Friedrichshain

Tausende demonstrieren gegen Neonazis

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Hans H. Nibbrig und Maren Wittge
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Demonstration in Berlin gegen Neonazis

Tausende demonstrieren in Berlin-Friedrichshain. Unter dem Motto „Gegen rechte Gewalt" haben etwa 4000 Menschen vorwiegend friedlich gegen Neonazis und Rechtsradikale demonstriert.

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Abgesichert durch ein großes Polizeiaufgebot hat in Friedrichshain eine Demonstration gegen rechte Gewalt stattgefunden. Während des überwiegend friedlich verlaufenen Protestmarsches wurden fünf Polizisten leicht verletzt worden. Zehn Protestierende wurden vorübergehend festgenommen.

Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot sind Samstagabend mehr als 4000 Demonstranten durch Friedrichshain gezogen, um lautstark, aber zunächst friedlich, gegen rechte Gewalt zu protestieren.

Die Protestkundgebung führten etwa 250 Demonstranten an, die dem „schwarzen Block“ zuzurechnen sind. Die Polizei war mit mehreren Hundertschaften im Einsatz und begleitete die Demonstration durch den Kiez. Der Zug war mit einer Stunde Verspätung um 19 Uhr am Bersarinplatz gestartet. Zuvor hatte die Polizei dort Kontrollen vorgenommen. Flaschen mussten zurückgelassen oder ausgetrunken werden. „Im Rahmen der Vorkontrollen kam es zu vereinzelten Festnahmen“, sagte ein Polizeisprecher. Die Festgenommenen führten Wurf- oder Schlagwerkzeuge bei sich. „Wenn man gegen das Versammlungsgesetz verstößt, muss man damit rechnen“, sagte der Sprecher.

Der Zug verlief dann weitgehend friedlich. Ein kritischer Punkt am Ende der Strecke war aber die Diskothek Jeton in der Frankfurter Allee, die von der Polizei besonders geschützt war. Die Angehörigen der linksautonomen Szene an der Spitze des Zuges wollten den vereinbarten Abstand zur Diskothek nicht einhalten, sondern versuchten, auch die gesperrte Straßenseite zu benutzen. Die Polizei ließ darauf den Aufzug eng begleitet auch auf der gesperrten Seite weiterziehen und verhinderte so eine drohende Konfrontation. Bereitstehende Wasserwerfer mussten nicht eingesetzt werden. Die Demonstration wurde um 20.35 Uhr vom Veranstalter vor der Diskothek scheinbar spontan für beendet erklärt.

Die Polizei versuchte schließlich nach eigenen Angaben die noch verharrenden rund 500 Demonstranten, die die Lautsprecherdurchsagen ignorierten, langsam von der Fahrbahn und schließlich in die Nebenstraßen wegzudrängen. Es kam vereinzelt zu Rangeleien. Fünf Polizisten wurden leicht verletzt. Nach einer Weile löste sich die Blockade auf und der Verkehr konnte wieder freigegeben werden. Nach Polizeiangaben kam es zu zehn vorübergehenden Festnahmen.

Anlass für die Demonstration war der brutale Übergriff von vier mutmaßlichen Neonazis aus Brandenburg auf einen 22-jährigen Angehörigen der linken Szene am vergangenen Wochenende in der Nähe des S-Bahnhofes Frankfurter Allee. Das Opfer erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen. Zuvor hatten sich die Neonazis eine Auseinandersetzung mit einer Gruppe Linker geliefert. Die Schläger sollen vor ihrem Angriff im Jeton gefeiert haben. Die Brutalität dieser Tat hat nach Einschätzung von Polizeipräsident Dieter Glietsch „die gewaltbereite linksextreme Szene weiter emotionalisiert und mobilisiert“. In der Nacht zum Mittwoch griffen daraufhin wieder linksradikale Randalierer die Disco an.

Kleinere oder größere Zusammenstöße zwischen Links- und Rechtsradikalen gibt es in Friedrichshain immer wieder. Doch seit dem Vorfall vom vergangenen Wochenende herrscht in beiden Lagern eine aufgeheizte Stimmung. Sicherheitsexperten befürchten, dass der seit jeher schwelende Streit zwischen den beiden extremen politischen Lagern eskaliert. Die Polizei hat ihre Präsenz in dem Stadtteil bereits erhöht.

Bereits am Montag steht in Berlin der nächste Großeinsatz an. Dann sichern knapp 2000 Polizeibeamte das Rekrutengelöbnis der Bundeswehr vor dem Reichstag. Besondere Brisanz erhält dieser Einsatz durch einen von einer bislang unbekannten Gruppe via Internet verbreiteten Aufruf zu Gewalttaten gegen Soldaten („Nicht zögern. Reinhauen. Und zwar richtig“).

Um jegliche Gefährdung von Bundeswehrangehörigen und Gästen auszuschließen, wird nicht nur das Areal um den Reichstag abgeriegelt. Auch die Zufahrtswege, über die die Rekruten und Gäste zur Veranstaltung gelangen, werden massiv gesichert.