Der einst jüngste Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf ist in die Jahre gekommen. Das Durchschnittalter der Bewohner steigt stetig und liegt derzeit bei 42 Jahren. Bürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) sagt voraus, dass ihr Bezirk in zehn bis 15 Jahren der älteste Berlins sein wird. Darauf müsse man sich bereits jetzt schon mit altersgerechten Wohnungen oder Klubs und anderen Angeboten für Senioren einstellen. Gleichzeitig aber hat jüngst ein Babyboom eingesetzt. Deshalb müssen nach den Abrissen der vergangenen Jahre neue Kita-Plätze geschaffen werden. In Biesdorf wird sogar eine Kita gebaut, und es entsteht dort der erste neue Spielplatz seit zehn Jahren. Im Bezirk leben derzeit 248 000 Menschen.
Wirtschaft
Solarzentrum : Größtes Bau- und Wirtschaftsprojekt in Marzahn-Hellersdorf ist der künftige CleanTechBusiness-Park von internationalem Rang im Eastside-Gewerbegebiet an der Wolfener/Bitterfelder Straße. Er soll bis 2011 auf einer Fläche von 90 Hektar fertig sein. Wirtschaftsstadtrat Christian Gräffs (CDU) Vision: "Marzahn hat die einmalige Chance, Zentrum der Solarmodul-Industrie in Berlin zu werden." In diesem Jahr stehen wichtige Erschließungsarbeiten auf dem Programm. Die Senats-Wirtschaftsverwaltung hat dafür Fördermittel in Höhe von 24 Millionen Euro bereitgestellt. Das Geld soll unter anderem für den Abriss des früheren Klärwerkes Falkenberg, für neue Be- und Entwässerungsanlagen oder Straßen auf dem Areal verwendet werden. Mit der Firma Inventux Technologies AG ist das erste Unternehmen für Dünnschicht-Module seit Ende 2008 bereits ansässig. Es will sich 2010 vergrößern. Absichtserklärungen zur Ansiedlung gaben die Linde Nippon Sanso GmbH - ein weltweit führender Anbieter von Spezialgasen für die Modul-Produktion - und der kalifornische Modulproduzent KaliSolar ab. Gräff: "Zum Marketing besuchen wir 2010 etliche Fachmessen."
Wirtschaftstag: Der bisherige gemeinsame Wirtschaftspartnertag der Bezirke Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg erhält in diesem Jahr den Rahmen einer Industriekonferenz. Sie soll im September höchstwahrscheinlich in der Knorr-Bremse AG über die Bühne gehen. Hochkarätige Vertreter aus der Wirtschaft und der Politik werden erwartet.
Medizin
Klinikneubau: DerVivantes-Konzern beginnt in diesem Jahr mit dem Rohbau eines neuen Krankenhauses für sein Klinikum Hellersdorf. An der Myslowitzer Straße in Kaulsdorf entsteht bis 2011 eine Klinik für Psychiatrie. Die zwei- und dreistöckigen Häuser im Pavillonstil sollen 190 Patienten aufnehmen. Alle Gebäude werden durch gläserne Gänge miteinander verbunden. Großzügige Innenhöfe mit Gärten sind geplant. Vivantes investiert allein in diesen Neubau 23 Millionen Euro. Die Psychiatrie zieht vom jetzigen Standort Brebacher Weg an die Myslowitzer Straße um. Dort ist ab 2012 ein zweiter Bauabschnitt für alle somatischen Medizinbereiche geplant.
Bauen
Stadtumbau Ost: Das Programm "Stadtumbau Ost" der landeseigenen Degewo in Deutschlands größter Plattenbau-Siedlung Marzahn neigt sich seinem Ende zu. Nach neun Jahren steigt in der Wohnanlage Mehrower Allee 38-46 noch in diesem Monat das Finale. In der ehemals achtstöckigen, jetzt drei- bis fünfstöckigen Häuserzeile werden die letzten 50 umgerüsteten Wohnungen an die Mieter übergeben. Das Alter 50 plus steht im Mittelpunkt. Zwei Etagen sind für betreutes Wohnen vorgesehen. Im Frühjahr werden die Außenanlagen fertig. Insgesamt umfasste das Stadtumbau-Ost-Projekt seit 2002 zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes in Marzahn 4632 Plattenbau-Wohnungen. 3538 wurden komplett abgerissen, die anderen bedarfsgerecht modernisiert.
