Liegenschaftsfonds

Berlin verdient mehr Geld mit Immobilien

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Isabell Jürgens

Foto: Liegenschaftsfonds Berlin

Vom Aufschwung am Berliner Wohnungsmarkt hat auch der Liegenschaftsfonds profitiert. Er vermarktet Häuser und Grundstücke des Landes. So stieg der Erlös im vergangenen Jahr um rund 20 Prozent. Und: Einige Filetstücke sind noch im Angebot.

Von der deutlich gestiegenen Nachfrage nach Immobilien in der Hauptstadt hat auch der Liegenschaftsfonds Berlin profitiert. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, ist der Verkaufserlös gegenüber dem Vorjahr um mehr als ein Fünftel gestiegen. Demnach wurden im vergangenen Jahr 533 Immobilien mit einer Gesamtfläche von 1,1 Millionen Quadratmetern für insgesamt rund 190 Millionen Euro verkauft. Erfreulich angesichts der zunehmend angespannten Wohnungssituation in Berlin: „Während frühere Käufer vor allem an gewerblich nutzbaren Flächen interessiert waren, resultiert das Umsatzplus nunmehr aus der hohen Nachfrage nach Wohnbaugrundstücken und Gebäuden, die man als Wohnhäuser herrichten kann“, so Holger Lippmann, Geschäftsführer des landeseigenen Unternehmens.

Wohnen im Gefängnis

Das Umsatzplus freut vor allem Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), denn ein Großteil der Einnahmen, insgesamt 156 Millionen Euro, fließt direkt in die Landeskasse. Damit hat der Liegenschaftsfonds die Vorgabe für 2010 (126 Millionen Euro) sogar um gut 30 Millionen Euro übertroffen. Zu den veräußerten Gebäuden 2010 zählten beispielsweise Opernwerkstätten an der Französischen Straße in Mitte, ein ehemaliger Stützpunkt der Wasserschutzpolizei auf der Insel Schwanenwerder, ein ausgemustertes Gefängnis an der Kantstraße oder auch eine ehemalige Kita in Westend, die das Königreich Saudi-Arabien zur „König-Fahd-Akademie“ umbauen lassen will.

Holger Lippmann rechnet auch in diesem Jahr mit einer positiven Geschäftsentwicklung: „Es sind auch wieder internationale Interessenten in Berlin unterwegs, die gezielt nach Projektentwicklungen suchen.“ Gute Abschlüsse erwartet der Liegenschaftsfonds etwa vom Verkauf teilweise denkmalgeschützter Objekte für den gehobenen Wohnungsbau – sei es das ehemalige Aspen-Institut auf Schwanenwerder oder das Krankenhausareal „Lindenhof“ in Lichtenberg. Auch das geschichtsträchtige „Galgenhaus“ im Nikolaiviertel darf auf solvente Interessenten hoffen. Rekordgewinne erwartet Lippmann vom Verkauf der Baugrundstücke auf dem Friedrichswerder in Mitte. Derzeit laufe die Bonitätsprüfung der eingegangenen mehr als 100 Gebote für das knapp 5000 Quadratmeter große Baugrundstück. Alle Bieter seien bereit, ein Mehrfaches des Bodenrichtwertes in Höhe von 2300 Euro pro Quadratmeter zu zahlen.

Mit guten Erlösen rechnet er auch beim Verkauf zweier Baufelder am Humboldthafen neben dem Hauptbahnhof. Während ein früheres Verfahren scheiterte, weil der Kauf an die Bedingung gekoppelt war, auf einem Teil der Fläche eine Kunsthalle für Berlin zu errichten, sollen nun zwei kleinere Baufelder ohne diese Auflage veräußert werden. Ob das Lieblingsprojekt des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) am Humboldthafen noch zustande kommt, ist damit weiter offen.

Die Vorgabe des Senats, auch 2011 wieder 126 Millionen zu erwirtschaften, scheint da kein ernsthaftes Problem zu sein. Jedoch muss sich der Liegenschaftsfonds nunmehr mit neuen politischen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Erst in der vergangenen Woche hat der Senat beschlossen, dass künftig nicht mehr nur das höchste Gebot eine Rolle spielen soll. „Neben seiner Kernaufgabe, der Vermarktung nicht mehr benötigter landeseigener Immobilien, hat der Liegenschaftsfonds zusätzlich Aufgaben mit sozialorientiertem Fokus übernommen“, so Christian Sundermann, Staatssekretär in der Finanzverwaltung. Im Klartext: Vertreter des Senats und der Bezirke werden künftig vor der Vermarktung jedes einzelnen Grundstücks überprüfen, ob „stadtentwicklungs- und mietenpolitische“ Gründe vorliegen, die einem Verkauf zum Höchstgebot entgegenstehen. Ob das aber bedeutet, dass nun vor allem in den attraktiven Innenstadtlagen Kiezinitiativen mit wenig Geld, aber gutem Konzept eine Chance bekommen, ist mehr als fraglich. Zum einen ist das Angebot an Flächen in diesen Lagen knapp. So wurden bereits 2010 die weitaus meisten Grundstücke in den Einfamilienhausgegenden von Marzahn-Hellersdorf (93) und Pankow (93) verkauft. In Charlottenburg-Wilmersdorf waren es dagegen nur 16, in Friedrichshain-Kreuzberg 19. Und selbst wenn das Konzept noch so gut ist: „Ein Verkauf der Flächen unterhalb des Bodenrichtwertes ist auch künftig nicht vorgesehen“, so Lippmann.

Neue Konflikte drohen

Zur Nagelprobe könnte es deshalb bei der Entscheidung über den Verkauf des begehrten Grundstücks an der Invaliden-/Ecke Ackerstraße in Mitte kommen, auf dem Modedesignerin Jette Joop ihren Firmensitz errichten will. Die Vergabe ist seit Langem umstritten, zumal der Bezirk Mitte dort lieber neue Wohnformen mit sozialem Anspruch realisiert sehen will. Offenbar besteht noch Diskussionsbedarf: Auf der Sitzung des Steuerungsausschusses des Liegenschaftsfonds am Mittwoch wurde die Entscheidung verschoben und fällt nun frühestens am 6. April 2011.

Und während der Liegenschaftsfonds noch alte Konflikte vor sich her schiebt, drohen schon neue: So zeichnet sich ein massiver Streit um die alte Bezirksgärtnerei an der Gotlindestraße in Lichtenberg ab. Ein Zusammenschluss von Umweltverbänden, Vereinen und Initiativen spricht sich gegen den Verkauf aus und will die Gewächshäuser für soziale und kulturelle Nutzungskonzepte erhalten. Der Steuerungsausschuss hat dagegen beschlossen, dass ein Teil des Grundstücks in einer Ausschreibung an einen möglichen Kitaträger vergeben, der andere Teil im Bieterverfahren für Wohnnutzung ausgeschrieben werden soll. Am heutigen Donnerstag wollen Aktivisten in der Bezirksverordneten-Versammlung in Lichtenberg dagegen protestieren.