Ein Pferd ist kein gewöhnliches Haustier. Dazu ist es zu groß, zu stark – und zu teuer. Wer sich ein Pferd kauft, der erfüllt sich einen Traum. Wer auf der Hippologica unterwegs ist, der bekommt, wenn er will, zu diesem Traum noch jedes erdenkliche Zubehör dazu.
Da ist natürlich das Pferd selbst. Hier kann man sich die schönsten und kräftigsten aussuchen. Gestüte aus allen Teilen Deutschlands zeigen in den Verkaufsshows ihre schönsten Tiere – und der Interessent kann sie gleich mitnehmen. Den meisten Besuchern reicht freilich der Anblick der Pferde. Und ihr Geruch. Natürlich riecht es hier nach Pferd. Nach sauberem, edlem Pferd. Überall wird gebürstet, gestriegelt und gekämmt. Mähnen werden geflochten, Hufe gekratzt, Zähne gebürstet. Pferdezähne selbstredend. Aussteller, die in der Hektik des Aufbruchs ihre Pferdezahnbürste im Heimatstall vergessen haben, sind aber nicht verloren. In Halle 22 gibt es für 14,95 Ersatz.
Pferde sind anspruchsvolle Tiere. Sie brauchen nicht nur Sattel und Zaumzeug. Das gibt es hier natürlich auch. Hundertfach. Aber es braucht viel mehr. Einen Anhänger zum Beispiel. Denn ein Pferd ist nicht nur dazu da, seinen Reiter zu transportieren, es muss selbst auch transportiert werden. Zu Turnieren, zum Arzt, in den Urlaub und wieder zurück. Die neuesten Varianten kann man in Halle 21 besichtigen. Und kaufen.
Ein Porsche Cayenne ist gerade gut genug
Das passende Zugfahrzeug gibt es gleich dazu. Zum Beispiel den Porsche Cayenne Diesel Tiptronic, zu betrachten in Halle 21 b. Schwarz ist er hier ausgestellt, schwarz innen und schwarz außen. Er kostet 78.667 Euro und emittiert 244 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Pierre G. aus Werder erkundigt sich nach Extras und wird zuvorkommend bedient. Auch Platz darf er nehmen. Er sieht aus, als säße er das erste Mal in einem Porsche – ein bisschen verlegen, aber auch glücklich. Und am Ende will er sich dann doch nicht von seinem BMW X5 trennen.
20.000 Besucher erwartet Helmut Goldschmidt, der Projektleiter der Hippologica, auf dieser 16. Berliner Pferdemesse. „Damit können wir zufrieden sein“. Sechs Wochen vor Messebeginn war er ausgebucht. Die meisten Besucher kommen einfach, um zu schauen und zu genießen - Pferdeliebhaber eben. Wie etwa die 12-jährige Lilliana aus Zehlendorf. Sie reitet im Verein, hat aber kein eigenes Pferd und wird, wenn man ihrem Vater glauben darf, vorerst auch keines haben. Christian L. ist Lehrer. „Ein eigenes Pferd kommt gar nicht in Frage.“ Aber er begleitet seine Tochter gern. „Seit sie sprechen kann, schwärmte sie von Pferden.“
Ein Pferd braucht auch einen Stall. Das Zubehör für den modernen Pferdestall gibt es hier. Die Firma Iseki, die eigentlich Kleintraktoren für die kommunale Straßen- und Grünflächenpflege herstellt, hat sich auf Geräte spezialisiert, die Stall und Weide maschinell in Schuss halten: Spezielle Kleintraktoren für die Heuernte, die Stallreinigung oder die Fütterung der Tiere. Schägelmäher, Rundballpressen und Frontkraftkehrer ersetzten Forke und Schubkarre.