Marzahner Promenade: Dieses bislang stiefmütterlich behandelte Shopping-und Flanier-Zentrum inmitten von Marzahn erhält ein neues Gesicht. Mit dem Umbau wird in diesem Jahr begonnen. Möglich machen es Fördermittel in Millionenhöhe aus dem Berliner Wettbewerb "Aktive Stadt". Als erster Schritt soll sich für eine bessere Aufenthaltskultur eine mehrere hundert Meter lange Sitzbank aus Beton die Promenade entlang schlängeln. Sie wird von viel Grün oder Skaterrampen flankiert. Auch das Zentrum "Helle Mitte" in Hellersdorf soll umgestaltet und baulich aufgewertet werden.
Parks
Klostergarten: Die Schau internationaler Gartenbaukunst im Erholungspark Marzahn an der Eisenacher Straße 99 wird in diesem Jahr um eine Zierde erweitert. Zu den bisher acht exotischen "Gärten der Welt" gesellt sich im Sommer ein "Christlicher Garten". Sein etwa hundert Meter langer Wandelgang wird in moderner Form an einen klösterlichen Kreuzgang erinnern. Er ist von goldfarbenen Aluminium-Leisten umrahmt, auf denen Passagen aus dem Alten und Neuen Testament zu lesen sind. Neben den biblischen Texten wurden auch literarische und philosophische Texte ausgewählt. Der Gartenhof ist von immergrünen Hecken und weiß blühenden Stauden geprägt, 113 Buchen und 560 Stechpalmen werden gepflanzt.
Fußgängerbrücke: Einer der schönsten Stadtteilparks des Bezirks soll bis zum Frühjahr vollendet und öffentlich zugänglich sein. Der Bau einer 75 Meter langen Fußgängerbrücke aus Stahl über die Grünanlage mit Biotop am U-Bahnhof Hellersdorf östlich der Riesaer Straße hatte sich um ein Jahr verzögert. Grund waren die enorm gestiegenen Stahlpreise. Der Park wird im April nach Kurt Goldstein (1914-2007) benannt. Er war Spanienkämpfer, KZ-Häftling und Ehrenvorsitzender des Internationalen Auschwitz-Komitees. Ein neuer Park vis-á-vis trägt den Namen der 2001 verstorbenen SPD-Politikerin Regine Hildebrandt.
Kultur
Gründerzeitmuseum: Das Museum im Gutshaus Mahlsdorf am Hultschiner Damm 333 feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen. Deutschlands berühmtester Transvestit Charlotte von Mahlsdorf alias Lothar Berfelde (1928-2002) hatte es am 1. August 1960 gegründet. Er trug Europas größte Gründerzeitsammlung zusammen, so die berühmte "Mulackritze" aus dem Berliner Rotlicht-Milieu der 20er-Jahre, Möbel, Haurat oder Musikautomaten. Geöffnet: mittwochs und sonntags, 10-18 Uhr, mit Führungen. Nachdem die Fassade und alle Museumsräume saniert sind, soll die Modernisierung des 200 Jahre alten Hauses in diesem Jahr weiter gehen.
Kulturmarathon: Unter dem Motto "kultour á la carte" kann am 27./28. März zum 5. Mal rund um die Uhr eine kulturelle Entdeckungsreise durch den Bezirk unternommen werden. Beim Kulturmarathon bieten mehr als 30 Einrichtungen von Kulturstätten über Kirchen bis zu Ateliers oder Werkstätten Programme.
