Berliner Bürgerämter

„Acht Wochen Wartezeit sind nicht akzeptabel“

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Andreas Abel und Brigitte Schmiemann

Foto: Sergej Glanze / Glanze

Innenstaatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) zu Missständen in den Berliner Bürgerämtern und bei der Kfz-Zulassung.

Die Bürgerämter in den Bezirken und die Kfz-Zulassungsstellen sorgen für Ärger. Die Berliner können entweder monatelang auf einen Termin warten oder sie müssen stundenlang Schlange stehen. Ein Gespräch mit Andreas Statzkowski (CDU), Staatssekretär in der Senatsinnenverwaltung, über das Problem und was der Senat dagegen tun will.

Berliner Morgenpost: Herr Statzkowski, wann waren Sie zum letzten Mal als Kunde in einem Bürgeramt?

Andreas Statzkowski: Vor ungefähr drei Jahren, in Neukölln. Das war völlig unproblematisch, ich kam sofort dran.

Glückliche Zeiten. Im Moment müssen die Berliner allein zwei Monate auf einen Termin warten, zum Beispiel, weil sie einen Reisepass für ihr Kind benötigen.

Sie haben recht, da besteht erheblicher Handlungsbedarf. Dafür sind aber die Bezirke zuständig. Und die haben sich darauf verständigt, dass es für Notfälle kurzfristig Termine gibt. Was als Notfall gilt, ist klar definiert, das steht im Internet. Einen Reisepass bekommen Sie in aller Regel innerhalb eines Tages.

Gut, aber es geht ja nicht nur um Notfälle. Halten Sie zwei Monate Wartezeit auf einen Termin für akzeptabel?

Natürlich nicht, ganz klar. Seit Dezember vergangenen Jahres werden Anstrengungen unternommen, das zu ändern. Die Bezirke und die Senatsfinanzverwaltung haben sich darauf verständigt, dass die Bürgerämter für zwei Jahre 31 zusätzliche Stellen bekommen.

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Das Problem besteht ja schon seit mindestens zwei Jahren. Hätte man nicht viel früher reagieren müssen, entweder durch die Bewilligung weiterer Personalstellen oder indem man Personal aus anderen Abteilungen zusammenzieht?

Die Finanzverwaltung ist vorsichtig, wenn es um neue Stellen geht. Inzwischen ist aber beschlossen, dass die Bezirke in den kommenden beiden Jahren 300 weitere Mitarbeiter bekommen, vor allem für den Hochbau und die Jugendämter. Theoretisch kann ein Bezirksamt auch Mitarbeiter umsetzen, aber die Personaldecke in den Bezirken ist insgesamt knapp.

Reichen denn die 31 Stellen für die Bürgerämter oder kommen weitere dazu?

Bezirke und Senatsfinanzverwaltung erarbeiten derzeit Kennzahlen, also objektivierbare Maßstäbe, aus denen ein Bedarf hervorgeht. Alle Beteiligten sind sich aber einig, dass es nicht allein um mehr Personal geht, sondern dass auch organisatorische Veränderungen notwendig sind.

Gibt es dazu schon Ergebnisse?

Ja, zum Beispiel die Vereinbarung, dass wieder in allen Bezirken Spontankunden im Bürgeramt angenommen werden sollen. Wir haben uns auch darauf verständigt, dass alle Bezirke Termine für acht Wochen ins Netz stellen. Vorher haben das einige Bezirke nur für zwei Wochen getan, mit der Folge, dass es gar keine Termine gab. Acht Wochen Wartezeit sind nicht gut, keine Frage, aber nun werden wenigstens wieder Termine angeboten.

Wann wird sich die Situation in den Bürgerämtern verbessern?

Ich halte mich mit Terminzusagen grundsätzlich zurück. Aber ich denke, bis Ende des Jahres werden wir eine spürbare Verbesserung haben.

Auch in den Kfz-Zulassungsstellen müssen die Berliner sehr lange warten, bis sie einen Termin erhalten. Kommt dort endlich mehr Personal hin?

Wir haben bereits 20 zusätzliche Mitarbeiter, weitere 25 Stellen werden nach und nach besetzt. Zu den bisherigen 215 Mitarbeitern kommen also 45 dazu. Außerdem sprechen wir mit dem Personalrat über freiwillige Mehrarbeit an Sonnabenden. Viele Mitarbeiter sind dazu bereit, sie würden dafür einen finanziellen Ausgleich bekommen.

Was ist der Grund für den Terminstau?

Wesentliche Ursache ist der Terminhandel und die damit verbundene Verknappung von frei verfügbaren Terminen. Aber auch der Personalbestand ist in früheren Jahren stark reduziert worden. Wir haben in diesem Jahr aber auch 15 Prozent mehr Zulassungsanträge als 2014. Außerdem sind viele Mitarbeiter in Schulungen und Fortbildungen, weil sich im nächsten Jahr Gesetze ändern.

Sind vier Wochen Wartezeit auf einen Termin für Sie akzeptabel?

Nein. Bei Privatkunden wäre eine Woche vertretbar. Autohändler, die zurzeit bis zu zwei Wochen auf Termine warten müssen, erwarten, dass sie wie früher innerhalb eines Tages ihre Zulassungsanträge bearbeiten lassen können.

Schaffen Sie das?

Das ist zumindest unser Ziel.

Auch in anderen Behörden fehlt Personal. Die Stadt wächst, zudem gehen in den kommenden Jahren Tausende Mitarbeiter in den Ruhestand. Was tut der Senat?

Wir haben Anfang Juli das Personalkonzept fortgeschrieben. 2016 und 2017 werden zum Beispiel im ehemaligen gehobenen Dienst jeweils 150 neue Regierungsinspektoren und 50 Trainees eingestellt. Im ehemaligen höheren Dienst sind es 50 Regierungsräte und 20 Trainees. Hinzu kommen 80 Auszubildende. Das ist ein deutlicher Zuwachs. Außerdem hat der Senat erstmals ein Programm für den Wissenstransfer aufgelegt. Stellen werden für ein halbes Jahr doppelt besetzt.

Wie ist das Klima in der Koalition?

Gut, wir arbeiten gut zusammen. Trotzdem wird an der einen oder anderen Stelle deutlich, dass SPD und CDU unterschiedliche Haltungen haben. Das ist normal in der Politik.

Dürfen wir vor der Wahl noch mit größeren Projekten dieser Koalition rechnen?

Das E-Government-Gesetz soll noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden.