Vor dem Bundestagswahlkampf sind sich CDU und SPD in vielen Punkten uneinig. Ein Gespräch mit CDU-Fraktionschef Florian Graf über höhere Löhne für Beamte, Wasserpreise und Energieversorgung.

Gerade haben Florian Graf und Raed Saleh von der SPD das zweite Vorhabenpaket der Koalition im Abgeordnetenhaus vorgestellt. Die beiden Fraktionschefs schoben ihrem „Herbst der Entscheidungen“ von letztem Jahr noch Pläne für Wohnungsneubau, mehr Sicherheit an Schulen und Lehrerausbildung hinterher. Angesichts der bevorstehenden Haushaltsberatungen und des Bundestagswahlkampfes gehen nun die Forderungen von SPD und CDU wieder auseinander.

Berliner Morgenpost: Herr Graf, im öffentlichen Dienst rumort es. Gerade gab es Warnstreiks der Lehrer, und auch die Beamten wollen ihre Besoldung endlich angeglichen haben an das Niveau anderer Bundesländer. Haushaltsberatungen stehen an. Was können Sie den Beamten versprechen?

Florian Graf: Ich habe großes Verständnis für die Forderungen der Beamtinnen und Beamten. Die CDU-Fraktion unterstützt den Innensenator bei seinem Ansatz, zu einer Angleichung zu kommen. Wichtig ist, dass die Beamten schnell eine verlässliche Perspektive bekommen. Die CDU will die Beschlüsse der Tarifgemeinschaft der Länder als Grundlage nehmen und einen halben Prozentpunkt drauflegen, um in Schritten zu einer Anpassung zu kommen. Das würde für 2014 einen Abschluss von 3,45 Prozent bedeuten.

Der Finanzsenator und die SPD sind bisher nicht bereit, so viel draufzulegen. Worauf legen Sie sich für die Verhandlungen fest? Gibt es auf alle Fälle eine Drei vor dem Komma?

Wir warten jetzt auf den Vorschlag des Finanzsenators. Am Ende wird es in dieser Frage noch Bewegung geben, da bin ich ganz zuversichtlich.

Was ist die Verhandlungsmasse? Was bieten Sie der SPD im Gegenzug an? Bisher hat sie sich nicht bewegt, obwohl Sie schon mehrfach über das Thema verhandelt haben.

Es gibt auch Stimmen aus der SPD, die das gleiche Verständnis für die Forderungen der Beamten haben wie wir. Der Senat wird bis zur Sommerpause einen Vorschlag im Rahmen des Haushaltsentwurfs machen. Parlament und auch Koalitionsfraktionen werden darüber beraten, und am Ende wird es mit dem beschlossenen Haushalt eine Antwort für die Besoldungsgröße 2014 geben. Unser Vorschlag steht jedenfalls.

Gar keine Bewegung gibt es bei der Frage der Lehrer. Der Finanzsenator hat deutlich gemacht, dass er nicht bereit ist, das Thema Verbeamtung anzugehen, ebenso wenig die finanzielle Besserstellung der angestellten Lehrer. Will die CDU auf die Lehrer zugehen, oder sind die Warnstreiks überflüssig?

Ich habe wenig Verständnis für die Warnstreiks, weil sie zu einer Zeit kommen, in der die Schüler stark belastet sind mit Prüfungen. Die Verbeamtung der Lehrer ist eine richtige Forderung. Wir haben im Koalitionsvertrag mit der SPD zwar etwas anderes vereinbart, aber ich glaube nach wie vor, der Wettbewerb um die Lehrer mit anderen Regionen lässt sich ohne Verbeamtung langfristig nicht bestehen. Wir werden sehen, ob der Wiedereintritt in die Tarifgemeinschaft der Länder 2017 da Bewegung gibt. Ein Drehtüreffekt – hier ausbilden, in Brandenburg verbeamten und dann retour – macht keinen Sinn.

Die CDU möchte zudem Personal bei Feuerwehr, Polizei und Objektschutz aufstocken. Was wird das kosten?

Wir stehen vor der großen Herausforderung, die Zukunft des öffentlichen Dienstes zu beschreiben und Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Altersfluktuation in den nächsten Jahren ist enorm. Meine Fraktion hat gerade ein Personalentwicklungskonzept aufgelegt, das diesem Problem Rechnung trägt. Der Bereich der inneren Sicherheit ist Schwerpunktthema der CDU für die Haushaltsberatungen: 250 neue Polizisten waren ein guter Anfang, aber noch nicht das Ende. Die Überstunden im Objektschutz zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist. Am Ende gilt für uns aber auch, den Weg der Haushaltskonsolidierung fortzusetzen. Wir wollen 2015 einen ausgeglichenen Haushalt. Aber solide sagen, wo man Umschichtungen machen möchte, können wir erst, wenn wir den Haushaltsvorschlag vom Senat haben.

