Schlachtensee

Warum die Zehlendorfer auf den Hund gekommen sind

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Lorenz Vossen

Foto: Reto Klar

Hundehalter fühlen sich diskriminiert und sprechen von einer Alibiveranstaltung. Der Bezirk will dagegen Hunde von den Uferwegen von Schlachtensee und Krummer Lanke fernhalten.

Die Polizei hat sich draußen postiert, sicher ist sicher, „gibt ja nicht nur Hundefreunde“, murmelt einer der Beamten. Drinnen sind es dann aber die Hundefreunde, die aggressive Stimmung verursachen. Buhrufe, Zwischenrufe, höhnisches Gelächter. Elementarste Grundregeln des höflichen Umgangs werden missachtet. Die Hundefreunde sind auf Hundertachtzig.

Die Person, deretwegen sie am Mittwochabend maßgeblich zu diesem Bürgergespräch gekommen sind, ist daran nicht ganz unschuldig. „Ich möchte eigentlich keinen Kompromiss“, kündigt Bezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne) gleich zu Beginn der Veranstaltung im Henry-Ford-Bau der Freien Universität an.

Bei den rund 100 Hundefreunden kommt das gar nicht gut an. „Alibiveranstaltung!“ – „Wenn alles schon entschieden ist, warum sind wir dann hier?“ – „Rechtfertigungsveranstaltung!“ Die Moderatorin versucht die Situation zu retten: „Von einem entspannten Abend auszugehen, wäre wohl blauäugig gewesen.“ Der Eindruck drängt sich auf: In Steglitz-Zehlendorf sind alle auf den Hund gekommen.

Bezirk will schärfere Regeln an Gewässern

So ist das wohl, wenn es um den besten Freund des Menschen geht. Die Angelegenheit ist eigentlich simpel: Der Bezirk will die Spielregeln an seinen Prestigegewässern Schlachtensee und Krumme Lanke verschärfen. Zum Auftakt der Badesaison am 15. Mai sollen die Uferwege beider Seen für Hunde verboten sein. Dies wurde auf Initiative von Markl-Vieto beschlossen.

Der Bezirk beruft sich nach eigenen Angaben auf Gesetze, die bereits existieren und jetzt nur noch umgesetzt werden. Unterstützt wird der Vorstoß von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Von einem „gemeinsamen Vorhaben“ spricht Staatssekretär Christian Gabeler (SPD). Am Mittwochabend geht es den Verantwortlichen vor allem darum, ihre Gründe zu erläutern.

Senat will Auslaufgebiet um 4 Prozent verkleinern

Diese lauten: Das Hundeauslaufgebiet in Grunewald wird nur um vier Prozent auf 723 Hektar verkleinert. Damit ist es immer noch das größte in Europa. Der Senat investiert jedes Jahr 20 Millionen Euro für die Reinigung der Gewässer. Wenn weiter Hundekot ins Wasser geschwemmt wird, ist das rausgeschmissenes Geld. Und nicht zuletzt stören die Hunde im Schilf brütende Vogelarten, etwa Kuckuck-Pärchen, von denen es in Berlin nur noch 100 gibt. „Als das Hundeauslaufgebiet geschaffen wurde, war es ein Fehler, es bis zu den Uferwegen auszuweiten“, resümiert Michael Gödde, Referatsleiter Landschaftsplanung und Naturschutz des Senats.

Das klingt eigentlich vernünftig, reicht den Hundefreunden aber nicht. Sie zweifeln Zahlen und Fakten an. Und sie fühlen sich ausgegrenzt. Von „Diskriminierung“ spricht eine Vertreterin der Initiative Berliner Schnauze. „Es werden Entscheidungen getroffen, ohne dass mit den Betroffenen geredet wird.“ Es müsse möglich sein, Kompromisse wie das Anleinen der Hunde in Betracht zu ziehen, sagen andere. Der Bezirk sieht das nicht so. „Das freiwillige Miteinander an den Seen hat nicht funktioniert“, sagt Gödde.

Applaus für Mädchen mit Angst vor Hunden

Dafür gibt es Applaus von den Befürwortern der neuen Regelung, die sogar in der Überzahl sind. Das zeigt sich auch bei der abschließende Fragerunde. Hier treten die in den Vordergrund, die bisher eher zurückhaltend waren. Die Hundebesitzer seien aggressiv, sie würden sich nicht an Regeln halten. Ein kleines Mädchen sagt, dass es Angst vor den Hunden habe. Wieder Applaus.

Dann tritt ein älterer Herr vor, er erinnert Markl-Vieto an ihr Wahlversprechen, im Sinne der Bürger zu handeln. „Haben sie Ihr Wahlversprechen gebrochen und verraten?“, will der Mann wissen. Markl-Vieto: „Ich habe das Gefühl, dass ich im Sinne von mindestens der Hälfte der Menschen hier im Raum handele.“ Die Hundefreunde verstummen.