Berlin . Bezirks- und Landespolitiker fordern mehr Personal für die Bürgerämter. Der Schwarzhandel mit Terminen im Internet blüht.
Ob abgelaufener Personalausweis, verlorener Führerschein oder Anwohnervignette – die Berliner sind auf die Bürgerämter angewiesen. Doch in keinem Bürgeramt der Stadt gibt es bis zum Jahresende noch Onlinetermine. Nur wer bei der Internetsuche hartnäckig bleibt oder persönlich vorspricht, kann zufällig auf einen kurzfristig frei gewordenen Termin stoßen.
„Das Hauptproblem bleibt das zu wenige Personal im Vergleich zu den Aufgaben“, sagt Torsten Kühne (CDU), Stadtrat für Bürgerservice in Berlins einwohnerstärkstem Bezirk, Pankow. Seit Jahren habe Berlin Stellen abgebaut, zugleich sei die Einwohnerzahl massiv gestiegen. Seit 2010 hat die Hauptstadt rund 140.000 Einwohner dazugewonnen. In den Bürgerämtern der Stadt ist die Mitarbeiterzahl im gleichen Zeitraum um zirka 90 auf 517 geschrumpft. 31 befristete Stellen hatte der Senat Ende 2014 allen zwölf Bezirken zur Verstärkung ihrer Bürgerämter bewilligt. 80 hatten die Bezirke gefordert. „Unter dem Strich bleibt ein Delta“, so Kühne.
Michael Freiberg, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus ist empört: „Es geht nicht an, dass interessierte Bürger keinen Termin bekommen, um ihre Angelegenheiten zu regeln.“ Unterstützung kommt vom SPD-Innenexperten Frank Zimmermann: „Unsäglich“ nennt er die Situation. „Wir müssen darauf reagieren.“ Wie das geschehen könne, sei allerdings Sache der Haushaltspolitiker. Zimmermann ist aber sicher, dass es schon mit dem Stellenplan, der Bestandteil der laufenden Etatberatungen ist, Verbesserungen geben wird.
Das Geschäft mit der Terminnot blüht indes weiter, trotz Gegenmaßnahmen des Senats. So bucht ein Berliner Start-up Onlinetermine im Internet und verkauft sie gegen Gebühr auf seiner Webseite. In den Nutzungsbedingungen der Landesportale wurde der Weiterverkauf von Terminen an Dritte zwar verboten. „Ein zustande gekommener Termin, der gegen die Nutzungsbedingungen verstößt, wird in den Behörden nicht anerkannt“, sagte ein Sprecher der Innenverwaltung. Doch fehlt den Mitarbeitern die Zeit zur Kontrolle.
Auch 2016 wird nicht besser
Allerdings wird sich 2016 die Lage nicht entspannen. Durch das neue bundesweite Meldegesetz kommen zusätzliche Aufgaben auf die Bürgerämter zu. So müssen die Mitarbeiter die Bescheinigung des Vermieters überprüfen und bei Versäumnissen auch anfordern, die jeder künftig vorlegen muss, wenn er seinen Wohnsitz anmeldet. Außerdem wird im kommenden Jahr in Berlin gewählt – eine Mammutaufgabe für die Bürgerämter, die die Meldedaten der Wahlberechtigten verwalten. Ende Januar soll zudem eine neue Software für das Melderegister installiert werden. Für die Schulungen wird es Schließtage in den Bürgerämtern geben.
Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, hält eine Modernisierung der Bürgerämter für überfällig. Die Innenverwaltung habe es versäumt, den Bürgerämtern eine gute Software und ein gutes Terminmanagement zur Verfügung zu stellen.
Im Hause von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) werden die Erwartungen auf weiteres Personal gedämpft. Zwar seien im Doppelhaushalt 2016/17 für die Bürgerämter 25 weitere Stellen eingeplant. „Das ist aber im Zusammenhang mit den Flüchtlingen zu sehen“, sagte Sprecher Jens Metzger. Danach soll Charlottenburg-Wilmersdorf 16,5 Stellen für die Registrierungsstelle an der Bundesallee erhalten, um die Anmeldung Asylsuchender sicherzustellen. Mitte erhält für die Kruppstraße 8,5 Vollzeitstellen. Seite 10