Aber wenn man 3,45 Prozent mehr Besoldung, 150 neue Polizisten und 100 neue Feuerwehrleute fordert, muss man doch wissen, wo dafür eingespart werden könnte.

Der höhere Besoldungsabschluss kostet 40 Millionen Euro. Die zusätzlichen Stellen sind erst einmal ein kleinerer Betrag, die Kräfte müssen ja erst noch ausgebildet werden.

Wo gibt es Sparpotenzial?

Ich sehe da Möglichkeiten durch Umbau und Vereinfachung in der Verwaltung und durch kritisches Controlling im Zuwendungsbereich. Aber auch das Stichwort Mehreinnahmen durch Steuerkontrolle beziehe ich mit ein.

Werden Sie von der SPD den Verzicht auf die Landesbibliothek fordern? Von der CDU kamen dazu zuletzt kritische Töne.

Wenn Sie mich nach Prioritäten fragen, ist ein Neubau der Landesbibliothek ein Thema der weiteren Zukunft.

Beamtenbesoldung first sozusagen?

Ja, ich halte die Beamtenbesoldung für ein prioritäres Thema und ein berechtigtes Anliegen.

Sie haben mit der SPD gerade den sogenannten Frühling der Entscheidungen angeschoben. Was ist eigentlich mit den Entscheidungen vom Herbst passiert? Wie hat der Senat zum Beispiel den Auftrag der Regierungsfraktionen umgesetzt, Investoren für das ICC zu finden?

Die Regierungsfraktionen haben mit ihren Entscheidungen die Richtung vorgegeben, und der Senat wird mit der Umsetzung folgen. Beim ICC ist es so, dass die Wirtschaftssenatorin einen Fahrplan vorgelegt hat.

Die Opposition hat Ihnen vorgeworfen, Sie würden das Thema nur vertagen. Welchen Unterschied hat das Wirken der Koalitionsfraktionen für das ICC bisher gemacht? Es gibt noch keine Lösung für das ICC.

Unsere Entscheidung war ein Durchbruch: Wir stellen bis zu 200 Millionen Euro für die Sanierung zur Verfügung. Außerdem haben wir uns gelöst von der Fixierung auf eine reine Kongressnutzung. Wir sind offen für Mischkonzepte im Interesse des Kongressstandortes.

Sie sagen, Sie geben die Richtung vor, der Senat setzt um. Wann setzt er denn die geforderte Senkung der Wasserpreise um, die besonders von der CDU proklamiert wurde?

Die Wasserkunden bekommen mit der Abrechnung 2012 eine Gutschrift, insgesamt werden jetzt und im kommenden Jahr so jeweils 60 Millionen Euro zurückgezahlt. Das entspricht einer Rückzahlung von rund 15 Prozent des Wasserpreises pro Jahr.

Aber das ist eine Rückzahlung, keine Senkung für die Zukunft.

Wir halten unseren Beschluss, die Wasserkunden zu entlasten, ein. Alles Weitere wird man sehen, wenn sich die Zukunft der Wasserbetriebe entscheidet. Auch ist noch ein Urteil über den Tarif anhängig. Am Ende muss es aber langfristig zu einer Entlastung kommen. Wir wollen auf jeden Fall nach dem Verkauf der RWE-Anteile an das Land nicht noch einmal 650 Millionen Euro für das Knapp-25-Prozent-Paket von Veolia aufbringen. Es geht hier schließlich um Steuergeld. Und: Ein größeres Engagement Berlins bei den Wasserbetrieben muss vor allem zu einer weiteren Entlastung der Verbraucher führen.

Sie wollten außerdem ein Stadtwerk gründen für die Energieversorgung. Warum hört man davon nichts?

Es geht um Strom und Gas. Da sollen im diskriminierungsfreien Wettbewerb die Konzessionen vergeben werden. Bei Gas ist das auf dem Weg, bei Strom steht es bevor. Für das Stadtwerk gibt es im Senat offenbar noch Fragen der Rahmenbedingungen zu klären. Zum Beispiel geht es darum, einen Businessplan vorzulegen, denn das Ganze macht nur Sinn, wenn es sich wirtschaftlich rechnet.