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Batterie defekt: Berlins Elektrobusse können nicht fahren

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Thomas Fülling
Erst im Sommer wurden die neuen E-Busse in Betrieb genommen. Nun stehen sie in der Werkstatt der BVG, weil es Probleme beim Aufladen der Batterien gibt

Erst im Sommer wurden die neuen E-Busse in Betrieb genommen. Nun stehen sie in der Werkstatt der BVG, weil es Probleme beim Aufladen der Batterien gibt

Foto: DAVIDS/Darmer

Die vier neuen Elektrobusse der BVG stehen alle in der Werkstatt - weil das Aufladen der Batterien nicht richtig funktioniert.

Mit viel Polit-Prominenz hatten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) im Sommer die Zukunft für ihre Busflotte eingeleitet. Als weltweit erste werde die Linie 204 mit ausschließlich kabel- und kontaktlos geladenen Elektrofahrzeuge befahren, so damals die nicht ganz unbescheidene Ankündigung. Doch das viel gelobte und vom Bund mit 4,1 Millionen Euro geförderte Projekt ist ins Stottern geraten.

Seit dem Start des Testlaufs am 31. August sind die E-Busse gerade einmal sieben Tage tatsächlich von morgens bis abends durchgefahren. Seit gut einer Woche stehen alle vier Fahrzeuge zum Stückpreis vom 700.000 Euro komplett untätig in der Werkstatt. Stattdessen kommen auf der gerade einmal sechs Kilometer langen Strecke zwischen den Bahnhöfen Zoo und Südkreuz konventionelle Dieselbusse zum Einsatz.

Vorsichtshalber alle vier Busse aus Verkehr gezogen

Grund für den ungeplanten Stillstand sind Probleme mit den Lithium-Ionen-Batterien, die den Strom für den Motor des Busses vom Typ Solaris Urbino 12 electric liefert. Es habe eine Fehlermeldung gegeben, deren Ursache zunächst unklar ist, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Die Firma Bombardier, die das innovative Antriebssystem unter dem Namen Primove entwickelt hat, bestätigt das Problem.

Laut Unternehmenssprecher Andreas Dienemann sei die Fehlfunktion der Batterie aber nur an einem Fahrzeug aufgetreten. Weil es die Anzeige bei vorangegangenen Tests ohne Fahrgäste aber nicht gab, seien alle vier Busse erst einmal vorsichtshalber aus dem Verkehr gezogen. Auch in Braunschweig und Mannheim, wo gleichfalls Busse mit dem Primove-System erprobt werden, habe es die Fehlfunktion bislang nicht gegeben. „Batterie und Ladesystem sind funktionsfähig“, betonte Bombardier-Sprecher Dienemann. Die Fehlfunktion müsse von externen Funktionen ausgelöst worden sein. Welche das sein könnten, sei noch unklar.

Kontaktloses Laden im Großen noch am Anfang

Bei der BVG scheint man bei der Fehlersuche inzwischen offenbar weiter zu sein. Laut Reetz habe der Schutzwiderstand an den Hochvoltanlagen versagt, der eine Überspannung bei den Batterien verhindern soll. Anders als herkömmliche Elektroautos werden die Speicher beim Primove-System nicht mit Strom aus der Steckdose, sondern induktiv – also kontaktlos - geladen. Dieses Prinzip wird im Kleinen schon seit Langem beim Aufladen elektrischer Zahnbürsten oder bei Wasserkochern praktiziert. Im Großen steht die Technik allerdings noch am Anfang. Müssen hier doch Hochleistungsbatterien, die etwa im Fall der E-Busse der BVG eine Kapazität von 90 Kilowattstunden haben, innerhalb weniger Minuten mit einer Spannung von 660 Volt aufgeladen werden.

Nun wollen die Spezialisten einen „Schütz“, also eine Art Sicherheitsschalter, zusätzlich einbauen, der eine Überladung und damit Schäden an der Batterie verhindern soll. Allerdings müssten die Teile erst einmal bestellt werden. „Ich bin mir nicht sicher, dass die Busse im Laufe dieser Woche wieder fahren“, so Reetz.

