Wachsende Parallelgesellschaften stellen in Berlin in zunehmendem Maße ein erhebliches Problem dar.
Verantwortlich für das Entstehen und die Verfestigung solcher Strukturen sind dabei vor allem zwei Gruppen, Klans und Großfamilien mit Bezügen zur Organisierten Kriminalität und besonders fanatische Gruppen von Salafisten, die ganz bewusst Parallelwelten erschaffen, in der geltendes Rechts vollständig ignoriert wird.
Das geht aus einer Studie hervor, die die Universität Erlangen im Auftrag der Senatsjustizverwaltung erstellte und die Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) am Mittwoch vorstellte.
Vor allem Neukölln, Kreuzberg, Wedding, Moabit und Charlottenburg betroffen
Entsprechende Entwicklungen, die der Studie zufolge ein Klima der Angst unter Betroffenen sowie auch in der Gesamtbevölkerung erzeugen, registrieren Sicherheitsbehörden und Fachleute in Berlin vor allem in Teilen von Neukölln, Kreuzberg, Wedding, Moabit und Charlottenburg.
Sie gehen oft einher mit einer „Paralleljustiz“, die vor allem in Bereichen praktiziert wird, in denen eigentlich staatliche und verbindliche Normen des Strafrechts und des Familienrechts gelten.
Paralleljustiz hat keinen religiösen Hintergrund
Abgesehen von den Aktivitäten salafistischer Gruppen hätte der Rückgriff ganzer Bevölkerungsgruppen auf eine eigenständige Paralleljustiz entgegen vielen Darstellungen keine religiösen Hintergründe und finde auch keineswegs nur unter muslimischen Einwanderern statt, sagte Professor Mathias Rohe, Hauptautor der Studie bei der Vorstellung am Mittwoch. „Man findet solche Strukturen häufig auch bei Sinti und Roma sowie in mafiös organisierte Gruppen“, sagte Rohe.
Kriminelle Klans und Großfamilien nutzen diese Paralleljustiz vor allem, um interne Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen mit anderen Familien unter Ausschluss staatlicher Stellen beizulegen.
Die Polizei etwa wird in der Regel nur eingeschaltet, wenn massive Gewalttaten bis hin zu Tötungsdelikten drohen. Staatliches Recht wird darüber hinaus auch ignoriert und unterlaufen, in dem bei laufenden Strafverfahren Opfer und Zeugen und Druck gesetzt und zum Schweigen gebracht werden.
Justizsenator Heilmann kündigt Konsequenzen an
Im Bereich des Familienrechts hingegen ist die bevorzugte Einschaltung von Schlichtern auf die vielfach geltende Ansicht zurückzuführen, dass familiäre Angelegenheit absolute Privatsache sind, in die sich staatliche Stellen nicht einzumischen hätten, heißt es in der Studie. Heilmann kündigte am Mittwoch an, schnellstmöglich mit allen zuständigen Stellen geeignete Gegenmaßnahmen zu erörtern.