Nahverkehr

S-Bahn will Personal von weiteren 50 Bahnhöfen abziehen

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Thomas Fülling

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Künftig können sich die Lokführer selber das Signal zur Abfahrt geben. Die S-Bahn will nur noch 20 Stationen im gesamten Netz ständig mit Aufsichten besetzen. Der Fahrgastverband hält das für falsch.

Schon heute ist mehr als die Hälfte der 166 Bahnhöfe der Berliner S-Bahn nicht ständig mit Bahnpersonal besetzt. Nun droht ein weiterer Kahlschlag bei den Aufsichten.

Weitere 50 Stationen will die S-Bahn in den kommenden Monaten technisch so umrüsten lassen, dass der Lokführer sich selbst das Abfahrtssignal geben kann.

Danach sei eine ständige Besetzung der Bahnhöfe betriebstechnisch nicht mehr notwendig, so die S-Bahn-Führung. Lediglich 20 Stamm-Aufsichten soll es in Zukunft noch im gesamten Netz der Berliner S-Bahn noch geben.

Der Berliner Fahrgastverbandes Igeb lehnt indes einen weiteren Abbau von Personal auf den Bahnhöfen strikt ab. Damit werde „der völlig falsche Weg“ eingeschlagen, sagte Igeb-Sprecher Jens Wieseke. Sowohl für einen möglichst reibungslosen Zugbetrieb, als auch für das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste sei eine ständige Vor-Ort-Präsenz von S-Bahn-Mitarbeitern. „Das sind in aller Regel ausgebildete Eisenbahner, die etwa im Störungsfall auch mal schnell eingreifen und einen Pendelverkehr organisieren können“, so Wieseke. Nicht weniger, sondern mehr Personal sei auf den Bahnhöfen erforderlich.

Möglich wird die Schließung weiterer Bahnhofsaufsichten erst durch ZAT-FM (Zugabfertigung durch den Triebfahrzeugführer über Fahrzeugmonitor). Insbesondere bei Stationen mit gekrümmten Bahnsteigen erfolgt derzeit die Zug-Abfertigung noch durch einen Bahn-Bediensteten, der für einen besseren Überblick meist in der Mitte des Perrons steht. Über eine kleine gelbe Signalsäule und einem Sprechfunkgerät übermittelt die Aufsicht dem Zugführer, dass alle Türen geschlossen sind und eine gefahrlose Abfahrt möglich ist.

Moderne Technik übernimmt Aufgaben

Diese Aufgabe soll nun moderne Technik übernehmen. Auf den Bahnsteigen sollen Kameras so montiert werden, dass der Lokführer auf einem Monitor in seinem Führerstand den Bahnsteig in der gesamten Zuglänge gut überblicken und damit selber entscheiden kann, ob er gefahrlos weiterfahren kann oder nicht. Abfertigungserfahren, für die keine Stationsaufsichten nötig sind, werden bereits seit Längerem bei der Hamburger S-Bahn oder auch bei der Berlin U-Bahn praktiziert.

Bereits 2007 wollte der damalige S-Bahn-Chef Tobias Heinemann das kostensenkende ZAT-FM auch in Berlin einführer. Doch weil die Technik nicht stabil und sicher lief, lehnte dies das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) dies zunächst ab. Nach weiteren mehrjährigen Erprobungsphasen hat die Aufsichtsbehörde nun dem neuen System die Zulassung erteilt, wie EBA-Sprecherin Heike Schmidt der Berliner Morgenpost bestätigte. Die S-Bahn kann nun ihre alten Pläne aus der Schublade holen.

Nur noch 20 Stationen mit Stamm-Aufsicht

Danach soll es nur noch 20 Stationen geben, die mit sogenannten Stamm-Aufsichten während der gesamten Betriebszeit mit Personal besetzt ist. Die Mitarbeiter sollen auch auf den Nachbar-Bahnhöfen die elektronischen Anzeigesysteme zur Kundeninformation steuern und Ansagen per Lautsprecher machen.

Geplant sind solche Stamm-Aufsichten etwa im Bahnhof Südkreuz, am Bahnhof Zoo oder am Alexanderplatz. Zudem soll es 120 sogenannte mobile Aufsichten geben, die je nach Bedarf auf allen übrigen 146 Stationen zum Einsatz kommen sollen. Weitere 500 Mitarbeiter der Deutschen Bahn sind derzeit als Sicherheitskräfte unterwegs.