„Mobile Helfer“

Bahnchef Grube trifft sich mit Obdachlosen vom Bahnhof Zoo

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Uta Keseling

Foto: Amin Akhtar

Geschäftsleute am Zoo planen, mit Wachdiensten gegen Obdachlose vorzugehen. Bahnchef Grube plädiert eher dafür „gemeinsam mit allen Beteiligten nach Lösungen zu suchen“. Er besuchte die Betroffenen.

Sie hatten eigens aufgeräumt für den hohen Besuch. Die Klamotten in Plastiksäcke gesteckt, das Fußballposter ordentlich an die Wand klebt, die Decken gefaltet. Nur auf das Bier wollten sie nicht verzichten, Matthias, Ruta und die anderen, die am Bahnhof Zoo auf der Straße leben. Sie nahmen Bahnchef Rüdiger Grube freundlich in Empfang, als der am gestrigen Donnerstag vorbei kam, um jene Menschen zu besuchen, deren Anwesenheit manch andere stört – Obdachlose.

Gerade haben Anrainer rund um den Bahnhof Zoo angekündigt, mit einem privaten Wachdienst gegen die Obdachlosenszene am Zoo vorgehen zu wollen. Sie beklagen zunehmenden Dreck, Vandalismus und Diebstähle. Mit einem Wachdienst allein sei es nicht getan, sagt Grube. „Man sollte Obdachlose nicht vertreiben, sondern gemeinsam mit allen Beteiligten nach Lösungen suchen.“

Die Wohnungslosen, mit denen sich Grube traf, leben an den Gleisen in der Grünfläche hinterm Bahnhof Zoo. Tag und Nacht donnern die Züge vorbei. Doch sie wollen hier bleiben, sagen sie, sie seien eine „Familie“, auch wenn sie sich erst seit kurzem kennen. Um die Ecke liegt die Bahnhofsmission, wichtige Anlaufstelle für Menschen ohne Wohnung.

„Mobile Einzelfallhilfe“ betreut Obdachlose individuell

Bis zu 600 Bedürftige werden hier pro Tag mit Essen, Getränken und Kleidung versorgt. Doch eines fehlte bisher, sagt Dieter Puhl, Leiter der Bahnhofsmission: „Um Menschen wirklich von der Straße zu helfen, muss man sie oft lange und persönlich betreuen.“ Das Treffen am Zoo sollte auf die „Mobile Einzelfallhilfe“ der Bahnhofsmission aufmerksam machen, die genau dies leistet. Unterstützt wird sie durch die Deutsche Bahn Stiftung, deren Beirat Grube ist. Am Zoo kümmern sich „mobile Helfer“ um Menschen wie Ronny, 28.

Im Frühjahr hat er eine Entgiftung gemacht, „Alkohol und THC“, berichtet er Grube, als der sich zu ihm auf die Matratze hockt. Doch Ronny hat die Therapie abgebrochen. Grube nickt nur und fragt: „Wann hast du angefangen, Alkohol zu trinken?“ - „Als meine Eltern sich trennten.“ Der Mann im weißen Hemd und der Junge mit der roten Irokesenfrisur schauen sich einen Moment an, ohne Worte. Zuvor hatte Grube erzählt, dass auch die Trennung seiner Eltern einen tiefen Einschnitt in seinem Leben bedeutete. „Ich hatte zum Glück eine Mutter, die mich lehrte, nie aufzugeben.“

Über die Obdachlosen am Zoo veröffentlicht die Berliner Morgenpost ein Buch: „Unsichtbar – Vom Leben auf der Straße“, soll im Oktober erscheinen.