Da es sich um ein vom Bund im Rahmen des „Schaufensters Elektromobilität“ gefördertes Projekt handelt, das zudem von der TU Berlin wissenschaftlich begleitet wird, gebe es zudem hohe Anforderungen. „Alles muss genau untersucht und dokumentiert werden, das braucht Zeit“, so Reetz. Grundsätzlich habe die BVG mit derartigen Problemen gerechnet. „Das ist eine innovative Technik, die erst einmal unter Alltagsbedingungen gründlich erprobt werden muss.“ Genau deshalb sie der Probelauf der E-Busse auch auf mindestens ein Jahr angelegt.

Keine spürbaren Auswirkungen für Fahrgäste auf der 204

Für den Fahrgast hat der aktuelle Ausfall erst einmal keine spürbaren Auswirkungen. Wie auf allen anderen 150 Linien auch fahren auf der 204 normale Dieselbusse. Doch die BVG steht unter Zeitdruck. Hat doch Berliner Senat im Frühjahr ein Energiewendegesetzt auf den Weg gebracht. Zu den wenigen konkreten Beschlüssen gehört, dass die landeseigenen Verkehrsbetriebe verpflichtet wurden, ab 2020 nur noch abgasfreie Busse anzuschaffen.

Infrage kommen nach derzeitigem Stand dafür nur Fahrzeuge mit Wasserstoff- oder Elektroantrieb. Beides Technologien, die – mit Ausnahme der in Berlin nicht mehr gewünschten Oberleitungsbusse – derzeit weltweit nicht serienreif sind. Hybridbusse mit Strom- und Dieselantrieb, wie sie bereits in vielen Ländern erfolgreich fahren, kämen nach der Senatsvorgabe für die BVG nicht infrage.

Grüne kritisieren „Schaufensterpolitik“

Während die Vertreter der Regierungskoalition den Beschluss im Frühjahr ausdrücklich begrüßten, stieß er ausgerechnet bei den Grünen und den Umweltverbänden auf Kritik. Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, sprach damals von „Schaufensterpolitik“. Er sieht sich durch die aktuellen Probleme beim E-Bus-Test bestärkt. „Der Test ist wichtig und diesen Weg sollte die BVG auch weitergehen“, sagte Gelbhaar.

Doch wenn der Senat wirklich schnell etwas für ein besseres Klima tun will, sollte er besser mit der Berliner S-Bahn darüber verhandeln, dass sie mit „grünem“ Strom fährt. Während die BVG inzwischen nur noch Elektroenergie kaufe, der umweltfreundlich erzeugt werde, liege dieser Anteil bei der S-Bahn gerade einmal bei 25 bis 30 Prozent. Die aktuelle S-Bahn-Ausschreibung sehe lediglich vor, dass ab 2017 die Hälfte des Fahrstroms der Züge umweltfreundlich produziert werde. Auch sollte der Senat den Ausbau des Straßenbahnnetzes in der Stadt forcieren. „Die Straßenbahn ist ein extrem fortschrittliches und leistungsfähiges Transportmittel – und anders als der E-Bus technisch ausgereift“, so Gelbhaar.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat sich dafür ausgesprochen, ein größeres Augenmerk auf die Straßenbahn zu legen. Vor allem auf stark belasteten Hauptverkehrsstraßen sei es sinnvoller, Gleise zu bauen, auf denen die Bahnen am Stau vorbeifahren, statt weiter auf den Bus zu setzen, so Martin Schlegel vom Berliner BUND-Landesverband. Der BUND hatte unter anderem vorgeschlagen, über die Leipziger und die Potsdamer Straße hinweg eine Straßenbahntrasse zu bauen, die bis nach Steglitz führt. Berlins Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) hatte sich zu Beginn seiner Amtszeit auch für mehr Straßenbahn ausgesprochen. Konkrete Aktivitäten gibt es aktuell jedoch nur für eine etwa Kilometer lange Verlängerung der Tram vom Hauptbahnhof zur Turmstraße sowie einer Anbindung des Bahnhofs Ostkreuz an das Straßenbahnnetz.