Kreuzberg

Kneipenlärm im Wrangelkiez wird zum Politikum

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Sabine Flatau

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Die Zahl der Touristen im beliebten Berliner Stadtteil Kreuzberg hat sich in den vergangenen Jahren verdreifacht - steigende Mieten und Lärmbelästigung sind die Folge. Die Grünen reagieren jetzt auf die Beschwerden der Anwohner.

Der Wrangelkiez in Kreuzberg ist beliebt bei Touristen und Berlinern. Das hat unerfreuliche Begleiterscheinungen für die Anwohner. Sie beklagen sich immer häufiger über nächtliche Ruhestörung durch Kneipenlärm und durch Gruppen junger Leute, die in den Straßen umherziehen. Wegen der wachsenden Zahl der Beschwerden hat der Grünen-Wahlkreisabgeordnete Dirk Behrendt am Montagabend zu einer Diskussion ins Nachbarschaftshaus an der Cuvrystraße eingeladen. Das Thema: „Hilfe, die Touris kommen.“ Wirtschaftspolitiker, Stadtplanungsexperten und Tourismusmanager wollen mit Anwohnern über die Folgen des Besucher-Booms und über Lösungen reden.

Die Zahl der Übernachtungen im Bezirk habe sich in den vergangenen Jahren fast verdreifacht, sagt Behrendt. 2003 habe sie bei 884000 gelegen, 2009 bei 2,37 Millionen. „Immer mehr Hostels und Hotels werden in Wohngebieten gebaut.“ Die Größen müssten stadtverträglich sein, fordert Behrendt. „Gegen 30 bis 40 Zimmer in einem Haus ist nichts einzuwenden, aber es gibt auch Investoren, die 200 bis 250 Zimmer planen.“ Für den Alt-Bezirk Friedrichshain ist das Bezirksamt bereits aktiv geworden. Es hat beschlossen, die Bettenzahl in den Herbergen zu begrenzen. Genehmigung für neue Hotels und Hostels sollen verweigert werden, wenn sie in ruhigen Wohnstraßen entstehen sollen, nur über einen Wohnhof zu erreichen sind oder wenn es schon andere Herbergen in der Nähe gibt.

Aus Sicht des Grünen-Abgeordneten Behrendt ist auch die wachsende Zahl von Touristenwohnungen bedenklich. Sie könnten per Internet gebucht werden, sagt er. „Hausbesitzer lassen Touristen in Wohnungen übernachten, statt sie zu vermieten.“ Dies habe zur Folge, dass Wohnraum in Kreuzberg knapp werde und Mieten steigen.

Auch die wachsende Zahl der Cafés und Restaurants mache den Anwohnern Sorge, sagt Dirk Behrendt. „Sie finden immer weniger Einzelhandels-Geschäfte in ihren Straßen.“ Dies betreffe nicht nur den Wrangelkiez, sondern auch andere Regionen in Kreuzberg wie etwa den Bergmannkiez. Jüngstes Beispiel sei ein bekanntes Malzubehör-Geschäft an der Falckensteinstraße. „Der Inhaber musste den Laden aufgeben, weil er die hohe Miete nicht mehr zahlen konnte.“

Chancen zur Änderung sieht der Grünen-Politiker in kleinen Schritten und Initiativen. Gastronomen im Wrangelkiez sollten sich zusammensetzen und beraten, wie der Kneipenlärm verringert werden kann. Beispielhaft ist auch das Mediationsverfahren, das im Zuge von Anwohnerbeschwerden über Lärm auf der Admiralbrücke in Gang gekommen ist. Das Bauwerk hat sich in den vergangenen Jahren zur Party-Location entwickelt, die von Musikern und Straßenkünstlern als Auftrittsort genutzt wird. Jetzt vermitteln Mediatoren zwischen Nutzern der Brücke, Anwohnern, Gewerbetreibenden und Behörden. 2010 fand ein Ideenwettbewerb zur Admiralbrücke statt. Einige Vorschläge wurden prämiert, darunter die Idee, ein Lärmmessgerät zu installieren. Es soll bei Überschreitung des Grenzwertes ein akustisches Signal aussenden und um Ruhe bitten.