Milieuschutz in Berlin

„Verdrängung lässt sich nicht komplett verhindern“

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Sabine Platau
Wohnungen werden rar und teuer in Kreuzberg: Wer hier wohnt, möchte auch bleiben - und wehrt sich

Wohnungen werden rar und teuer in Kreuzberg: Wer hier wohnt, möchte auch bleiben - und wehrt sich

Foto: Jens Kalaene / picture alliance / ZB

Die Sozialwissenschaftlerin Annette Harth im Gespräch über die Grenzen des Milieuschutzes in Berlin.

Die asum (Angewandte Sozialforschung und urbanes Management) GmbH hat mehrere Untersuchungen für soziale Erhaltungsgebiete, sogenannte Milieuschutzgebiete, in Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt. Sie hat auch die Studie zum Gebiet Weberwiese durchgeführt. Die Sozialwissenschaftlerin Annette Harth erklärt Einzelheiten.

Berliner Morgenpost: Wie gehen Sie bei der Untersuchung vor?

Annette Harth: Wir führen eine schriftliche Haushaltsbefragung durch. Und wir analysieren Daten der amtlichen Statistik. In kleineren Gebieten versuchen wir, jeden Haushalt zu befragen. In größeren nimmt man vielleicht jeden zweiten oder dritten. Wichtig ist, dass die Untersuchung repräsentativ ist. Die Befragungsstichprobe muss so zusammengesetzt sein wie das gesamte Gebiet. Das betrifft die Altersstruktur und den Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund, oder auch den Anteil der Singles. Wir fragen zum Beispiel nach der Ausstattung der Wohnung, der Miete oder Modernisierungsmaßnahmen. Eine solche Untersuchung dauert mindestens drei Monate.

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Was bringt der Milieuschutz?

Die Bezirke nutzen die Verordnung als Instrument, um eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung durch teure Modernisierungen und Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu verhindern. Im Milieuschutzgebiet müssen Baumaßnahmen genehmigt werden. Und bei Modernisierungen können Maßnahmen versagt werden. Zum Beispiel die Luxussanierung mit zweitem Bad, oder zweitem Balkon. Oder Grundrissänderungen, Zusammenlegen und Teilen von Wohnungen. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat eine Mieterberatung eingerichtet. Dorthin können sich die Bewohner wenden, wenn sie eine Modernisierungsankündigung bekommen haben. Die Beratung prüft diese Ankündigung und fragt beim Amt, ob die Modernisierung genehmigt ist. Es werden Flyer verteilt, damit Menschen überhaupt wissen, was es bedeutet, in einem Erhaltungsgebiet zu wohnen.

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Wo sind die Grenzen der sozialen Erhaltungsverordnung?

Oft sind die Erwartungen höher als das, was der Milieuschutz bewirken kann. Er kann nur modernisierungsbedingte Mietsteigerungen begrenzen, nicht aber sonstige Mieterhöhungen verhindern. Man kann auch nicht jede Modernisierung verhindern. Die Herstellung einer zeitgemäßen Ausstattung und verpflichtende energetische Sanierungen müssen genehmigt werden und können zu Mietsteigerungen führen. Es kann zu sozialen Härtefällen kommen. Man kann auch Verdrängung nicht komplett verhindern. Wichtig ist, dass die Kriterien für den Milieuschutz vor Gericht bestehen. Denn es geschieht nicht selten, dass Vermieter klagen.