Berlins Dächer stecken voller Energie - Sonnenenergie. Doch das Potenzial wird bisher kaum genutzt. Berlin will Immobilienbesitzer künftig den Einstieg in die Solartechnik vereinfachen. Ein bundesweit einmaliger Solaratlas soll zeigen, wie viel Strom auf dem Dach ihres Hauses erzeugt werden kann.
Um darauf aufmerksam zu machen, welch gewaltiges Potenzial für die Solarenergiegewinnung mitten in der Stadt vorhanden ist, hat die Berlin Partner GmbH am Dienstag ein bundesweit einmaliges Projekt vorgestellt: einen 3D-Solaratlas im Internet. Damit können Immobilienbesitzer künftig mit wenigen Mausklicks herausfinden, wie viel Strom auf dem Dach ihres Gebäudes erzeugt werden könnte, wie groß die zur Verfügung stehende Dachfläche ist, wie hoch die Investitionskosten wären und wie viel CO2-Emissionen sich damit einsparen ließen.
„Der Berliner Solaratlas betritt Neuland“, so Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Die Senatorin stellte das „Projekt für den Klimaschutz vor der eigenen Haustür“, auf der Immobilienmesse Expo Real in München einem internationalen Publikum vor. „Der Solaratlas bietet die Möglichkeit, ohne großen Aufwand und unverbindlich zu erfahren, was Photovoltaik-Anlagen auf dem eigenen Dach bewirken könnten“, so die Senatorin.
Der Solaratlas nutzt dabei das bereits vorhandene 3D-Stadtmodell des Landes Berlin, das unter anderem auf den amtlichen Katasterdaten basiert. Außerdem wurden für das Projekt nahezu alle Berliner Häuserdächer vom Flugzeug aus mit Lasern vermessen und fotografiert. Dachneigung, Himmelsrichtung und Verschattung konnten anhand dieser Daten genau berechnet werden.
Zwei Pilotgebiete ausgewählt
Allerdings ist bislang noch nicht der gesamte Stadtraum erfasst. Bislang beschränkt sich die Darstellung auf zwei Pilotgebiete in der Stadtmitte rund um die Friedrichstraße sowie ein Wohngebiet in Lichterfelde. Auf einer Fläche von insgesamt 19 Quadratkilometern wurden 14.300 Dächer auf ihre Solartauglichkeit ausgewertet. Bis Frühjahr 2010 soll der Solaratlas dann auf ganz Berlin ausgedehnt werden, kündigte die Senatorin an. Dazu müssen insgesamt Daten zu 500.000 Dächern dargestellt werden. Allerdings wird der Solaratlas nicht alle relevanten Faktoren aufführen, die beim Bau einer Solaranlage auf dem Dach wichtig sind: So werden beispielsweise keine Aussagen darüber getroffen, ob der Dachstuhl eines Hauses die nötige Tragfähigkeit für eine Photovoltaik-Anlage aufweist. „Der Solaratlas ersetzt nicht die weiterhin erforderliche fachmännische Prüfung der Einzelobjekte“, heißt es deshalb warnend auf der Internetseite. Genauso wenig wird bislang erfasst, ob Denkmalschutzauflagen eine Anlage auf dem Haus unmöglich machen. Denkmalschutz-Informationen sollen dagegen in der erweiterten Fassung ab dem Frühjahr noch mit dem Solaratlas verknüpft werden.
Flachdächer werden „Energieriesen“
Zur besseren Übersicht sind die Gebäude im 3D-Solaratlas nicht in ihrer echten Höhe dargestellt, sondern in einer Höhe, die ihrem Solarpotenzial entspricht. Aus unscheinbaren Flachbauten können so regelrechte „Energieriesen“ werden. Am Beispiel des Bahnhofs Friedrichstraße lässt sich dieses Prinzip besonders gut verdeutlichen.
Das Bahnhofsgebäude würde auf seinem Dach Platz bieten für ein 4101 Quadratmeter großes Solarzellen-Feld. Angesichts dieser großen Fläche erscheint das Haus in der Darstellung wie ein Hochhaus. Zugleich ist es auch rot, weil es aufgrund seiner günstigen Lage zudem besonders effizient genutzt werden könnte. 520,8 Megawattstunden pro Jahr könnte die Stromgewinnung sein, die CO2-Reduzierung würde bei 325 Tonnen liegen. Die Kosten einer entsprechenden Solaranlage beziffert das Programm auf 2,05 Millionen Euro. Ob Turnhalle, Schule, Kita oder Einfamilienhaus – alle Daten werden nach dem gleichen System erfasst und berechnet. So kann beispielsweise auf dem Dach eines Einfamilienhauses in der Manteuffelstraße in Lichterfelde eine 26 Quadratmeter große Solaranlage installiert werden. Das Haus ist aufgrund seiner günstigen (Süd-)Lage rot dargestellt. 3,4 Megawattstunden könnten nach den Berechnungen im Jahr erzeugt werden – das entspricht in etwa dem Bedarf eines Drei-Personen-Haushaltes – und 2,1 Tonnen CO2-Emissionen reduziert werden. Die Investitionskosten würden 13.000 Euro betragen.
„Mit dem Solaratlas verfolgen wir zwei Ziele“, so der Geschäftsführer der Berlin Partner GmbH, René Gurka. Berlin Partner ist die zentrale Anlaufstelle in Berlin, die Investoren bei der Ansiedlung unterstützt. „Wir wollen Immobilieneigentümern und Investoren Informationen geben, wie sie den Wert ihrer Liegenschaften durch Solarenergie steigern können“, sagt Gurka. „Zugleich wollen wir aber auch auf die positive Entwicklung der Solarbranche in Berlin hinweisen.“ In dem Atlas finden sich nämlich nicht nur die Energiedaten der einzelnen Dächer, sondern auch die rund 30 relevanten Standorte der Branche in Berlin. „Die Solarenergietechnik ist eine der wachstumsstärksten Branchen Berlins“, sagt Gurka. In den vergangenen drei Jahren seien Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro geplant und zum Teil bereits umgesetzt worden.
Entstanden ist der Solaratlas in Zusammenarbeit mit dem Berliner Senat, der Fachhochschule Osnabrück und dem Dresdner Unternehmen VirtualCitySystems.