Die Bahnen der beiden Metrolinien M8 und M10 fahren ab Sonnabend bis zum Hauptbahnhof. Seit vergangenem Dezember hält dort auch die M5.

Gegen 11.15 Uhr fährt eine Straßenbahn am Nordbahnhof ein, das ist zunächst mal nichts Neues. Neu ist: Zum ersten Mal ist hier für sie nicht Endstation. Stattdessen zuckelt sie weiter auf die Invalidenstraße, hält am U-Bahnhof Naturkundemuseum, am Invalidenpark und wenig später am Hauptbahnhof. Fahrzeit: sieben Minuten. Länge: 2,3 Kilometer. Kosten: 70,5 Millionen Euro. Willkommen auf Berlins neuer Straßenbahnverbindung.

Seit dem heutigen Sonnabend fahren die Linien M8 und M10 von Ahrensfelde beziehungsweise Warschauer Straße bis zum Hauptbahnhof. Im Dezember 2014 wurde bereits die Linie M5 vom Hackeschen Markt aus angeschlossen. „Wichtige Innenstadtbezirke sind damit optimal an den Fernverkehr angebunden“ sagt Berlins Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD). Ab sofort verkehren M8 und M10 alle zehn beziehungsweise sechs Minuten. Zur Feier des Tages packen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ihre Spendierhosen aus: Am Sonnabend darf man ohne Fahrschein beide Linien benutzen.

Barrierefreie Tram Ende 2017

Die Freude bei den Verantwortlichen ist groß – und die Erleichterung. Denn eigentlich sollte die Strecke schon 2006 in Betrieb gehen. Alles Schnee vom vergangenen Jahr. „Wir erwarten mindestens 20.000 Fahrgäste täglich“, sagt BVG-Chefin Sigrid Nikutta. Sie werden in den modernen Flexity-Zügen des Herstellers Bombardier transportiert. Das Fahrzeug, das die BVG am Freitag für die Jungfernfahrt einsetzt, ist das 100. seiner Art. Bis Ende 2017 sollen es 142 sein, dann ist die Flotte der BVG komplett barrierefrei.

Ebenfalls endlich fertig ist die umstrittene Tramhaltestelle am Hauptbahnhof. Die BVG wollte hier etwas Besonderes, lobte extra einen Architekturwettbewerb aus und investierte 1,5 Millionen Euro – deutlich mehr als üblich. Der Entwurf des Büros Gruber und Popp bestach durch seine auffällig geschwungenen Dächer. Sie sollen, passend zur Tram, die Kurve einer Stromamplitude symbolisieren. Beziehungsweise Taschentücher, mit denen man zum Abschied winkt.

Doch beim Bau traten Probleme mit dem Leichtbeton auf, der verwendet wurde, um den darunter liegen S-Bahnhof der künftigen S21 nicht zu sehr zu belasten. Als die Schale für den Beton entfernt wurde, kamen mehr als 20 Löcher zum Vorschein. Eine aufwändige „Betonkosmetik“ war nötig. „Sicher sagen manche, das Geld für die Haltestelle hätte man sich sparen können“, sagt Nikutta. „Doch für mich ist sie eine Attraktion.“

Verbindung vom Hauptbahnhof zur Turmstraße

Für Senator Geisel, der sich seit Amtsantritt für den Ausbau der Tram stark macht, ist die Strecke zum Hauptbahnhof ein „Schlüsselprojekt“. Eines, das fortgeführt werden soll. Noch dieses Jahr, so Geisel, werde ein Planfeststellungsverfahren für eine Verbindung vom Hauptbahnhof zum U-Bahnhof Turmstraße in Moabit gestartet. „Die Strecke soll 2020 eröffnen“, sagt Geisel. Er wisse, dass das ehrgeizig sei. Der Senat favorisiert dabei die sogenannte nördliche Variante, die über Invalidenstraße, Rathenower Straße und Turmstraße bis zum U-Bahnhof führt. Pläne, nach denen die Trasse über die Straße Alt-Moabit führen sollte, wurden verworfen. Hier hätte die Tram in zu großer Konkurrenz zum S-Bahnhof Bellevue gestanden.

Geprüft werden soll nun, wo genau die Gleise der neuen Strecke verlaufen könnten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Berlin (BUND) schlug zuletzt vor, die Tram am südlichen Straßenrand fahren zu lassen. Laut BUND würde dies zu einem geraden Gleisverlauf führen, der Lärm und Verschleiß minimiere. Außerdem sei das Umsteigen von der Straßenbahn in die U9 am U-Bahnhof Turmstraße schneller und einfacher. Allerdings würden bei dieser Variante Parkplätze wegfallen. Die Verkehrsverwaltung, die eine Trasse auf der Mitte der Straße favorisiert, sieht einen weiteren Nachteil: Es gebe nicht genug Platz für ausreichend Sicherheitsabstand.

Auch die Turmstraße soll nur eine Zwischenstation sein. Danach könnte es weitergehen, zum Mierendorffplatz und zur Jungfernheide. Die Forderung nach einer solchen Verlängerung formulierten am Freitag auch die Berliner Grünen. Ausnahmsweise sind sich Senat und Opposition hier mal einig.

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