Noch können viele Passanten nicht wirklich glauben, dass auf der freien Fläche gegenüber dem Berliner Dom bald das Stadtschloss wieder aufgebaut werden soll. Zwar ist die Wiese über dem Fundament bereits verschwunden, wo früher der Palast der Republik stand. Viele Berliner und Besucher der Hauptstadt hatten den Rasen genutzt, um dort im Sommer die Sonne zu genießen. Das ist nun vorbei. Im Winter war dort nur noch eine Grube zu sehen, aus der die Pfähle gehoben wurden, auf denen einst das Stadtschloss stand.
Doch die Baugrube soll nicht ewig bleiben. Der Wiederaufbau nimmt in diesem Jahr konkrete Formen an. Im Juni ist die Grundsteinlegung. Und nachdem ein unbekannter Spender mit einem Millionenbetrag nun auch den Bau der Kuppel gesichert hat, scheint das Vorhaben auf einem guten Weg zu sein.
So ganz zufrieden ist Wilhelm von Boddien dennoch nicht. Zwar ist der Geschäftsführer des Fördervereins für den Wiederaufbau des Schlosses seinem Ziel so nah wie nie zuvor. Doch Boddien hält die Planung für den Platz rund um das Schloss für viel zu eintönig und grau. „Dort soll nach derzeitigem Stand eine Steinwüste entstehen, die dem Schloss nicht würdig ist“, sagt Boddien. Das sei städtebaulich eine Katastrophe. „Insgesamt sollte das Umfeld des Schlosses deutlich grüner werden, damit sich die Leute gerne dort aufhalten.“
Große Platten statt Pflastersteine
Der Förderverein hat sich daher einen Gegenentwurf überlegt, der etwas mehr Bäume für den Schlossplatz vorsieht und laut Boddien trotzdem die finanziellen Vorgaben einhält. Der Entwurf liegt der Berliner Morgenpost vor. Für Boddien geht es nicht nur um irgendwelche kleinen Details, sondern um ganz entscheidende Änderungen. „Schließlich sollen das Stadtschloss und der Raum darum herum nach der Fertigstellung die Mitte der Bundesrepublik repräsentieren“, so Boddien.
Bis zu dreieinhalb Millionen Besucher werden jährlich im Umfeld des Stadtschlosses erwartet. Damit sie sich dort wohlfühlen und gern aufhalten, schlägt der Gegenentwurf des Fördervereins vor, anstelle der Pflastersteine große Platten zu verlegen. Boddien glaubt, dass dies dem Platz „mehr Flair“ geben werde. „Zudem ist es für Damen mit spitzen Absätzen leichter, über die großen Platten zu gehen, als zwischen den kleinen Pflastersteinen“, so der Geschäftsführer des Fördervereins.
Zudem sieht der Entwurf vor, rund um die Zugänge der U-Bahn und an den Fahrstuhleinhausungen Baumgruppen zu pflanzen. Auf diese Weise könnten sie etwas verdeckt werden. Zudem spenden die Bäume zusätzlichen Schatten. Der gleiche Effekt könnte durch ein paar Bäume an den Busparkplätzen erzielt werden. Auf diese Weise könnte eine Parklandschaft in der Stadt entstehen, die nach Ansicht ihrer Entwickler zu dem historischen Umfeld passt.
Auch für das Ufer des Kanals haben sich die Planer des Fördervereins etwas anderes überlegt. Durch leicht veränderte Sitzstufen wollen sie die „Schroffheit der Kanalwand mildern“, heißt es in dem Entwurf. Dadurch soll die Uferpromenade entlang der Spree zu einem Anziehungspunkt werden. Schiffe könnten dort sogar eine Anlegestelle nutzen. Die Planer erhoffen sich, dass die Besucher dann im Sommer auf den Stufen Platz nehmen und dort verweilen.
Blick aufs Domportal
Auf der neuen Rathausbrücke stören den Förderverein die Betonpylonen. Dabei handelt es sich um wuchtige Pfeiler, die noch aus der Zeit des Palastes der Republik stammen. Wenn die Pfeiler verschwinden und durch kleinere ersetzt werden, hätten die Passanten einen besseren Ausblick auf das neue Stadtschloss. Der Entwurf sieht auch vor, den Neptunbrunnen an seinen alten Standort zurückzubringen. Auch die Statue der Rossbändiger könnte zurückkehren. Eine neue Sichtachse würde nach diesem Entwurf freien Blick von Zeughaus bis hin auf das Domportal gewähren.
In Berlin ist der Wiederaufbau des Stadtschlosses nach wie vor umstritten. Erst im Februar hatte Altbundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) eine hitzige Debatte ausgelöst, indem er die Frage aufwarf, ob es in Deutschland überhaupt ein Interesse daran gäbe „die Residenz der Preußenkönige wieder aufzubauen“. Zumal der Bau insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro kosten wird.
Immerhin konnten die Befürworter des Projekts die Debatte vor Kurzem auch einmal mit einer positiven Nachricht bestimmen. So hat sich ein anonymer Spender bereit erklärt, den Bau der historischen Kuppel mit einem Millionenbetrag zu finanzieren. Diese Bereitschaft ließ der Spender über seinen Anwalt verkünden. Durch die Spendenzusagen können laut Schlossstiftung alle in diesem Jahr notwendigen Aufträge für die Kuppel vergeben werden.
Berlin selbst könnte den Wiederaufbau nicht finanzieren. Dafür fehlen der verschuldeten Stadt die Mittel. Der Bundestag hat sich daher vor zwei Jahren bereit erklärt, die Kosten für den Schlossbau der Hauptstadt zum größten Teil zu übernehmen. Allerdings haben die Parlamentarier eine Grenze bei 590 Millionen Euro gezogen. Alles, was darüber hinausgeht, muss die Schlossstiftung durch Spenden aufbringen. Lässt man die Kosten für die Kuppel beiseite, geht es um einen Betrag von voraussichtlich 80 Millionen Euro. Etwa 25 Millionen Euro sind bislang an Spenden zusammengekommen. Zudem soll es Zusagen für weitere 15 Millionen Euro geben. Den Auftrag für den Rohbau des Schlosses hat Hochtief erhalten.