City West

Der Breitscheidplatz soll kein Rummelplatz mehr sein

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Brigitte Schmiemann

Foto: Sergej Glanze / Glanze

Das Aufräumen soll weitergehen: Nachdem die Buden vor der Gedächtniskirche verschwinden mussten, soll das jetzt auch für die Plastikstühle und bunten Sonnenschirme auf dem Breitscheidplatz gelten.

Im Auftrag des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf hat ein Stadtplaner die Plätze in der und um die City West unter die Lupe genommen – und Vorschläge gemacht, wie man Hardenberg-, Wittenberg-, Nollendorf- und eben auch den Breitscheidplatz schöner machen kann.

Für Letzteren soll bis Ende des Jahres eine Liste mit verbindlichen Qualitätskriterien vorliegen. Der Bezirk will zum Beispiel regeln, welche Veranstaltungen dort auf welcher Fläche stattfinden dürfen. Auch für die Sitzmöbel wird ein Positiv-Negativ-Katalog erarbeitet. Zusammen mit den Unternehmen und Hauseigentümern am Breitscheidplatz werden die Festlegungen in einem sogenannten „Dialogverfahren“ herausgearbeitet. Es gab bereits mehrere Treffen. Am Schluss, voraussichtlich Ende des Jahres, sollen dann die Bezirksverordneten über die neuen Kriterien entscheiden.

Weniger Sondernutzungen

„Die Zahl der Sondernutzungen soll in Zukunft konsequent begrenzt werden“, kündigte Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) im jüngsten Ausschuss an. Stadtplaner Urs Kohlbrenner vom Büro „Planergemeinschaft“, das vom Bezirk mit der Untersuchung beauftragt ist, stellte die ersten Überlegungen vor. Der Breitscheidplatz sei neben dem Gendarmenmarkt und dem Pariser Platz der bedeutendste Platz in der Stadt und das Zentrum der City West.

Er habe eine Vernetzungsfunktion für die Einkaufsmeile Tauentzien, die weiter wachsen werde, für den Kurfürstendamm und den Zoo. „Veranstaltungen sollten nicht die Hauptnutzungsart dieses Platzes sein. Zwei Drittel der Zeit gehört der Platz der Stadt, ein Drittel den Veranstaltungen“, schlägt der Stadtplaner vor.

Im vergangenen Jahr hingegen habe es an 150 Tagen Veranstaltungen dort gegeben. Der Bezirk hatte sie genehmigt. Dabei präge doch die Gedächtniskirche den Platz. Die bekäme jedoch immer öfter Konkurrenz – etwa durch die Weihnachtspyramide, die den Fokus von dem Kirchturm ablenke.

Weihnachtsmarkt soll bleiben

Gewerbliche Werbepräsentationen sind auf dem Breitscheidplatz schon jetzt nicht erlaubt. Und alle seien sich grundsätzlich einig darüber, dass er weniger oft bespielt werden sollte, sagte Schulte. Schwierig sei es allerdings übereinzukommen, welche Veranstaltungen wegfallen. Überlegt werde auch, ob die Flächen für Veranstaltungen reduziert werden könnten.

Der Weihnachtsmarkt sowie zwei weitere größere Jahrmarkt-Veranstaltungen (Summer in the City und die Präsentation der Regionen) sind laut Schulte von den Überlegungen ausgenommen. Es werde sogar darüber nachgedacht, die Budapester Straße beim nächsten Weihnachtsmarkt einzubeziehen. „Eine gute Anregung, auch wenn ich nicht weiß, ob wir so mutig sein werden“, sagte Schulte. Beim Bikinihaus sei der Vorschlag trotz der dann nötigen Sperrung der Budapester Straße bereits auf Zustimmung gestoßen.

Passend zum Profil verändern

Die AG City, die sich an der Erarbeitung neuer Kriterien so wie die anderen Anrainer mit der Behörde und dem Planungsbüro beteiligt, warnt unterdessen davor, das bunte Treiben auf dem Breitscheidplatz überzuregulieren. „Auch für uns ist es zwar wichtig, dass mehr Qualität auf den Platz kommt. Aber wir haben auch schon qualitativ gute Veranstaltungen“, sagt Vorstandsmitglied Uwe Timm.

