Mit einem Stadtplan in der Hand stehen sie am Berliner Kurfürstendamm. „An der Gedächtniskirche wären wir vorhin beinahe vorbeigelaufen“, sagt Tina aus Frankfurt. „Die ist ja so eingepackt, die erkennt man gar nicht.“ Ihr Freund Andre hat sie dann doch noch „in letzter Sekunde“ erkannt: „An dem Zipfel, der oben aus dem Gerüst rausragt. Da wäre es schon gut, wenn sie die ein bisschen besser ausschildern.“
„Obwohl“, fällt ihm Tina ins Wort, „hier sind ja überall diese blauen kleinen Wegweiser. Man findet sich schon zurecht.“ Was sie von einem touristischen Leitsystem halten würden, das ihnen per Ausschilderung Routen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit vorschlägt?
„Das wäre schon praktisch“, sind sich die Frankfurter einig, „als App wäre das besonders gut.“ Dann vertiefen sie sich wieder in ihren Stadtplan. Zwei Millionen Gäste sind über die Osterfeiertage in der Stadt. Und in der City West soll ein Leitsystem Touristen die Suche nach Sehenswürdigkeiten erleichtern.
Genaue Lokalisierung, Tausend Kilometer von der Heimat entfernt
Jorge Halaba aus Venezuela führt seine Frau Maria bereits zielgerichtet mit dem Smartphone über den Kudamm: „Eine spezielle App brauche ich nicht. Ich habe Google Maps.“ Sein Hotel sei gerade genau 700 Meter von ihnen entfernt.
Solange die Akkuleistung des Handys ausreiche, wisse er immer ganz genau, wo er sich befinde. Auch wenn er mehrere Tausend Kilometer von seiner Heimat entfernt ist.
Die westliche City ist im Aufschwung. Schwergewichte wie das „Waldorf Astoria“, das Bikini-Haus, der Zoo Palast, die Gedächtniskirche, das Hochhaus „Upper West“ und viele kleinere Projekte wie das Extra-Saubermachen der Straßen und Mülleimer, das die Hauseigentümer und Händler zahlen, oder die Diskussion über passende Blumenkübel für den Kurfürstendamm machen den Bezirk zunehmend wieder attraktiver.
Leitsystem für Touristen - ausgehend vom Bahnhof Zoo
Doch wer als Tourist den Bahnhof Zoo verlässt, dem kann es passieren, dass er den relativ versteckt am hinteren Ende des Hardenbergplatzes liegenden Eingang zum Zoologischen Garten nicht gleich findet. So ergeht es auch manchem Touristen, der den U-Bahnhof Wittenbergplatz vor der Nase hat, ihn aber nicht als solchen erkennt.
Das erste Projekt des um drei Jahre verlängerten und vom Senat finanziell unterstützten Regionalmanagements City West wird es deshalb sein, ein touristisches Leitsystem zu entwickeln. Ausgehend vom Bahnhof Zoo, soll zunächst der engere Bereich mit Breitscheidplatz, Kurfürstendamm und Tauentzien für Touristen besser erschließbar gemacht werden.
„Dabei werden wir nicht nur über Schilder zu den Sehenswürdigkeiten reden, es sollen auch Apps und andere moderne Systeme gezielt zur Information kreiert werden“, sagt Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD). In diesem Jahr sollen dazu die ersten Schritte entwickelt werden, auch zusammen mit den Hoteliers der City West.
Auch Berliner sollen profitieren
Aber nicht nur für die Touristen soll es mehr zu entdecken geben als das, was der Reiseführer hergibt. Auch die Berliner sollen profitieren. Das Gebiet zwischen Technischer Universität, Ernst-Reuter-Platz und Rathaus Charlottenburg beispielsweise nennt Naumann einen „schlummernden Riesen“.
„Das haben viele nicht auf dem Schirm, da gibt es jede Menge Geheimtipps, auch alte, geschichtsträchtige Gebäude, in denen sich eine junge Start-up-Szene eingerichtet hat.“ An diesem Standort nördlich des Ernst-Reuter-Platzes, der jedoch im Bewusstsein der Stadt keine große Rolle spiele, gebe es viel zu entdecken.
Dabei sollen die Pläne nicht an der Bezirksgrenze enden. Das Regionalmanagement wird künftig auch das Gebiet bis zum Schöneberger Nollendorfplatz im Blick haben. Das östliche Entree zur City West rund um die Urania soll aufgewertet und die durch breite Fahrbahnen getrennten Stadtteile sollen besser verbunden werden. „Der Nollendorfplatz-Kiez soll künftig stärker einbezogen werden“, sagt Naumann.
