Die Parkraumbewirtschaftung in Prenzlauer Berg könnte schon bald unrentabel für den Berliner Bezirk Pankow sein – das befürchtet zumindest der Bezirksstadtrat für Bürgerservice, Torsten Kühne (CDU). Bislang sind die Einnahmen ein gutes Geschäft. Der Bezirk macht einen Gewinn in Millionenhöhe.
Das liegt vor allem an den sogenannten Knöllchen, die die Kontrolleure für unerlaubtes Parken in den Zonen 41, 42 und 43 verteilen. Denn dort liegen die Szenegebiete wie Helmholtzplatz und Kollwitzplatz, mit vielen Kneipen und Cafés. Doch es ist wahrscheinlich, dass der Senat demnächst diese Bußgeld-Einnahmen als selbstverständlich ansieht und sie zur Vorgabe für Pankow macht.
In diesem Fall bekommt der Bezirk weniger Geld vom Land als bisher für sein Budget zugewiesen – weil er ja mehr einnimmt. Die Vorgaben zu den Einnahmen des Bezirks, so Kühne, seien zuletzt 2010 festgelegt worden. Erst im Oktober 2010 ging jedoch die Parkraumbewirtschaftung an den Start. Ihre Ergebnisse konnten damals noch nicht berücksichtigt werden.
Senat hängt die Latte höher
Auch jetzt noch sei der Bezirk in der erweiterten Einführungsphase der Parkzonen. Doch nicht mehr lange. Das nächste Mal würden die Einnahme-Vorgaben vom Senat im Jahr 2014 neu berechnet, so Kühne. „Wenn Pankow dann das eingenommene Buß- und Verwarngeld von der Zuwendung abgezogen bekommt, dann würde dem Bezirk de facto nichts davon übrig bleiben.“
Andere Bezirke, die schon länger eine Parkraumbewirtschaftung haben, müssen bereits mit dieser Vorgabe zurechtkommen. „Es würde mich wundern, wenn Pankow davon ausgenommen wird“, sagt Mittes Stadtrat Carsten Spallek (CDU). Die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung könne der Bezirk nur anfangs als zusätzlichen Gewinn verwenden.
Dann werde die Latte vom Senat jedoch höher gehängt. „Wenn man fünf Millionen eingenommen hat, werden die Einnahmevorgaben für die Zukunft um fünf Millionen Euro erhöht.“ Wenn man dieses Einnahmeziel schaffe, sei es gut. Wenn man dann aber im Folgejahr nur vier Millionen Euro erziele, „dann muss man zusehen, wo man die fehlende Million herbekommt“.
34,4 Millionen Euro Einnahmen
Im vergangenen Jahr haben die Berliner Bezirke 34,4 Millionen Euro aus Buß- und Verwarngeld von Autofahrern eingenommen. 19 Millionen Euro davon gehen auf Knöllchen aus den Parkzonen zurück. Für jeden Bezirk werde in einer Vorgabe festgelegt, was an Einnahmen aus Bußgeldbescheiden zu erwarten sei, teilte ein Sprecher der Senatsfinanzverwaltung mit. Diese Vorgabe orientiere sich an den tatsächlichen Einnahmen des Vorvorjahres. „Für 2013 sind das die Einnahmen des Jahres 2011.“ Pankow sei in diesem Jahr noch nicht davon betroffen.
Die finanzielle Bilanz der Parkzonen in Prenzlauer Berg von 2012 lautet: 2,8 Millionen Euro kamen aus den entrichteten Parkgebühren in die Kasse des Bezirks und 4,6 Millionen Euro aus dem Bußgeld der Autofahrer. Die Personalkosten für die Kontrolleure des Ordnungsamtes lagen bei rund drei Millionen Euro. Wenn der Senat künftig dem Bezirk 4,6 Millionen Euro weniger im Budget zur Verfügung stellen würde, dann würde die Parkraumbewirtschaftung ein Zuschussgeschäft für den Bezirk.
Die Zahl der Ordnungskräfte zu reduzieren, also seltener zu kontrollieren, habe wenig Sinn, meint Stadrat Kühne. Bislang wird jeder Stellplatz in den Parkzonen 41,42 und 43 alle zwei bis drei Stunden kontrolliert. Mehr als 60 Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind dafür im Einsatz, in zwei Schichten. Die Parkgebühr ist von Montag bis Sonnabend, jeweils 9 bis 24 Uhr, zu entrichten. „Parkraumbewirtschaftung macht nur Sinn, wenn man diese hohe Kontrolldichte hat.“
Wenn nur noch die Hälfte des Personals eingesetzt werden könnte, sagt Stadtrat Kühne, dann könne man vielleicht nur noch zwei Mal am Tag kontrollieren. Die Motivation der Autofahrer, überhaupt noch einen Parkschein zu ziehen, werde sehr schnell sinken. „Dann wird erfahrungsgemäß noch weniger in die Automaten eingezahlt.“ Auch die Bußgeld-Einnahmen würden sinken, weil weniger Knöllchen geschrieben werden. „Dann würden sich die Parkzonen nicht rechnen, wir müssten sie eigentlich wieder abschaffen.“
Doch das fachliche Ziel der Parkraumbewirtschaftung sei erreicht worden, so der Stadtrat. Anwohner in den Parkzonen finden leichter einen Parkplatz, seitdem die Gebührenpflicht eingeführt wurde. Weniger Berufspendler lassen ihr Auto stehen. Weniger Fahrer rollen auf der Suche nach einem Stellplatz mit ihrem Fahrzeug durch die Straßen im Kiez. „Der Sinn der Parkzonen liegt nicht darin, Gewinn zu machen.“
Aus Sicht des Senats solle sich die Parkraumbewirtschaftung in den Bezirken nur aus den Gebühren für Parkscheine und den Vignetten finanzieren, sagt Stadtrat Kühne. „Das funktioniert in Prenzlauer Berg nicht.“ Denn dort gehören die meisten geparkten Autos Anwohnern, die keine Gebühr zahlen, weil sie eine Vignette haben.
Nur rund 30 Prozent betrage der Anteil von Touristen und auswärtigen Besuchern. Andere Bezirke wie Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf hätten höhere Einnahmen aus den Automaten, meint Kühne. Weil dort mehr auswärtige Besucher parken, etwa am Potsdamer Platz, Gendarmenmarkt oder Zoologischen Garten.
Bezirk muss Altschulden abbauen
Ein Minus im Bezirkshaushalt durch die Parkraumbewirtschaftung kann sich Pankow als hoch verschuldeter Bezirk nicht leisten. Man müsse immer noch Altschulden, die aus der Vergangenheit stammen, abbauen, sagt Kühne. Auch dazu seien die Einnahmen aus den Bußgeldbescheiden verwendet worden. „Das Land hätte nichts davon, wenn wir das nicht mehr weiter machen können.“
Fraglich wird auch die Wirtschaftlichkeit der neuen Parkzonen 44 und 45, die seit Anfang April dieses Jahres in Prenzlauer Berg gelten. Eine Million Euro an jährlichem Gewinn erhofft sich der Bezirk daraus – doch auch diese Einnahmen werden in einigen Jahren vom Senat als Vorgabe erhoben.
Um diese Summe würde sich die Zuwendung des Landes reduzieren. Fraglich ist ebenfalls, wie Autofahrer auf die verränderten Gebühren reagieren. Das Bußgeld für den fehlenden Parkschein ist zum 1. April von fünf auf zehn Euro erhöht worden.