Die langjährige Ausländerbeauftragte des Berliner Senats, Barbara John, hat das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg für seinen Umgang mit Flüchtlingen auf dem Oranienplatz und in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule scharf kritisiert.
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Das von Grünen-Politikern dominierte Bezirksamt hätte den Flüchtlingen von vornherein mit aller Klarheit sagen müssen, dass es ihre Forderungen nach einem pauschalen Bleiberecht nicht erfüllen kann, sagte Barbara John der Berliner Morgenpost. Am Sonnabend demonstrierten mehr als zweitausend Unterstützer aus der linken Szene für einen dauerhaften Aufhalt der Flüchtlinge.
Die Aufnahme von Flüchtlingen, so die ehemalige Ausländerbeauftragte John, sei „ein sensibles und komplexes Thema“. Das auf eine Situation zuzuspitzen wie nun in Kreuzberg, sei sehr gefährlich. „Wohin das führen kann, haben wir alle gesehen. Zum Schluss ging es nur noch darum, die Flüchtlinge davon abzubringen, vom Dach zu springen und Selbstmord zu begehen“, sagte John, die Mitglied der Berliner CDU und derzeit Landesvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist. Das „System Kreuzberg“ sei ein abschreckendes Beispiel dafür, wie es genau nicht laufen dürfe.
John monierte auch die am Mittwochabend erzielte Einigung zwischen den Besetzern der Schule und dem Bezirksamt: „1800 Polizisten pro Tag mussten mehr als eine Woche dazu beitragen, dass Flüchtlinge innerhalb eines Hauses einen Umzug durchführen. Und das kostet dann auch noch fünf Millionen Euro. Das ist alles kaum zu fassen.“ Wie berichtet waren mehr als 200 Flüchtlinge, Obdachlose und Roma aus der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule vor rund zwei Wochen freiwillig ausgezogen. Sie wurden in Unterkünften in Charlottenburg und Spandau untergebracht und erhalten nun auch finanzielle Leistungen. Rund 40 Flüchtlinge weigerten sich jedoch, die Schule zu verlassen. Am vergangenen Mittwoch erlaubte das Bezirksamt schließlich, dass sie weiter in der Schule bleiben können. Das Gebäude selbst soll nun saniert und zu einem Flüchtlings-Zentrum ausgebaut werden.
Flüchtlinge ohne Anspruch auf finanzielle Hilfen
Die in der Schule verbliebenen Flüchtlinge haben nach Ansicht von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) keinen Anspruch auf finanzielle Hilfe über das Asylbewerberleistungsgesetz. Weil sie nicht wie vereinbart die Schule verlassen hätten, um in andere Unterkünfte umzuziehen, werde man sie nicht unterstützen, sagte Czajas Sprecherin Constance Frey am Sonnabend. Bei dem Kompromiss handele es sich „um die verlängerte Duldung einer Besetzung“, betonte sie. Der Sprecher von Bezirksbürgermeistern Monika Herrmann (Grüne), Sascha Langenbach, sagte am Sonnabend zur Haltung des Senats: „Die einen sehen es so, die anderen so.“ Die Flüchtlinge müssten Unterstützung bekommen, egal ob sie in Charlottenburg, Spandau oder in Kreuzberg lebten. Die zuständigen Politiker müssten nochmals darüber reden, sagte er.
Wenig Verständnis für die Haltung des Bezirksamts zeigt dagegen die ehemalige Ausländerbeauftragte John. In der besetzten Hauptmann-Schule hätten über Monate unerträgliche hygienische Verhältnisse geherrscht, ein Mensch sei zu Tode gekommen, betonte sie. Das alles sei jetzt mit dem Namen des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg verbunden. „Das Bezirksamt ist gescheitert und hat auch Schuld auf sich geladen“, sagte John. Sie war an den Verhandlungen zwischen dem Senat und den Flüchtlingen vom Oranienplatz beteiligt gewesen, die in einer Einigung mündeten. Den Flüchtlingen wurden Unterkünfte und eine umfassende Prüfung ihrer Asylanträge zugesagt.