Berlins angestellte Lehrer wollen Schulabschuss-Prüfungen bestreiken. Sie fordern die Angleichung der Gehälter von Beamten und Angestellten.
Berlins angestellte Lehrer haben am Donnerstag beschlossen, auch an Tagen zu streiken, an denen Prüfungen stattfinden und Vergleichsarbeiten geschrieben werden sollen.
Es handelt sich um den 23. April, an dem die MSA-Prüfung für die erste Fremdsprache anberaumt ist und um die Woche vom 13. bis zum 17. Mai, in der Prüfungen für das mündliche Abitur festgelegt sind. Darüber hinaus werden in dieser Woche in den dritten Klassen auch die Vergleichsarbeiten in Deutsch und Mathematik geschrieben.
Mit den Streiks wollen die Lehrer Druck auf Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos für SPD) ausüben. Die Chefin der Lehrergewerkschaft GEW, Doreen Siebernik, sprach von einem Signal. Es gehe vor allem darum, dass Nußbaum die Gespräche mit der GEW wieder aufnimmt.
Kein Spielraum für eine Gehälterangleichung
„Wir fordern eine tarifliche Eingruppierungsordnung für Lehrkräfte, die Angleichung des Nettoeinkommens von angestellten Lehrern an die Regelungen der verbeamteten Kollegen, sowie altersgerechte Arbeitsbedingungen“, sagte Siebernik.
In der Finanzverwaltung heißt es hingegen, dass Tarifverhandlungen nur im Rahmen der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder stattfinden können, der Berlin Anfang des Jahres wieder beigetreten sei.
Ein Sprecher der Verwaltung sagte außerdem, dass es für eine Angleichung der Gehälter von angestellten und verbeamteten Lehrern in Berlin keinen Spielraum gebe. Sobald klar sei, auf welcher Grundlage die Lehrergewerkschaft ihre Arbeitskampfmaßnahmen durchführen will, werde das rechtlich geprüft werden, hieß es.
„Die Schüler sind die Leidtragenden“
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagte, wenn sich herausstelle, dass ein Streikrecht bestehe, dann sei es das Recht der Lehrer zu streiken. „Ich habe allerdings kein Verständnis, dass es an diesen Prüfungstagen zu Lasten der Schüler ausgeübt werden soll.“
Der Vorsitzende der Vereinigung der Berliner Schulleiter, Paul Schuknecht, bezeichnete den Beschluss, während der Prüfungen zu streiken, als unerträglich. „Die Schüler sind die Leidtragenden“, sagte er. Schriftliche Prüfungen könnten zwar trotzdem durchgeführt werden, weil andere Lehrer zur Aufsicht eingeteilt werden können.
„Die Schüler bauen aber darauf, dass die Lehrer in ihrer Nähe sind, bei denen sie in dem Prüfungsfach Unterricht hatten, sie fühlen sich dann sicherer.“ Schuknecht verglich den Berufsstand der Lehrer mit dem der Feuerwehr. Feuerwehrleute würden auch nicht ein brennendes Haus abbrennen lassen, sagte er.
Eltern sind strikt gegen Streiks an Prüfungstagen
Die Forderungen der Lehrer findet Schuknecht indes berechtigt. „Ungerechtigkeit bei der Bezahlung führt in jedem Unternehmen zu Unfrieden“, sagte er. Streik an normalen Unterrichtstagen sei deshalb vertretbar, nicht aber an Prüfungstagen.
Die Eltern sind strikt gegen Streiks an Prüfungstagen. Der Landeselternausschuss hat sich deshalb bereits im Februar mit der Bitte an die Lehrer gewandt, an diesen Tagen nicht zu streiken.
Der Vorsitzende des Landeselternausschusses, André Nogossek, hält es für moralisch nicht gerechtfertigt, dass Lehrer die Prüfungen der Schüler boykottieren. „Ich habe Verständnis für den Arbeitskampf, aber das geht zu weit“, sagte er. Nogossek appellierte an das „pädagogische Herz“ der Lehrer. „Die Schüler haben sich auf die Prüfungen vorbereitet und befinden sich in einem riesigen Stress“, sagte er.
Finanzsenator Nußbaum will keine weiteren Gespräche führen
Ende März hatte Nußbaums Staatssekretär Klaus Feiler in einem Sondierungsgespräch mit Vertretern der Lehrergewerkschaft klar gestellt, dass der Finanzsenator keine weiteren Gespräche mit der GEW zu deren Forderungen führen will.
Nußbaum hatte zuvor die GEW aufgefordert, die für den öffentlichen Dienst aller Bundesländer ausgehandelte Tarifeinigung mit einer Gehaltssteigerung von 5,6 Prozent bis 2014 anzuerkennen und auf Arbeitskampf zu verzichten. Der Berliner Morgenpost sagte er: „Ich finde es schwierig, auf der einen Seite die Gehaltserhöhung mitzunehmen und auf der anderen Seite zu sagen, wir streiken in Berlin weiter.“
Florian Bublys, Sprecher der Initiative „Bildet Berlin“, sagte: „Mit den Streiks wollen wir erreichen, dass die bisher außertarifliche Zulage für angestellte Lehrer durch eine tarifliche Reglung abgelöst wird.“ Eine gute Bezahlung mache Berlin für Pädagogen attraktiv und im bundesweiten Wettbewerb konkurrenzfähig. Das wirke sich positiv auf die Schulqualität aus.