Für diese Anmerkung erntete Frank Henkel (CDU) breite Zustimmung: Der schwierige Zustand der Bürgerämter, so sagte der Innensenator nach der wöchentlichen Sitzung des Senats, beschäftige die Berliner Politik ja nicht erst seit der Flüchtlingskrise. Wohl wahr. Denn wer einen neuen Pass beantragen, sich ummelden oder den verlorenen Führerschein ersetzen lassen will, benötigt Geduld. Viel Geduld. Denn ein Termin ist oft erst nach zwei Monaten zu bekommen.
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Immerhin: Nach Jahren des Sparens und Zusammenkürzens des Personals hat der Senat das Problem erkannt. Bereits im Dezember 2014 bewilligte er den für die Bürgerämter zuständigen Bezirksämtern 31 zusätzliche Stellen. Bei den Beratungen für den Doppelhaushalt 2016/17 sattelten die Koalitionspolitiker von SPD und CDU noch einmal 36 Stellen drauf. Der Bürger merkte davon erst einmal gar nichts. Denn bis die formal bewilligten Stellen tatsächlich besetzt werden konnten, verging bis zu einem Jahr. Außerdem zeigte sich, dass das Personal, selbst als es in den Ämtern endlich tätig werden konnte, immer noch nicht ausreichte.
Mitarbeiter sollen schneller einsatzbereit sein
In seiner Sitzung am Dienstag bewilligte der Senat nun weitere 50 Stellen. Die Zahl an sich ist nicht neu, die Ressortchefs hatten sich auf den Personalzuwachs bereits auf ihrer Klausur vor rund drei Wochen geeinigt. Doch dieses Mal sollen die Mitarbeiter schneller am Computer sitzen und die Kollegen früher entlasten als bisher.
Der Senat setzt dafür auf eine sogenannte Sammelausschreibung. Unabhängig davon, in welchem Bezirk sie später eingesetzt werden, sollen Interessenten ihre Bewerbung an das Bezirksamt Mitte richten, das die Ausschreibung zentral koordiniert. Parallelbewerbungen in mehreren Bezirken, die das Verfahren bei den bisherigen Ausschreibungen verzögerten, sind damit ausgeschlossen. Im Ergebnis werde es eine „deutlich schnellere Besetzung“ geben, dessen ist sich Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sicher.
Die Frist für die Bewerbungen endet am 26. Februar. Bis Mai sollen die ausgewählten Bewerber dann an ihren Arbeitsplätzen sitzen und nach einer Einarbeitungszeit von sechs bis acht Wochen voll einsetzbar sein. Die Mitarbeitervertretungen könnten ihre Mitbestimmungsrechte uneingeschränkt wahrnehmen. Kollatz-Ahnen: „Wenn sich das neue Verfahren bewährt, werden wir es auch bei anderen Stellenbesetzungen einsetzen.“
Service für Flüchtlinge und ein neuer Express-Schalter
20 der 50 zusätzlichen Mitarbeiter sollen, wie berichtet, dem Bezirk Mitte zugeordnet werden und in einem neuen „ergänzendem Bürgeramt“ im Rathaus Tiergarten eingesetzt werden. Hier sollen vor allem Meldeangelegenheiten für Flüchtlinge bearbeitet, aber auch ausgewählte Dienstleistungen für „Alt-Berliner“ erbracht werden. Charlottenburg-Wilmersdorf erhält zehn zusätzliche Mitarbeiter. Auch sie sollen im Dienstgebäude an der Bundesallee einen sogenannten Express-Schalter für Berliner betreiben sowie in der Filiale eines neuen, „ergänzenden Bürgeramtes“ für Flüchtlinge arbeiten. Die verbleibenden 20 Stellen werden zu gleichen Teilen auf die zehn übrigen Bezirke verteilt. „Damit hat der Senat einen erheblichen Beitrag geleistet“, sagte Innensenator Henkel.
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Mit der Bewilligung des zusätzlichen Personals reagiert die Landesregierung einerseits auf die gewachsenen Anforderungen durch die vielen Flüchtlinge in der Stadt, aber auch auf den Zuzug von Deutschen aus dem übrigen Bundesgebiet. Um die Effektivität der Bürgerämter zu steigern und die Prozesse zu optimieren, will Finanzsenator Kollatz-Ahnen zudem in vier Bezirken eine sogenannte Organisationsuntersuchung durchführen. „Ziel ist es, dass wir die besten Prozesse berlinweit anwenden“, so der SPD-Politiker. Auf ein verbindliches Ziel, inwiefern die Kunden der Bürgerämter angesichts der zusätzlichen Stellen künftig mit kürzeren Wartezeiten rechnen könnten, wollte der Senator sich nicht festlegen. Zuständig für die Ämter seien, trotz der durch den Senat koordinierten Stellenerhöhung weiterhin die Bezirke. Er wisse aber von einigen Ämtern, dass diese anstrebten, dass Bürger auf einen Termin künftig höchstens drei Wochen warten sollen.
Weitgehend positives Echo aus den Bezirken
In den Bezirken stieß der Senatsbeschluss auf ein weitgehend positives Echo. Die Entscheidung, zentrale Standorte für die Bearbeitung von Meldeangelegenheiten von Flüchtlingen einzurichten, sei „zielgerichtet und sinnvoll“, sagte Oliver Schworck (SPD), Stadtrat für Bürgerdienst in Tempelhof-Schöneberg. Die anderen Bürgerämter würden dadurch entlastet. Durch die von Kollatz-Ahnen angestrebte Harmonisierung könnten die Behörden effektiver arbeiten. Stephan von Dassel (Grüne), Stadtrat für die Bürgerämter in Mitte, kritisierte indes die Schaffung der Stellen für die Meldeangelegenheiten von Flüchtlingen. Statt neue Strukturen zu schaffen, sollten die vorhandenen gestärkt werden.
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