Tarifstreit

Öffentlicher Dienst droht mit Streiks

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Stefan Schulz

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes demonstrieren wieder Kampfbereitschaft: Zum 31. Januar 2010 haben sie den Berliner Lohn- und Gehaltstarifvertrag gekündigt. Das bedeutet: Vom 1.Februar an darf wieder gestreikt werden – wenn die aktuellen Tarifverhandlungen mit dem Berliner Senat bis dahin noch nicht abgeschlossen sein sollten.

Der Hauptpersonalrat (HPR) des Landes Berlin hat den Senat daher aufgefordert, umgehend ein akzeptables Angebot für die öffentlich Beschäftigten vorzulegen. „Der Betriebsfriede ist in Gefahr. Nach sieben Jahren Verzicht können die Mitarbeiter des öffentliches Dienstes erwarten, dass sie auch eine Lohn- und Gehaltserhöhung bekommen“, sagte Uwe Januszewski, Vorsitzender des HPR, der Berliner Morgenpost.

Nach mehreren Verhandlungsrunden zwischen Senat und Gewerkschaften, die wie zuletzt am 17.Dezember ergebnislos verliefen, ist die Stimmung bei den etwa 77000 Beamten und 55000 Arbeitern und Angestellten offenbar am Nullpunkt angekommen. „Der Senat hat gedacht, er würde mit der Angleichung von acht, zehn und zwölf Prozent die Situation bei den Beschäftigten wieder gerade rücken“, berichtet Januszewski. „Aber die Mitarbeiter sehen das nur als Wiederherstellung des alten Zustands.“ Da der Senat aber sein Angebot nicht erweiterte, herrscht derzeit Stillstand.

Bislang bietet die Landesregierung für die Arbeiter und Angestellten des Landes und der Bezirke 1,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Damit wäre, so haben es die Gewerkschaften Ver.di, Gewerkschaft der Polizei (GdP), IG BAU und Erziehung und Wissenschaft (GEW) ausgerechnet, der Rückstand zu den anderen Bundesländern erst 2020 ausgeglichen. Die Gewerkschaften fordern jetzt 5,9 Prozent. In ihrem Tariftelegramm schreiben sie: „2020 ist viel zu weit weg. Über ein Viertel der Landesbeschäftigten wird das Jahr 2020 nur im hoffentlich gesunden Ruhestand erleben. Eine Rückkehr zu den Tabellen der anderen Bereiche des öffentlichen Dienstes darf nicht in Tippelschritten geschehen und die Beschäftigten des Landes brauchen schnellstmöglich eine spürbare Einkommenserhöhung.“

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) dagegen hatte den Gewerkschaften kurz vor Weihnachten in einem Brief seine Sicht der Lage geschildert. Offenbar geht es nur um zwei Alternativen: Der Senat würde wieder in die Tarifgemeinschaft der Länder eintreten, allerdings nur geringe Einkommenszuwächse erlauben. Wenn die Gewerkschaften das nicht akzeptieren würden, müsse man beim alten BAT-Tarif bleiben. Körting stellte aber klar: „Wir würden dann jetzt ausschließlich über eine prozentuale Steigerung und den Zeitpunkt verhandeln.“ Damit würden Erfahrungsstufen anstelle von Lebensaltersstufen gelten. Und man müsste noch über eine Angleichung Ost-West verhandeln. Wichtig sei es aber, zügig zu einem Ende zu kommen, so Körting. Ein Abschluss scheint im Moment aber ungewiss.

Für die Gewerkschaften heißt es: „Unter dem Strich muss sich das Gesamtpaket lohnen.“ Was das konkret bedeutet, möchte man in der zweiten Januarwoche in der Tarifkommission von Ver.di, GdP, GEW und IG Bau beraten. Die nächste Tarifverhandlung ist jedenfalls für den 20. Januar angesetzt. Der Hauptpersonalrats-Vorsitzende Januszewski mahnt: „Die Beschäftigten brauchen einen Schub, damit sie sich anerkannt fühlen.“

Wegen der hohen Verschuldung erhielten die öffentlich Beschäftigten in Berlin seit 2003 zwischen acht und zwölf Prozent weniger Gehalt und arbeiteten auch entsprechend weniger. Vom 1. Januar 2010 an bekommen sie wieder das komplette Gehalt von damals. Inzwischen gab es aber in anderen Bundesländern Gehaltserhöhungen, die die Gewerkschaften nun auch für Berlin verlangen. Zuletzt hatte es im vergangenen Jahr lange Streiks in Teilen des öffentlichen Dienstes gegeben, beide Seiten konnten sich erst im November auf einen Tarifvertrag für die Jahre 2008 und 2009 einigen.

Parallel zu den Berliner Verhandlungen starten im Januar auch die Verhandlungen für die im Tarifverbund gebliebenen Mitarbeiter des Öffentlichen Diensts von Bund und Kommunen. Hier fordern die Arbeitnehmervertreter eine Gehaltssteigerung von fünf Prozent.