Forke und Schubkarre war gestern
Solche Geräte, erklärt Iseki-Vertreter Hans Thimm, können sich natürlich nur große Gestüte leisten. Aber auch für Pferdebesitzer mit kleinerem Geldbeutel hat Iseki Schönes im Sortiment: Den Futterwagen „Jockey“ etwa für 557 Euro. Oder, für nur 175 Euro, die Möhrentonne „Bunny“. Sie ist natürlich orange.
Sigrid Axthelm ist aus dem hessischen Würzweiler angereist, um das Equipment für den nicht ganz alltäglichen Pferdesport auszustellen – die Jagd in Rot, vulgo: Hetzjagd. Die traditionelle Hetzjagd, bei der berittene Menschen und eine scharfe Hundemeute ein Reh oder einen Fuchs zu Tode jagen, ist in Deutschland verboten – doch der Sport ist geblieben. Die Reiter und die Meute jagen heute nur noch einem stinkenden Köder nach, „künstliche Schleppe“ genannt. „Aber ums Jagen geht es uns gar nicht“, sagt Sigrid Axthelm.
Wenn sich die Reiter in den schönen roten Jacken zu Pferde träfen und mit ihrer Hundemeute querfeldein ritten, sei das ein gesellschaftliches Ereignis. „Wir haben einen besonderen Verhaltenskodex, sind höflich und rücksichtsvoll.“ Wenn ein Roter an einem anderen vorbei reitet, bittet er zuvor um Erlaubnis. „Wer das nicht versteht, gehört nicht dazu“, sagt die Hessin, die an ihrem Stand die feine Kleidung dieser Reitfreunde anbietet. Ein paar Reitstiefel gibt es ab 600 Euro.
Reiten ist gefährlich
Auch Martin Schulz aus Peine bei Hannover bedient den Geschmack ausgemachter Pferdefans. Er verkauft Schmuck an Menschen, die von Pferden nicht genug kriegen können. Pferdeköpfe als Halsketten, Pferdeköpfe als Ringe, Pferdeköpfe als Broschen. Sein teuerstes Stück ist eine Kette aus 585-er Gold, an dem eine Pferdekopfgemme im Profil hängt. Sie kostet 1490 Euro.
Ein bisschen gefährlich ist es auch, ein Pferd zu reiten. Das erkennt man nicht nur an den Westernshows, bei denen der gekonnte Sturz vom unbesattelten Pferderücken nicht fehlen darf. Man sieht es auch an den vielen Ständen, an denen Massagegeräte für den kaputten Reiterrücken ausgestellt werden. Die Firma Invitalis etwa erhofft sich hier mit ihrem Massagekissen guten Umsatz. Die Massagestühle für die Laufkundschaft sind voll besetzt. „Reiter haben doch alle Rückenprobleme“, sagt Martina Buhl, die ihr Produkt hier zum Sonderpreis anbietet: für 149 statt 189 Euro. Dass die Beschäftigung mit den schönen Tieren ein Risiko für Geldbeutel und Gesundheit ist, haben übrigens auch die Versicherungen entdeckt. So bietet etwa die Gothaer Versicherung in Halle 23 ihr Rundum-sorglos-Paket für den Reiter an.
Mehr Pferde als Menschen
Die Mongolei, ein Land mit alter Pferdetradition, ist das diesjährige Partnerland der Hippologica. Mit einer Jurte, Film- und Musikvorführungen, Reitshows und jeder Menge echter Mongolen präsentiert sich das Land hier. Das Interesse an den Mongolen groß.
Denn sie tragen üppige, traditionelle Kleider in gold, blau und rot, dazu Hüte und Kappen, denen es an Schnörkeln und Zierden nicht fehlt. „In der Mongolei gibt es mehr Pferde als Menschen“, sagt Hippologica-Projektleiter Goldschmidt.
Die Messe läuft noch bis Sonntag. Am Wochenende werden besonders viele Familien mit kleinen Töchtern erwartet. Aber man muss kein ausgemachter Pferdenarr sein, um auf der Hippologica gut unterhalten zu werden.