabei handelte es sich ausschließlich um Männer. 13 der Patienten hatten Handverletzungen erlitten, einem mussten drei Finger amputiert werden. Das Team der Handchirurgie habe nonstop in drei Operationssälen gearbeitet. Mindestens fünf Patienten hätten schwere Amputationsverletzungen erlitten. Schon vor Silvester hatte sich ein zwölfjähriger Junge in Wedding so schwer mit einem Böller verletzt, dass er ein Auge verlor.

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) starte schon in der Nacht mit dem großen Aufräumen in der Stadt. Für den 1. Januar stehen nach Angaben der BSR rund 600 Beschäftigte und 150 Fahrzeuge bereit, um zunächst stark besuchte Orte wie Alexanderplatz, Kurfürstendamm und Hermannstraße zu reinigen. Auf der Partymeile selbst sind die Veranstalter für das Aufräumen zuständig.

Für die Abbau- und Aufräumaktionen nach der Silvesterparty am Brandenburger Tor ist die Straße des 17. Juni zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor noch komplett gesperrt. Auch die Ebertstraße sowie die Yitzhak-Rabin-Straße sind betroffen. Diese Sperrungen dauern noch bis Dienstagmorgen an. Bis zum Montagmittag sind noch die Dorotheenstraße, Scheidemannstraße, John-Foster-Dulles-Allee und Behrenstraße gesperrt.

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( mim mit dpa )