Die Roma-Familien, die sich seit einer Woche im Südflügel des Hauses Bethanien in Kreuzberg einquartiert haben, sollen vorübergehend in Berliner Obdachlosen-Unterkünften untergebracht werden. Das ist das Ergebnis des gestrigen Runden Tisches im Rathaus Kreuzberg.
Am Gespräch nahmen Vertreter des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, der Senatssozialverwaltung, Angehörige der Roma-Familien und Mitglieder der Initiativen im Bethanien-Südflügel teil. Etwa 100 freie Plätze in Wohnungen und Heimen stünden derzeit in Berlin für Wohnungslose zur Verfügung, sagt Anja Wollny, Sprecherin der Senatssozialverwaltung. Die Notunterkünfte sind über alle Bezirke verteilt. Heute Vormittag werden die Einzelheiten des Umzugs mit den Roma-Familien im Bethanien besprochen. Die Rumänen hätten erklärt, in Berlin sesshaft werden zu wollen, sagt Wollny. Langfristig müssten sie sich eigene Wohnungen und Arbeit suchen.
Das Bezirksamt kritisiert, dass die Rumänen Räume im Südflügel des Bethanien nutzen, die erst kürzlich renoviert worden sind. Deren Besetzung sei rechtswidrig, sagt Bürgermeister Franz Schulz (Grüne). Die Flächen, die früher der Sportjugendclub Kreuzberg nutzte, werden ab Juni benötigt. Eine Kreuzberger Kita soll einziehen, die ihr Gebäude an der Waldemarstraße vorübergehend wegen Bauarbeiten verlassen muss.
Schulz zufolge sind die Roma-Familien als Touristen eingereist. Es sei ein humanitärer Akt, aber keine Verpflichtung, ihnen Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. "Diese Entscheidung ist besonders im Hinblick auf die Kinder der Familien getroffen worden", sagt Schulz. Die Roma hatten zuvor mehrere Wochen im Görlitzer Park gelebt. Nach einer Polizeiaktion im Park am vergangenen Dienstag waren sie von den Initiativen im Bethanien-Südflügel, ehemaligen Hausbesetzern aus dem Projekt Yorck 59, eingeladen worden.
Die Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE), die das Bethanien im Auftrag des Bezirksamtes verwaltet, spricht von Hausfriedensbruch, zu dem die Roma-Familien verleitet worden seien. "Das ist für uns nicht nachvollziehbar", sagt GSE-Geschäftsführer Dieter Ruhnke. "Wir hoffen auf eine rasche Lösung, so dass wir die Räume möglichst schnell zurückbekommen." Nach Angaben von Ina Behtke, einer Sprecherin aus dem Südflügel, sind etwa 50 Roma ins Bethanien gekommen, darunter 15 Kinder. Sie leben von Spenden der Anwohner, der Bethanien-Initiativen und umliegender Kirchengemeinden. Einige versuchen, durch das Putzen von Autoscheiben Geld zu verdienen. Die Familien hatten sich zunächst in den Etagen aufgehalten, die von den Initiativen des Südflügels genutzt werden, und waren am vergangenen Freitag in die für die Kita bestimmten Räume gezogen. Die Rumänen hatten den Vorschlag der Sozialsenatorin abgelehnt, ins Heim für Asylbewerber in Spandau zu ziehen.