Bauprojekt

Berliner Osthafen bekommt ein neues Modezentrum

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Alexandra Maschewski

Foto: Christian Kielmann

Ende Juli soll am Berliner Osthafen zwischen Stralauer Allee und Spree "Labels 2" eröffnet werden. In dem alten Gebäude werden insgesamt 20 Showrooms von namhaften Modemarken Platz finden. Labels-Chef Stefan Sihler ist begeistert von seinem Projekt und vom Osthafen.

Perfekt gebügeltes blaues Oberhemd und weißer Bauhelm, eine Kombination, die man in diesen Wochen viel sieht bei Stefan Sihler. Irgendwie könnte sie auch exemplarisch für den beruflichen Hintergrund des 46-Jährigen stehen, schließlich ist Sihler von Haus aus Rechtsanwalt, doch schon seit Jahren auch als Projektentwickler aktiv. Sein aktuelles Ziehkind heißt "Labels 2" und befindet sich zwischen Stralauer Allee und Spree. In dem Rohbau, in dessen Zentrum ein riesiges Loch durch alle vier Geschosse die "Showtreppe à la Guggenheim Museum" lediglich erahnen lässt, sollen schon Ende Juli insgesamt 20 Showrooms von namhaften Modemarken eröffnen.

"Hier vorne im Empfangsbereich soll der Concierge sitzen", erklärt der gebürtige Münchener. Momentan sitzt hier allerdings nur ein Bauarbeiter im Karohemd, der Mittagspause macht. Eigentlich sollte der 40 mal 40 Meter messende Glaskubus mit den geschwungenen Fenstern pünktlich zur Fashion Week Anfang Juli eröffnen - doch der harte Winter hat diese Pläne zunichte gemacht. "Sechs Wochen lang konnte man keinen Beton gießen, aber wir haben drei Wochen aufholen können", sagt Sihler pragmatisch. Er ist nicht der Typ, der jammert. Lieber erzählt er von seinen Plänen. Vom allgemein zugänglichen Erdgeschoss mit Restaurant, das auf der Wasserseite entstehen soll, zum Beispiel. Im oberen Geschoss wird dann die Mode zu Hause sein. Showrooms von Marken wie Puma, Camel Active, Mavi Jeans, Marc O'Polo und S. Oliver sollen einziehen, um hier das ganze Jahr hindurch Einkäufer empfangen zu können. Ein paar Marken haben sich erstmalig für eine Repräsentanz in Berlin entschieden, andere wechseln den Ort, verlassen etwa das "Mode-Center" im Ullsteinhaus.

Gute Nachfrage trotz Krise

Stefan Sihler steht im dritten Stock in einer Ecke und blickt nach draußen in Richtung Oberbaum-Brücke: "Mich begeistert der Blick immer wieder. Es gibt hier in Berlin einfach keine bessere Location, das sagen auch viele Mieter." Sihler klingt nicht großspurig, aber ziemlich selbstbewusst. Tatsächlich ist er auch voller Zuversicht. Auch wenn der wegen der allgemeinen Wirtschaftskrise die Vermietung "nicht von leichter Hand" gegangen sei und es "drei oder vier Absagen" gegeben habe, so sei "Labels 2" mittlerweile doch zu mehr als 80 Prozent vermietet. "Der wirtschaftliche Break-Even-Point war bereits im Januar erreicht", sagt Sihler.

"Wir haben noch verschiedene Interessenten und können uns die letzten Mieter in aller Ruhe aussuchen." Denkbar wäre auch, die verbleibenden Showrooms noch eine Weile frei zu lassen, und sie für eine temporäre Nutzung zur Verfügung zu stellen, genauso wie die Dachfläche. "Im Erdgeschoss, das auch eine Eventfläche von 900 Quadratmetern umfasst, zieht mit dem Team von ,40seconds' ein kompetenter Veranstalter von Kongressen ein." Man hofft auf Synergieeffekte. Ein wichtiges Stichwort ist in diesem Zusammenhang auch die Bread&Butter. "Wir haben die Zugkraft der Messe durchaus gespürt", sagt Sihler. "Viele sagen sich nun: Berlin will wieder ganz oben mitspielen, und mit der Bread&Butter wird das auch gelingen."

Stefan Sihler hat schon vor der Rückkehr der populären Tradeshow daran geglaubt, dass der Osthafen der richtige Standort für ein hochwertiges Modezentrum ist, von wo aus sich die Märkte im Nord- und Ostteil Europas erschließen lassen. Deshalb hat er 2006 "Labels Berlin" eröffnet. Hat das denkmalgeschützte und stark kriegsbeschädigte Gebäude von 1914 für 15 Millionen Euro saniert, hat Firmen wie Hugo Boss und Escada und Orwell als Mieter gewonnen - und hat noch eine Option auf angrenzende Grundstücke erworben. Das Gelände von rund 20 000 Quadratmetern hält noch drei ausgewiesene Baufelder bereit. Dass intern von Labels 1 und 2 die Rede ist hat einen Grund - wenn es nach Sihler und den dänischen Investoren geht, die hinter dem Projekt stehen, dann sollte es auch noch ein Labels 3 geben. Investitionsvolumen wie beim noch nicht ganz fertigen Kubus: 20 Millionen Euro.

Im Herbst 2010 könnte man mit dem Bau beginnen, 2011 könnte Labels 3 dann fertig sein, die Architektur würde wieder besonders sein, und man hätte Platz für noch mehr Marken. Die Anbindung an den dann fertiggestellten Großflughafen BBI wäre ideal. Hätte, würde, könnte - so einfach, wie Stefan Sihler gehofft hatte, ist das Ganze nicht. Schließlich muss es vorher noch zu einer Einigung mit der Stadt in Sachen Kaufpreis kommen. "Aus einer hässlichen Brache könnte man ein lebenswertes Gebiet machen. Und es gibt zurzeit kein anderes Nutzungskonzept, das so konkret ist wie unseres."

Die Quadratmeterpreise in Labels 2 liegen höher als im sanierten Speichergebäude. Sihler deutet auf Schläuche, die an einer Wand zu sehen sind. "Das hier ist ein ,Green Building' - durch diese Schläuche wird Spreewasser fließen. Im Winter zum Wärmen, im Sommer zum Kühlen." Die Installation sei zwar kostspielig, dafür würden die Nebenkosten massiv gesenkt.

Viele gute Ideen

Ideen hat der Rechtsanwalt, der auch selbst Labels-Investor und überdies Vorsitzender der Initiative Mediaspree ist, viele. Spätestens im Frühjahr soll es begleitende Events geben. Und sollte es am Osthafen tatsächlich nicht weitergehen, dann vielleicht woanders. Stefan Sihler hat Anfragen für Projekte in Frankfurt, Istanbul, Hongkong und Abu Dhabi. Dass sein Herz aber für Berlin schlägt, wird deutlich, als hinter dem Namen "Labels" auch noch die Zahl "4" auftaucht. Dort wäre "eine andere Nutzung" als Showrooms denkbar. Verpflichtend sei jedoch einmal mehr die besondere Architektur: "Das hat dieser Standort einfach verdient."