Nach Einschätzung von Stadtplaner Kohlbrenner, der bei seiner Untersuchung auch die anderen Plätze im Umfeld untersucht hat, sollten sie entsprechend ihres Profils verändert werden. „Es wäre Quatsch, auf dem Hardenbergplatz den Weihnachtsmarkt zu veranstalten. Und der Breitscheidplatz eignet sich nicht dazu, die Gemütlichkeit aus dem Schwarzwald zu zeigen“, führte er in seinem Vortrag aus.

Sorgenkind Hardenbergplatz

Und auch wenn der Wittenbergplatz generell für Märkte stehe, würde es schon aus Platzgründen nicht funktionieren, dort den Weihnachtsmarkt zu veranstalten. Der Ernst-Reuter-Platz werde nie eine hohe Aufenthaltsqualität haben, der Steinplatz verdiene eine „harmlose Aufwertung“ und könne ein Schaufenster für die Universität der Künste werden.

Am nötigsten hat laut Kohlbrenner der Hardenbergplatz eine Neugestaltung. Drei Büros sollen deshalb jetzt für den Bezirk Ideen entwickeln, wie die Busse, Autos, Taxis, Radfahrer und Fußgänger dort am besten organisiert werden. Die Jebensstraße wird dabei einbezogen.

Auch die Anbindung an den Zoo und der Weg in den Tiergarten spielen eine Rolle. „Konzept-Vertiefungsstruktur“ heißen die Vorschläge, die die Büros entwickeln sollen. Übrigens ohne Tiefgarage. Die sei vom Tisch, sagt Schulte. Genauso wie seine Idee, den Weltkugelbrunnen auf dem Breitscheidplatz zu entfernen, das Loch zuzuschütten und für das Europa Center ein neues Entree zu schaffen.

Debatte um Brunnen beendet

Eine Protestwelle über die Fraktionsgrenzen hinweg hatte die Debatte beendet. Das „Loch“ vermietet der Bezirk als Außengastronomiefläche an das dortige Restaurant, das die roten Schirme und weißen Plastikstühle aufstellt. „Die gehören da nicht hin, die haben da nichts zu suchen“, kritisiert Stadtplaner Kohlbrenner.

Bereits seit Ende 2009 existiert ein Nutzungs- und Gestaltungsstatut für den Breitscheidplatz, das den Weihnachtsmarkt und zwei weitere große Jahrmärkte als gesetzt akzeptiert, doch die Regelungen sollen jetzt weiter ausgebaut werden. Auch für die Kirche, die sich durch die vielen Veranstaltungen benachteiligt sehe, müsse noch eine Lösung gefunden werden, sagt Schulte.

Der Einwand der Kirche, dass sie das Denkmal ist, das den Breitscheidplatz bekannt macht und die Buden jedoch die Besucherzahlen der Kirche reduzierten, stimme. Die Buden böten der Kirche allerdings auch die Möglichkeit, auf ihrem Podest an solchen Tagen selbst Buden zu vermieten, die Einnahmen erbringen.

Pläne für Mittelstreifen

Tempelhof-Schöneberg ist bei der Diskussion beteiligt, wie die Plätze verschönert werden können. Der Wittenberg- und Nollendorfplatz befinden sich in Schöneberg und sollen als Entree zur City West verschönert werden. „Wir wollen vor allem auch die Strecke zwischen den beiden Plätzen beleben“, sagte Stadtentwicklungsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne).

Die BVG plane, die Tunnel zwischen den beiden Bahnhöfen zu sanieren. Das biete eine gute Chance, die Strecke neu zu gestalten. Zwei Förderanträge aus dem Programm „Aktive Zentren“ seien dazu bereits bewilligt worden, so Klotz. 1,5 Millionen Euro stünden zur Verfügung, um den Mittelstreifen und die Gehwege der Kleiststraße zwischen Wittenbergplatz und An der Urania umzugestalten. Die BVG plane im kommenden Jahr dort die Tunneldeckensanierung, sodass im Anschluss daran die Aufwertung folgen könnte. Laut Klotz beteiligt sich die BVG an den Kosten.

Auch der Abschnitt bis zum Nollendorfplatz soll möglichst aufgewertet werden. Für den Nollendorfplatz sei zudem eine Studie beauftragt, wie er so umgebaut werden kann, damit er als Platz überhaupt wieder erlebbar wird. Momentan sei er ja nur durch überdimensionierte Verkehrsadern gekennzeichnet.