Schinkelplatz 1 in Mitte – eine prominentere Adresse für einen der prominentesten Bauten Karl Friedrich Schinkels kann es in Berlin nicht geben. Doch so wie es derzeit aussieht, wird das Gelände eine Brache bleiben. Am Montag hat der Liegenschaftsfonds Berlin das Vergabeverfahren eingestellt, mit dem das Grundstück veräußert werden sollte. Damit rückt der Wiederaufbau der Bauakadamie als Nachbarin des geplanten Humboldt-Forums in weite Ferne. Das Geschäft scheint geplatzt.
Für jeden Sammler historischer Stadtansichten ist sie ein Muss, in jedem gut sortierten Antiquariat ist sie zu finden: die Bauakademie als Stahlstich oder als Lithografie. Der Schinkelbau gilt als erster architektonisch bedeutsamer Industriebau. Gerade deshalb ringen Architekten, Stadtplaner und der Senat seit Jahren um den Wiederaufbau der historischen Bauakademie am Schinkelplatz. Immerhin geben bedruckte Planen bereits eine Idee davon, wie der rote Ziegelbau in Berlins Mitte einst ausgesehen hat – und wieder aussehen könnte.
Bedingungen sollen nicht investorenfreundlich gewesen sein
„Man beginnt wieder von vorn“, zeigte sich auch Wolfgang Schoele, der Vorsitzende des 1994 gegründeten „Fördervereins Bauakademie“, am Montag enttäuscht. Die Bedingungen, mit denen der Liegenschaftsfonds in einer europaweiten Ausschreibung einen Investor gesucht habe, seien nicht investorenfreundlich gewesen: „Er sollte nicht nur das Gebäude errichten, sondern auch 75 Prozent der Flächen der Akademie für Architektur und Städtebau unentgeltlich zur Verfügung stellen.“ Das setze voraus, dass der Investor betriebswirtschaftlich nicht rechnen könne oder bereit sei, als Sponsor aufzutreten. In einer Masterarbeit hätten zwei Diplom-Ingenieure der Technischen Universität ausgerechnet, dass 45 Millionen Euro zum Wiederaufbau der Bauakademie nach historischem Vorbild nötig wären. Besonders die Fassade, die mit Schmucksteinen aus gebranntem Ton und Reliefplatten ausgestattet war, würde entsprechend aufwendig in der Rekonstruktion sein. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher stellt unterdessen trotz fehlender Sponsoren die Idee nicht infrage: Das Ziel sei nach wie vor, die Außenhülle zu rekonstruieren.
Ein potenzieller Mäzen und Investor, Hans Wall, stand und steht aber immer noch bereit. Wall hatte angeboten, 15 Millionen Euro für den vom Senat auf 20 Millionen Euro kalkulierten Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Seine Bedingung: Für Mehrkosten müsse das Land Berlin aufkommen. „Das entsprach jedoch nicht den festgelegten Angebotsbedingungen“, teilte der Liegenschaftsfonds zur Ablehnung des Angebots mit. Niemand habe das finanzielle Risiko des Baus übernehmen wollen. Nach Auskunft von Liegenschafts-Sprecherin Irina Dähne wird jetzt geprüft, ob es noch andere Modelle zur Wiedererrichtung der Bauakademie gibt: „Wir sind weiter im Gespräch mit den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Kultur, dem Verein der Internationalen Bauakademie Berlin und Herrn Wall.“
Der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin (AIV) würde den Wiederaufbau der Bauakademie ebenfalls begrüßen – schon aus stadträumlicher Sicht. Schließlich handele es sich um ein Denkmal der Industriearchitektur, die Schinkel als Novum präsentiert habe. Dass die öffentliche Hand, die kein Geld investieren will, „unangebrachte Bedingungen diktieren will“, sieht AIV-Vorstandsmitglied Uwe Hameyer als Knackpunkt: „Für einen Investor muss das Projekt auch ökonomisch lösbar sein.“
Unternehmer Wall will seinen Traum nicht fallen lassen
Hans Wall jedenfalls will seinen Traum vom „eigenen Schloss“, wie er sein Projekt augenzwinkernd beschreibt, noch längst nicht fallen lassen: „So schnell gebe ich nicht auf, auch wenn ich eingestehen muss, dass ich über die Entscheidung ziemlich enttäuscht bin.“
Schließlich passe die Idee, die Schinkel'sche Bauakademie zu unterstützen, gerade in sein Metier ausgesprochen gut hinein: „Ich habe dank weltberühmter Architekten und Designer, die mir meine Produkte kreierten, Erfolg gehabt. Davon möchte ich Berlin etwas zurückgeben. Deshalb will ich für die künftige Bauakademie eine Stiftung gründen. In der Bauakademie könnten dann die künftigen Architekten und Stadtplaner ausgebildet werden.“ Auch für ihn seien 15 Millionen Euro aber kein Pappenstil. Deshalb werde er sein Angebot auch nicht erhöhen. Aber vielleicht gebe es doch noch eine Lösung, indem mehr Flächen in der künftigen Bauakademie – beispielsweise das Foyer – vermarktet werden könnten. Zusammen mit seinen Beratern will Wall in Kürze entsprechende Vorschläge anbieten. „Ich bin immer noch Feuer und Flamme. Je mehr ich über Schinkel lese, desto begeisterter bin ich“, schwärmt Wall. Und falls doch noch Geld fehlen sollte, könnten sich ja auch weitere Förderer beteiligen: „Ich würde mich freuen“, sagte Wall.
Hans Kollhoff, Architekt und Präsident des Vereins Internationale Bauakademie, rügte am Montag die Informationspolitik der Behörden als „fahrlässig“. Schließlich gebe es die Zusicherung von Hans Wall über 15 Millionen Euro. „Das ist knapp, aber damit kommen wir aus. Wir können drinnen arbeiten, und von außen sieht das Gebäude aus wie das historische.“ Wenn es überhaupt ein Risiko gäbe, sei es überschaubar. Schließlich gebe es auch ein Risikomanagement. Kollhoff sagte weiter, er hoffe, es sei allen Beteiligten klar, dass das Angebot von Wall sehr großzügig sei. „Da sollten administrative Behördenprobleme doch wohl in den Griff zu kriegen sein“, mahnte Kollhoff.