Bundespressestrand

Schavans Bildungsfestung sorgt für Verwunderung

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Isabell Jürgens

Foto: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Die Tage des beliebten Bundespressestrandes in Berlin-Mitte scheinen gezählt. Denn das Bundesbildungsministerium möchte an der Stelle einen Neubau errichten.

Wer in diesen Tagen auf der Homepage der Bundesministerin für Bildung, Annette Schavan (CDU), klickt, findet dort eine Pressemitteilung, die bei Berliner Stadtplanern für Verwunderung sorgt. „Das Bundesministerium für Bildung und Forschung“, heißt es dort, „zieht 2014 mit den Berliner Beschäftigten ans Kapelle-Ufer vis-à-vis zum Kanzleramt.“ Ferner wird dort mitgeteilt, dass der Zuschlag für den Bau des Gebäudes bereits erteilt sei und der Baustart Anfang kommenden Jahres erfolgen werde.

In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist man über diesen nicht abgesprochenen Vorstoß des Ministeriums nicht glücklich. „Der Bebauungsplan ist noch in der Entwurfsphase und bedarf noch der Zustimmung des Abgeordnetenhauses“, so der Sprecher von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD), Mathias Gille. Ob die notwendige Zustimmung des Parlaments noch vor den Berliner Wahlen im September erfolgen könne, sei fraglich. Das ganze Planungsverfahren sei noch längst nicht so weit fortgeschritten, wie das Ministerium das in seiner Mitteilung darstelle.

Der Baustadtrat des Bezirks Mitte, Ephraim Gothe (SPD), hat zudem ganz grundsätzliche Bedenken gegen das Bauvorhaben: „Es ist schon ein sehr misslicher Vorgang, dass das Ministerium eine Planung vorstellt, die überhaupt noch nicht abgestimmt wurde.“

Besonders stört den Stadtrat, dass für das Bundesministerium weder ein Architektur-Wettbewerb noch eine städtebauliche Abwägung stattgefunden habe. „An dieser prominenten Uferpromenade zwischen Hauptbahnhof und Schiffbauerdamm soll nach dem vorliegenden Entwurf eine 120 Meter lange Steinfassade ohne jegliche Form der öffentlichen Nutzung entstehen“, kritisiert er. Seine Befürchtung: Die gigantische „Bildungsfestung“ werde das bunte Leben, das sich vor allem dank der beliebten Freiluftgastronomie „Bundespressestand“ am Ufer angesiedelt hat, endgültig vertreiben. „Wenn dieses Gebäude so gebaut wird wie geplant, ist hier künftig nach Dienstschluss tote Hose“. Der Stadtrat hätte sich dagegen gewünscht, dass im Erdgeschoss des Gebäudes Gastronomie, Geschäfte und auch ein Info-Zentrum des Ministeriums angesiedelt werde, um so „einen Betrag zum urbanen Leben zu leisten“.

Der Baustadtrat betont, dass der Umzug des Ministeriums grundsätzlich begrüßenswert sei. Zumal damit auch bereits die künftige Verlagerung der heute noch in Bonn arbeitenden Bereiche vorbereitet werde.

Erfreulich sei ebenso der Ehrgeiz, beim Bau höchste energetische Maßstäbe anzusetzen und auf Kosteneffizienz zu achten. So soll erstmals in Deutschland ein ziviles Bundesgebäude als Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) gebaut und betrieben werden, also in Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Da der geplante Neubau auf einer Fläche von 54?000 Quadratmetern für die rund 350 Berliner Büroarbeitsplätze viel zu groß ist, sollen die nicht benötigten Flächen so lange anderweitig vermietet werden, bis die Bonner an die Spree ziehen. Nach Auskunft eines Ministeriumssprechers soll das Gebäude „alles inklusive“ 115 Millionen Euro kosten. Durch das ÖPP-Verfahren könne die öffentliche Hand durch dieses Verfahren zudem Einsparungen in Höhe von gut 28 Millionen Euro über einen Vertragszeitraum von 30 Jahren erzielen. Für die Kritik aus Berlin habe man nur bedingt Verständnis: „Die Leiterin des Hauptstadtreferates in der Senatsabteilung für Stadtentwicklung war doch an den Beratungsgesprächen beteiligt“, so der Sprecher. Im Übrigen sei ein Besucherzentrum im Erdgeschoss geplant. Mehr sei nicht möglich: „In Bundesministerien kann man keine Geschäfte reinstecken.“ Man nehme die Bedenken der Berliner jedoch ernst: Am kommenden Donnerstag werde man dem Baustadtrat das Projekt vorstellen.

„Wir hängen in der Luft“

Betroffen von den Plänen des Ministeriums ist auch der Bundespressestrand. Der Mietvertrag, den Geschäftsführerin Johanna Ismayr mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) geschlossen hat, läuft im Herbst aus. Ismayr ist zwar umzugserprobt – schließlich musste die beliebte Uferbar im Regierungsviertel bereits zwei Mal umziehen – doch diesmal droht ein endgültiger Abschied. „Wir suchen einen Alternativstandort im Regierungsviertel, doch das wird immer schwieriger“, sagt sie. Ismayr hofft nun, dass sie angesichts der noch nicht erteilten Baugenehmigung noch ein Jahr länger am Kapelle-Ufer bleiben kann. „Es wäre doch schade, wenn sich hier wiederholt, was dem Restaurant Paris-Moskau widerfahren ist“, sagt sie. Der spreeabwärts gelegenen, legendären Gaststätte an der Straße Alt-Moabit wurde bereits im Mai vergangenen Jahres die Terrasse weggerissen, weil sie dem Neubau des Innenministeriums im Wege stand. Doch statt eines Neubaus wächst auf der Baufläche jetzt Unkraut in die Höhe: Weil zwei Firmen sich bei der Auftragsvergabe benachteiligt fühlen, klagten sie und setzten einen Baustopp durch. Wann weitergebaut werden kann, ist ungewiss.