In der Stadtmitte setzte die SED ein Zeichen: Sie ließ das kriegsbeschädigte Stadtschloss sprengen und errichtete an dieser markanten Stelle den Palast der Republik. In Pankow aber, am Rande der Stadt, bezog Wilhelm Pieck, der erste und einzige Präsident der DDR, das Schloss Schönhausen als Amtssitz. Und ab 1966 machte das Gebäude, in dem zu Preußens Zeiten als prominenteste Bewohnerin von 1740 bis 1797 Königin Elisabeth Christine, die ungeliebte Ehefrau von Friedrich II., im Sommer residierte, dann nochmals Karriere: Als Gästehaus der DDR-Regierung. Der Hang zur Repräsentation ist vielen Staaten eigen, Schlösser eignen sich hervorragend dafür. Vom 1. April an zeigt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) „Schlösser für den Staatsgast – Staatsbesuche im geteilten Deutschland“ in Schönhausen. Die Orte der Repräsentation in zwei politischen Systemen werden gegenübergestellt. Ein Rundgang mit Kurator Jörg Kirschstein.
In den ersten Jahren kamen vorzugsweise Gäste aus den sozialistischen Bruderländern. So wie der ungarische KP-Chef János Kádár, der erste Staatsgast, der in Schloss Schönhausen untergebracht wurde. Im ersten Stock waren die Gästeappartements eingerichtet worden, durch den Einkleideraum ging es ins Herrenschlafzimmer – sachliche-funktionale Einrichtung im Stil der DDR-Moderne, die Lampe, möglicherweise eine zeitgemäße Interpretation eines Kronleuchters, war ein Unikat. Oder ins separat gelegene Damenschlafzimmer, etwas kleiner, etwas plüschiger, Bilder mit Goldrahmen und eine Porzellanlampe im Neo-Rokokostil, die laut Kirschstein noch heute hergestellt wird. Und ja, das Damenbadezimmer ist mit seinen lila Fliesen ein optischer Knüller.
Die DDR ist außenpolitisch bis Ende der 60er-Jahre isoliert
Dass in den ersten Jahren vergleichsweise unprominente Gäste kamen, lag an der diplomatisch schwierigen Lage und war der sogenannten Hallstein-Doktrin geschuldet. Damit machte die Bundesrepublik ihren Alleinvertretungsanspruch, also die legitime Vertretung aller Deutschen, geltend und wollte die DDR außenpolitisch isolieren. „1966 unterhielten lediglich 13 Länder diplomatische Beziehungen zur DDR, darunter China und Nordkorea“, erzählt Kirschstein. Nach der Doktrin wurde die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik durch Drittstaaten als „unfreundlicher Akt“ gesehen. Die Folge konnten wirtschaftliche Sanktionen oder auch der Abbruch der diplomatischen Beziehungen sein. Erst die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt gab die Hallstein-Doktrin auf, der Grundlagenvertrag Anfang der 70er-Jahre normalisierte die Beziehungen beider deutscher Staaten.
Der Staatsbesuch der indischen Premierministerin Indira Gandhi 1976 war natürlich eine große Nummer, schließlich war sie wenige Jahre zuvor schon in der Bundesrepublik gewesen. Vielleicht war es diplomatisches Geschick, vielleicht ein standardisiertes Geschenk: Sie brachte zu beiden Staatsbesuchen dasselbe mit, ein Miniaturmodell des indischen Mausoleums Taj Mahal.
Ein Fitnessraum für Fidel Castro
Ziemlich beliebt als Mitbringsel waren offenbar gerahmte Fotos der Gäste, der finnische Staatspräsident Urho Kekkonen brache 1977 eine mit und auch Kurt Waldheim überreichte Erich Honecker so ein Selbstporträt, als er 1975 als UNO-Generalsekretär nach Ostberlin kam, erzählt Kirschstein.
Für die Gäste nur das Beste. Fidel Castro, damals Kubas starker Mann, bekam 1972 beim „mit einer Million Mark teuerstem DDR-Staatsbesuch“ sogar einen „Fitnessraum mit Ruderanlage eingerichtet“, sagt Kirschstein. Die Standaschenbecher im leicht feudal anmutenden DDR-Design, die für die Ausstellung wieder im ersten Obergeschoss aufgestellt wurden, dürfte Castro gern benutzt haben. Auf dem offiziellen Staatsbesuch-Foto im Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der SED, wurde allerdings „die Zigarre wegretuschiert“.
Gorbatschow kommt im Herbst 1989 - die Unterlagen sind weg
Die Sowjet-Führer kamen regelmäßig zu den runden DDR-Geburtstagen. Weil dann der Platz eng wurde, mussten die Vertreter der Bruderstaaten ins benachbarte Gästehaus ziehen, „während Papa im Schloss residierte“. Als Michail Gorbatschow letztmalig zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 Staatsgast war, war die Stimmung schon im Keller, der Zerfall der DDR war spürbar. Honecker hielt eine ziemlich fahrige Begrüßungsrede, knapp zwei Wochen später wurde er von Krenz und Co, die an diesem Tag in Schönhausen ebenfalls dabei waren, gestürzt.
In den Wendewirren sind einige Sachen wie die Unterlagen zum letzten Gorbatschow-Besuch verschwunden. Auch Geschirr, das 1990 vorm Schloss versteigert wurde. In der Ausstellung gibt es deshalb Lücken an der Festtafel. Die zudem geteilt ist. Denn gezeigt werden auch Geschirr, Staatsgeschenke und Empfangsrituale aus dem westdeutschen Pedant, dem Schloss Augustusburg bei Bonn. Dort wird die Schau vom 30. Juli an zu sehen sein.
„Schlösser für den Staatsgast“, Schloss Schönhausen, Tschaikowskistraße 1, Pankow. 1. April - 3. Juli 2016, Di-So, 10-18 Uhr