Zoo Palast wird mit sieben Kino-Sälen wiedereröffnet
Seit das Luxushotel „Waldorf Astoria“ eröffnet hat, fallen die wenigen hässlichen Ecken, die es in der Gegend um den Bahnhof Zoo noch gibt, doppelt auf. Die Deutsche Bahn will den Bahnhof, der zuletzt 1987 umfassend erneuert wurde, schon seit Langem umbauen, und auch das seit Jahren leer stehende Restaurant „Terrassen am Zoo“ mit seinen Panoramascheiben zum Hardenbergplatz soll wieder an den Start gehen.
Doch noch ist nicht klar, wann es endlich losgehen soll. Nur so viel: Ein Umbau sei vorgesehen. Man prüfe verschiedene Varianten, so ein Sprecher der Bahn. Die Entscheidung soll aber noch in diesem Jahr fallen, lautet die Auskunft.
Bis der Umbau des Bahnhofs Zoo beschlossen wird, dürfte das denkmalgeschützte Ensemble „Bikini Berlin“, eine Ecke weiter, fertig sein. Dort entstehen allein 25.000 Quadratmeter mit neuen Shops, Cafés, Restaurants und Kino-Sälen, 7000 Quadratmeter Hotelfläche und rund 19.000 Quadratmeter für Büros. Nicht nur zur Freude von Bezirksbürgermeister Naumann wird dann der Zoo Palast mit sieben Kino-Sälen wieder eröffnen: „Die Chance eines Kino-Revivals dort ist wirklich günstig.“
„Bikini Berlin“ öffnet im Herbst
Im Herbst dieses Jahres soll im „Bikini Berlin“ Eröffnung gefeiert werden. Den Anfang macht laut Auskunft einer Sprecherin im September der Zoo Palast, der dann 2014 unter anderem mit seinem denkmalgeschützten großen Saal auch wieder als Berlinale-Kino zur Verfügung steht.
Ebenfalls im Herbst sollen die ersten Geschäfte und Restaurants eröffnen. Auch die Hotelflächen im komplett umgebauten kleinen Hochhaus an der Budapester Straße sollen dann an die Mieter, die 25hours Hotel Company, übergeben werden.
Bis zum Herbst wird auch der Baufortschritt des rund 119 Meter hohen Wolkenkratzers „Upper West“ neben dem „Waldorf Astoria“ zu sehen sein. Noch gibt es zwischen Kurfürstendamm und Kantstraße, wo früher ein Teil des Schimmelpfeng-Hauses stand, nur die Baugrube zu sehen. 2016 jedoch will dort die Hotelkette Motel One ihr bislang größtes Hotel eröffnen.
Beim Suchen nach der U-Bahn helfen weder App noch Stadtplan
Der Strabag-Konzern investiert nach eigenen Angaben 250 Millionen Euro in den Standort. Angesichts der florierenden Tourismusbranche in Berlin, von der auch Charlottenburg-Wilmersdorf profitiert, steht für Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann längst fest, dass es lohnt, in diesen Bereich zu investieren. Der Bezirk bringt sich in Form und erfindet sich neu. „Totgesagte leben eben länger“, sagt Naumann.
In Charlottenburg-Wilmersdorf habe es schließlich niemals eine Touristen-nein-danke-Diskussion wie in Friedrichshain-Kreuzberg gegeben. Und dass die Bahn grundsätzlich grünes Licht zur Umgestaltung des Bahnhofs Zoo gegeben hat, begrüßt er sehr, denn die Umgestaltung des Bahnhofs könnte der Startschuss für die Verschönerung des Hardenbergplatzes inklusive Tiefgarage sein.
Das „Touristische Leitsystem“ stößt bei den Gästen aus aller Welt in der City West auf geteilte Meinungen. Viele schwören auf den Reiseführer und fühlen sich mit Handyapplikationen bestens ausgerüstet. Eine Umgestaltung des Bahnhofs Zoo aber würden viele begrüßen: „Der Bahnhof ist sehr verwirrend“, sagt Domenico Baletta aus der Schweiz: „Wir mussten länger suchen, um den Eingang zur U-Bahn zu finden.“ Weder Stadtplan noch App konnten ihm dabei helfen.