Leinenzwang

Der endlose Streit um das Ufer des Schlachtensees

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Katrin Lange

Foto: Reto Klar

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf informiert an diesem Mittwoch über das Hundeverbot. In einem Monat, vom 15. Mai an, soll es gelten. Das ist für die einen sicher, für andere aber noch längst nicht.

Keinen Zweifel an der Umsetzung des Freilauf-Verbots haben die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Christa Markl-Vieto (Grüne), Umweltstadträtin in Steglitz-Zehlendorf. Bedenken hingegen, dass das Verbot überhaupt durchgesetzt werden kann, äußert Bezirksstadtrat Michael Karnetzki (SPD). Seine Aufgabe wird es sein, die Mitarbeiter des Ordnungsamtes auf Kontrollen zu schicken.

Und dann ist da noch die Gruppe der 1700 Hundefreunde und -halter. Sie alle haben eine Online-Petition gegen das Hundeverbot unterschrieben und hoffen in letzter Sekunde auf einen Kompromiss.

Befürworter des Verbots wollen die Seen, die Ufer und die Badenden schützen, Gegner ihren Hunden weiterhin freien Lauf lassen. Sie werden am heutigen Mittwoch aufeinandertreffen. Die für das Verbot zuständige Stadträtin Christa Markl-Vieto hat zu einem Bürgergespräch um 19 Uhr in den Henry-Ford-Bau an der Garystraße 35 in Dahlem eingeladen. Sie wird mit Umweltstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) neben Vertretern des Bezirksamtes und Hundehaltern auf dem Podium sitzen.

Diskussion ist abgeschlossen

Für die Stadträtin ist die Debatte reine Verwaltungsroutine. Es sei im Verwaltungsgesetz vorgeschrieben, dass die Bürger angehört und informiert werden müssen, sagt Markl-Vieto. Ein Irrtum sei es hingegen, dass immer davon ausgegangen werde, dass die Bürger an dem Beschluss noch etwas ändern könnten. „Wir arbeiten seit fünf Jahren mit neun verschiedenen Abteilungen im Senat und im Bezirk an diesem Projekt“, sagt die Grünen-Politikerin. Im Moment gebe es keine Diskussion mehr. „Jetzt wird es so gemacht.“

Genau an diesem Punkt setzt die Kritik von Frank Kuehn an. Der Hundebesitzer aus Schlachtensee hat die Online-Petition gegen das Hundeverbot initiiert. Die Veranstaltung hält er für eine Farce. „Da soll der Eindruck einer ergebnisoffenen Diskussion erweckt werden, dabei gibt es überhaupt keinen Spielraum“, sagt der Unternehmer. Auch das geplante Hundeverbot bezeichnet er als „Nacht- und Nebelaktion, bar jeder demokratischen Grundlage“. Zwar gehe das Verbot auf einen Beschluss der Bezirksverordneten aus dem Jahr 2009 zurück. Aber das sei ein reiner Prüfauftrag gewesen. „Aus dem Prüfauftrag ist ein Beschluss geworden“, sagt Kuehn.

Suche nach einem Kompromiss

Mit seiner Firma bietet er Seminare zur Konfliktmoderation an. Er suche nicht Streit, sondern Lösungen, sagt er. Also Kompromisse. Kuehn schlägt einen saisonalen Leinenzwang vor, erweiterbar auch auf die Sonn- und Feiertage. Auch dem Badeverbot für Hunde stimmt er zu, „wenn es Trinkgelegenheiten gibt“. Die Bezirksstadträtin erteilt diesen Vorschlägen sofort eine Absage. „Bei der Länge der heutigen Leinen rennen die Hunde trotzdem über die Decken“, sagt Christa Markl-Vieto. Für Frank Kuehn bliebe also nur der Streitweg. Für diesen Fall bereite er bereits eine Klage gegen das Hundeverbot an den Uferwegen vor, sagt der Anwohner.

Ein ganz anderes Problem bei der Umsetzung des Hundeverbots sieht Bezirksstadtrat Karnetzki – er ist unter anderem für das Ordnungsamt zuständig, er muss die Einhaltung der neuen Regelung kontrollieren. „Ich kann das Mitbringen von Hunden nicht ahnden, wenn es keine eindeutige Rechtsgrundlage gibt“, sagt Karnetzki. Seine Erklärung: Das Verbot fußt auf dem Berliner Hundegesetz, in dem steht, dass das Mitbringen von Hunden an öffentliche Badestellen verboten ist. Senat und Bezirk hätten den Fehler gemacht, Badegewässer mit Badestellen gleichzusetzen.

An den Ufern beider Seen gibt es zwar einige Badestellen, aber auch Landschaftsschutzgebiete. Um die Hunde vom Ufer fernzuhalten, müssten beide Seen als öffentliche Badestellen deklariert und ausgeschildert werden. Das könnte im besten Fall die Schwimmer freuen, die künftig mehr Badestellen bekämen. Doch Karnetzki weist darauf hin, dass zum Beispiel in Schilfgürteln nicht gebadet werden darf. „Ich möchte nicht meine Mitarbeiter an den See schicken und Verwarnungsgeld kassieren, das dann vom Gericht kassiert wird“, sagt der Stadtrat. Noch habe er keine neue Beschilderung gesehen. Solange die fehle, könne er nicht kontrollieren.

Die Schilder seien im Druck, versichert Christa Markl-Vieto. Zusätzlich würden Pfähle in verschiedenen Farben an den Wegen die Orientierung erleichtern. Sie hofft, dass heute Abend auch „eine Menge Befürworter des Hundeverbots im Saal sitzen“.