An Berliner Sekundarschulen sind Hunderte Fachleiterstellen nicht besetzt und an vielen Grundschulen gibt es keine Schulleiter oder Stellvertreter. Die Verwaltung kommt mit den Einstellungen nicht hinterher.

An Berliner Schulen fehlen derzeit 94 Schulleiter oder stellvertretende Leiter und mehr als 800 Fachleiter. Das sind so viele unbesetzte Funktionsstellen wie nie in den vergangenen fünf Jahren. Die Zahlen gehen aus der Antwort der Bildungsverwaltung auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Özcan Mutlu hervor. Die Besetzung von Führungspositionen an Schulen ist langwierig, doch nur die Hälfte der freien Stellen sind derzeit ausgeschrieben. Offenbar ist die zuständige Verwaltung überfordert, damit den Einstellungsstau abzuarbeiten.

Besonders gefährlich für die Schulqualität ist es, wenn die Schulleitung über einen längeren Zeitraum nicht besetzt ist. Das haben nicht zuletzt die Brandbriefe der Rütli-Schule oder auch der Heinrich-Mann-Schule in Neukölln gezeigt. In beiden Fällen haben sich die Kollegien mit einem verzweifelten Brief an die Schulaufsicht gewandt, in der das Klima an der Schule als gewaltbereit, respektlos und frustriert beschrieben wird.

Langwierige Einstellungsverfahren

Momentan sind nach Angaben der Bildungsverwaltung vor allem Grundschulen betroffen. Hier sind 20 Schulleiterstellen vakant, und 31 Stellvertreter-Stellen. „Für betroffene Grundschulen ist das eine Katastrophe, denn hier gibt es neben der Schulleitung keine weiteren Leitungspositionen wie an Oberschulen“, sagt Paul Schuknecht, Vorsitzender der Berliner Schulleitervereinigung. Grund für die unbesetzten Stellen könne neben der Verfahrensdauer auch die vergleichsweise schlechte Bezahlung der Grundschulleiter sein, so Schuknecht. Sie hätten eine große Verantwortung würden aber kaum besser bezahlt ein Studienrat, der an der Sekundarschule oder am Gymnasium unterrichtet. Das sei wenig attraktiv. Schuknecht fordert deshalb eine bessere Bezahlung für Grundschulleiter.

Eine Ursache für den enormen Einstellungsstau bei den Fachleitern an Oberschulen ist eine Veränderung der Zumessung mit der Sekundarschulreform vor drei Jahren. Den neuen Sekundarschulen stehen Fachleiter zu, die es an den ehemaligen Real- und Hauptschulen nicht gab. Hinzu kommt, dass immer mehr Fachleiter in Pension gehen, doch während die Verwaltung an den neuen Richtlinien arbeitete, durften keine Leitungsstellen besetzt werden. Denn im Zuge der Reform wurde auch die Zahl der Fachbereichsleiter an kleineren Gymnasien reduziert. Doch die überzähligen Fachbereichsleiter aus den Gymnasien kommen an den Sekundarschulen nicht an, denn eine Versetzung soll freiwillig erfolgen.

An der Friedensburg-Sekundarschule in Charlottenburg sind sechs von insgesamt 13 Leitungsstellen unbesetzt. „Ein Fachleiter für Physik fehlt schon seit vier Jahren, weil sich niemand dafür bewirbt“, so der Schulleiter Schuknecht. Fachleiter kümmern sich beispielsweise um den Personaleinsatz, werten die Schülerleistungen aus und entwickeln Unterrichts-Konzepte. Fachbereichsleiter und Fachleiter sind für unterschiedlich große Bereiche zuständig.

Die Qualität der Schulen leidet

„Der Senat muss dringend handeln, denn unter den unbesetzten Stellen leidet die Qualität an den Sekundarschulen“, sagt Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen. Es sei fahrlässig eine große Schulreform anzuschieben, die Schulen dann aber nicht mit dem nötigen Personal auszustatten, die diese Reformen auch inhaltlich umsetzen können.

Zudem sei es ein Skandal, dass die Besetzung von Schulleitern in vielen Fällen länger als ein Jahr dauert. „Die Verfahren müssen beschleunigt werden, so dass eine Neubesetzung innerhalb von acht Wochen erfolgt“, sagt Mutlu. Diese acht Wochen wären ausreichend um die Fristen der Mitbestimmungsgremien einzuhalten.

An der Clara-Grunwald-Grundschule in Kreuzberg ist die Stelle der Schulleitung schon seit zwei Jahren nicht besetzt. „Die kommissarische Schulleiterin hat schon lange ein Sabbatical angemeldet und wir haben Angst, dass die Schule bald ganz ohne Leitung dasteht“, sagt Boris Thiemig, Mitglied der Gesamtelternvertretung. Die Eltern haben jetzt beschlossen, selbst in den Medien Anzeigen zu schalten, um eine Schulleitung zu finden, so Thiemig.

Die Bildungsverwaltung begründet die langen Verfahrensdauern mit den Beteiligungen von Gesamtfrauenvertretung, Gesamtpersonalrat, Gesamtbehindertenvertretung, Bezirk und Schulkonferenz. Zudem sei es langwierig, wenn Schulleiter dienstliche Beurteilungen auszustellen hätten. Durchschnittlich ist von einer Verfahrensdauer von einem Jahr auszugehen, wenn es um die Besetzung einer Schulleiterstelle geht, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Die Gewerkschaft GEW weist diese Schuldzuweisung zurück. „Wir halten die Fristen ein“, sagt Sigrid Baumgardt, Vorsitzende der GEW.

Warnstreik an Prüfungstagen

Die Tarifkommission der GEW hat am Dienstagabend den von der Tarifkonferenz empfohlenen Warnstreik der angestellten Lehrer am 23. April 2013 bestätigt. Der Vorschlag, ausgerechnet an einem Prüfungstag für den Mittleren Schulabschluss und für das Abitur zu streiken, stieß bereits auf heftige Kritik von Eltern und Schülerverbänden. Die Gewerkschaft will mit dem Ausstand Verhandlungen mit dem Land Berlin über eine tarifliche Eingruppierung für angestellte Lehrer erzwingen. Am Montag muss noch der Landesvorstand der GEW den Streik genehmigen. Informationen über betroffene Schulen soll es Donnerstag geben.