Bildung
Sekundarschulen: Zum Schuljahresbeginn 2010/2011 werden zehn Sekundar- und Gemeinschaftsschulen in Betrieb genommen. Es handelt sich um die Haeckel- und Rudolf-Virchow-Gesamtschule sowie um die Klingenberg-, Caspar-David-Friedrich-, Johann-Julius-Hecker- und Konrad-Wachsmann-Gesamtschule. Auch die jetzige Jean-Piaget-Hauptschule und die 9. Hauptschule werden zur Sekundarschule. Die Bruno-Bettelheim-Grundschule und die Thüringen-Oberschule bilden eine Gemeinschaftsschule, auch die Mozart-Grundschule erhält diesen Status. Ein Ganztags-Gymnasium wird es noch nicht geben, da sich das interessierte Otto-Nagel-Gymnasium wegen Raummangels nicht eignete. Die meisten dieser Schulen erhalten zur energetischen Sanierung Mittel aus dem Konkunkturprogramm II des Bundes.
Soziales
Baby-Gutscheine: Das Bezirksamt schenkt jedem, seit 1. Januar neugeborenen Kind 40 Euro. Dieser "Familienbildungsgutschein" - bisher einmalig in Berlin - kann bei Vereinen und in Einrichtungen für zwölf verschiedene Eltern-Kind-Kurse eingelöst werden. Dort lernen die Eltern, was ihrem Baby gut tut, so Massagen, und wie Erziehungsfehler zu vermeiden sind. Der Gutschein gilt auch für jedes angenommene Pflege- und Adoptivkind und für Mütter oder Väter mit Migrationshintergrund. Für 2010 und 2011 stehen dafür jeweils 25 000 Euro bereit.
Arche: Das christliche Kinder- und Jugendwerk "Die Arche" mit seinem Stammhaus in Hellersdorf feiert in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen. Es war am 25. November 1995 von Pfarrer Bernd Siggelkow als "Kirche für Menschen" gegründet worden. 2001 wurde ein ehemaliges Schulgebäude an der Tangermünder Straße 7 bezogen und ausgebaut. Eine seit Jahren leer stehende Turnhalle soll nun zur Mehrzweckhalle für Sport und Veranstaltungen umgestaltet werden, Kosten: etwa 200 000 Euro. "In der neuen Halle wird auch das Gründungsjubiläum begangen", sagt Siggelkow. Derzeit werden täglich bis zu 600 bedürftige Kinder und Jugendliche betreut, so mit kostenlosem Mittagsessen.
Finanzen
Haushalt: Der aktuelle Schuldenberg des Bezirkes liegt bei 32 Millionen Euro. Damit ist Marzahn nach wie vor der am höchsten in der Kreide stehende Bezirk Berlins. Finanzstadtrat Stefan Komoß (SPD): "Im Rahmen eines Konsolidierungskonzeptes zum Abbau von etwa 21 Millionen Euro bis 2011 nehmen wir aber ein zweijähriges Tilgungsmoratorium der Senatsfinanzverwaltung gern in Anspruch." Sorgen bereiteten die steigenden Kosten für "Hilfen zur Erziehung". Für 2009 gebe es noch keinen Abschluss, doch sehe es so aus, dass im vierten Quartal im Bezirksetat durch eine Haushaltssperre 3,8 Millionen Euro eingespart werden konnten. Weitere Potenziale ergeben sich aus der Schließung von 16 Sportanlagen. Der Bezirk verfügt aber immer noch über ausreichend Sportstätten, insgesamt 80. Keiner der 17 Jugendklubs oder eine andere Einrichtung soll schließen.
Mühle
Hochzeiten: Die Bockwindmühle im Dorfkern Alt-Marzahn wird 2010 an sieben Tagen jeweils freitags zum "Hochzeitstempel". Müller Jürgen Wolf bietet für Trauungen folgende Termine an: 23. April, 28. Mai, 25. Juni, 9. Juli, 20. August, 3. und 17. September. Tel. 545 89 95.
Senioren
Akademie: Die Seniorenakademie "alt-Klug" wendet sich an ältere Semester ab 50 plus. Im Fokus des Vorlesungsprogramms stehen Gesundheitsfragen, Themen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kunst, Kultur. Partner sind Krankenhäuser und Bildungsstätten.