Morgenpost Online: Frau Grütters, ist dies ein schwarzer Tag für die Hauptstadt?
Monika Grütters: Ich bin sehr enttäuscht und unglücklich über die Verschiebung. Das ist ein weitreichender Beschluss, keine Petitesse.
Morgenpost Online: Ausgerechnet eine bürgerliche Regierung verabschiedet sich ratenweise vom Schloss?
Monika Grütters: Aber zur bürgerlichen Politik gehört auch ein Sinn fürs Haushalten. So bitter das ist.
Morgenpost Online: Jetzt wird die Debatte über den Sinn des Wiederaufbaus beziehungsweise des Humboldt-Forums doch erneut losgehen.
Monika Grütters: Das ist meine große Sorge. Dabei ist das Humboldt-Forum, egal, in welcher Hülle, eine kulturpolitische Jahrhundertaufgabe. Die können wir ohne Glaubwürdigkeitsverlust nicht einfach verschieben oder gar aufgeben. Zum Glück sind in der mittelfristigen Finanzplanung 100 Mio. Euro und ein Baubeginn für 2014 vorgesehen.
Morgenpost Online: Drei Jahre später. Woran liegt es?
Monika Grütters: Ich habe den Eindruck, dass die großartige Idee zum Humboldt-Forum in der Breite der Republik noch immer nicht angekommen ist, sondern dass sie als ein Berliner Anliegen missverstanden wird. Es ist ein Zeichen von Weltoffenheit, wenn wir uns im Herzen der Republik nicht nur mit uns selbst beschäftigen, sondern den Blick auf außereuropäische Kulturen richten. Das hat eine nationale Dimension.
Morgenpost Online: Umso peinlicher der Beschluss, der jetzt zu einer Brache führt?
Monika Grütters: Deutschland gibt sich am zentralen Platz der Republik verlegen und unfertig, das ist ein blamabler Ausdruck der derzeitigen Situation. Alle, die jetzt jubeln, dass man Geld erst mal spart, sollten sich überlegen, welchen Eindruck wir mit einer Brache machen. Ist das wirklich ein adäquater Ausdruck unseres Selbstverständnisses in dieser schwierigen Zeit? Das ist nicht beantwortet. Die Humboldt-Box wird gerade gebaut. Für vier Millionen Euro. Wofür steht die dann? Als Mahnung, für das einmal Beschlossene?
Morgenpost Online: Markiert die Verschiebung den Einstieg in weitere Kürzungen im Kulturbereich?
Monika Grütters: Diese Einsparung kam ja nicht aus dem Neumann-Etat. Der ist einerseits zu klein, andererseits strategisch zu wichtig, er eignet sich nicht als Steinbruch. Kulturstaatsminister Neumann hat sein Budget erneut erfolgreich verteidigt und keine weiteren Kürzungen hinnehmen müssen. Aber es gäbe Einsparmöglichkeiten im administrativen Bereich, nicht bei den Einrichtungen, sondern in der Kulturverwaltung, dann nämlich, wenn diese Behörde endlich komplett nach Berlin ziehen würde.
Morgenpost Online: Zwei Drittel arbeiten derzeit in Bonn.
Monika Grütters: Es würde in diesem kleinen Etat signifikante Beträge bringen. Ich meine, wenn man das Stadtschloss opfert, muss man auch tabulos über den kompletten Umzug von Ministerien nach Berlin nachdenken. Aller Ministerien.