In Barcelona wird jetzt noch lange euphorisch gefeiert werden, in Turin sicher eine ganze Weile schwer gelitten, das lässt sich auch nach einem großartigen Fußballspiel nun einmal nicht ändern. Und ein solches war das Champions-League-Finale im Berliner Olympiastadion. Nicht nur wegen der beeindruckenden Leistungen von Messi, Pirlo und ihren Mitspielern auf dem Rasen.
Auch das Publikum verbreitete eine Atmosphäre, die sogar die inzwischen in der Hauptstadt gewohnte, tolle Stimmung des alljährlichen DFB-Pokalfinales übertraf. Allein die gelungene Eröffnungszeremonie hat schon bei vielen Zuschauern Gänsehaut erzeugt. Sie zeigte Berlin als moderne, weltoffene, freundliche Metropole, die ihre Gäste mit offenen Armen empfängt. Als das, was sie sein will. Nicht nur der FC Barcelona konnte sich als Gewinner fühlen, auch der Fußball insgesamt und nicht zuletzt die Sportmetropole im Herzen Europas.
Selbst die enttäuschten Italiener, die sich zum ersten Mal auf den Weg nach Berlin gemacht hatten, werden ein gutes Gefühl mit nach Hause nehmen. Fast alles lief reibungslos, der Transport ins Stadion und zurück ins Zentrum. So wie es von Veranstaltungen in Deutschland erwartet wird. Es waren genügend Aufpasser in der Stadt verteilt, die unauffällig darauf achteten, dass die Stimmung an keinem Ort in Randale umschlug. Solcherlei Probleme gab es gar nicht. Bis auf ein paar Böller knallte nichts.
Die gelungene Veranstaltung ist andererseits keine Überraschung. Berlin hat immer wieder gezeigt, dass es großen Sport kann. Bis heute wird der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, dem Sommermärchen, entscheidender Anteil daran zugeschrieben, dass Deutschland und besonders Berlin im Ansehen der Welt so gewonnen haben. Seitdem haben sich die Einnahmen durch Touristen in der deutschen Hauptstadt potenziert. Gerade bei jungen Menschen ist Berlin angesagt. Das liegt nicht allein am Sport. Aber auch nicht zuletzt an ihm.
Dass es so lange gedauert hat, bis erstmals auch ein Finale der Fußball-Champions-League im Olympiastadion stattfand, ist erstaunlich genug. Und am ehesten damit zu erklären, welch bescheidene Rolle Hertha BSC im kontinentalen Fußballgeschehen spielt. Andere Verbände haben Berlin längst als perfekten Ort für Top-Events erkannt. Bei der Leichtathletik-WM 2009 wurden Zuschauerrekorde erzielt. Die EM wurde für 2018 an Berlin vergeben. Die Schwimmer Europas ermittelten 2014 ihre Besten in Berlin. Egal, in welcher olympischen Sommerdisziplin große Wettkämpfe anstehen, Berlin ist fast immer ein Bewerber mit guten Chancen.
Das liegt auch an der großen Sportbegeisterung der Berliner. Über 600.000 Mitglieder zählen die Vereine der Stadt, der Landessportbund ist die größte gemeinnützige Organisation im Land Berlin. Und besonders vielseitig. Mag die Hauptstadt im Fußball eine untergeordnete Rolle spielen, im Eishockey, Handball, Basketball, Volleyball, Wasserball, Tischtennis, Hockey – überall mischen Berliner Klubs in Deutschland an der Spitze mit. Und das oft vor Kulissen, die auch in Europa top sind, wie bei den Eisbären und Alba. Oder den BR Volleys, die zuletzt zum Champions-League-Final-Four fast 20.000 Besucher begrüßten. Die Teilnehmer waren begeistert. Eine gute Werbung für Berlin.
Barca gegen Juve war ein absoluter Höhepunkt, doch Pause macht der Sport in Berlin nicht. Ende Juni startet die WM der Modernen Fünfkämpfer, im September folgen Istaf, Marathon und die Basketball-EM mit Dirk Nowitzki. Im Januar haben die Volleyballer ihre Olympia-Qualifikation: in Berlin, wo sonst? Im Mai 2016 findet das Final Four der Basketball-Europaliga statt: zum zweiten Mal in Berlin. Fast vergessen: Sechstagerennen funktionieren fast nirgendwo mehr auf der Welt, in Berlin schon.
Es fällt schwer zu glauben, dass Olympische Spiele in Berlin nicht großartig geworden wären. Mal sehen, wann Hamburg endlich Fahrt aufnimmt.