Lichtenberg vereint zwischen der Plattenbau-Großsiedlung Hohenschönhausen und dem beschaulichen Karlshorst großstädtisches Leben und dörfliches Idyll. Tradition und Moderne spiegeln sich auch in den diesjährigen Bauvorhaben wider. Dabei nimmt die Ansiedlung des schwedischen Möbelkonzerns Ikea mitten im Bezirk die absolute Spitzenposition ein. Für die Belebung der Landsberger Allee wird davon eine Signalwirkung erwartet. Starke Akzente setzt der Bezirk im sozialen Bereich. Die Einwohnerzahl hat sich bei etwa 250 000 eingepegelt, zur Bezirksfusion 2001 waren es noch 261.000.
Bauprojekte
Ikea : Das vierte Ikea-Möbelhaus in der Region Berlin-Brandenburg soll im November in Lichtenberg öffnen. Die Bauarbeiten haben in der vergangenen Woche auf einer Brache an der Landsberger Allee 364 nahe Rhinstraße begonnen. Das Einrichtungshaus bekommt eine Verkaufsfläche von 21 000 Quadratmetern, wird aber mit 43 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche das zweitgrößte Ikea-Möbelhaus in Europa nach Stockholm sein. Ikea-Expansionschef Armin Michaely: "Mit der großen Lagerkapazität sorgen wir dafür, dass die meisten Waren immer vorrätig sind." Außerdem richte man Ausstellungen für die Ausstattung von Plattenbau-Wohnungen ein. 1600 Parkplätze sind vorgesehen, 250 neue Arbeitsplätze entstehen. 70 Millionen Euro werden investiert.
Schoko-Fabrik: Eine ehemalige Schokoladenfabrik wird zur erstklassigen Wohnadresse. In das seit 1992 leer stehende Industrie-Denkmal an der Konrad-Wolf-Straße gegenüber dem Sportforum Hohenschönhausen werden etwa 70 Lofts eingebaut. Pläne, in dem langen Backsteinbau auch Geschäfte unterzubringen, wurden aufgegeben. Im Umfeld entstehen Reihenhäuser. Ein rheinland-pfälzisches Unternehmen investiert 20 Millionen Euro.
Kraftwerke : Für zwei neue Kraftwerke in Rummelsburg beginnt im Februar im Bezirksamt die Bürgerbeteiligung. Es handelt sich um ein Biomasse-Kraftwerk und um ein Gas-Dampf-Kraftwerk. Baustadtrat Andreas Geisel (SPD) gab jetzt bekannt, dass bis Mitte 2011 ein Bebauungsplan festgesetzt sein soll. Baubeginn könne im Frühjahr 2013 sein. Ans Netz gehen sollen beide Anlagen mit einer Wärmeleistung von 450 Megawatt im Jahr 2016. Ihr Standort befindet sich hinter dem jetzigen Kraftwerk Klingenberg an der Köpenicker Chaussee/Blockdammweg. Vattenfalls ursprüngliche Pläne für ein Steinkohle-Kraftwerk waren auf massiven Widerstand gestoßen. Der Kühlturm soll nur noch eine maximale Höhe von 60 Metern haben, 140 waren vorgesehen.
Kulturhaus
Abriss : Das Kulturhaus Karlshorst an der Treskowallee - um 1900 als Ballhaus und Ausflugslokal entstanden - wird Ende 2010 abgerissen. Noch bis September läuft das Veranstaltungsprogramm. Auf dem Grundstück entsteht bis 2011 ein neues Gebäudeensemble. Der Bezirk wird Teile zur Nutzung als Kulturhaus mieten. Die Berliner Lahrs & Holst Projekte GmbH investiert neun Millionen Euro.
Bürgerentscheid
Pro und Contra SB-Warenhaus : Zum ersten Berliner Bürgerentscheid für den Bau eines Supermarktes sind die Lichtenberger am 21. März in 74 Wahllokalen an die Wahlurnen gerufen. Sie können darüber abstimmen, ob die saarländische Globus-Kette an der Landsberger Allee nahe dem neuen Ikea-Haus ein SB-Warenhaus mit 8400 Quadratmetern Verkaufsfläche errichten kann. Das Bezirksamt sowie Linke, SPD und Grüne lehnen das Vorhaben ab. Grund: Der überdimensionierte Supermarkt würde Einkaufscenter und Händler in der Umgebung kaputt machen. Bei einem Bürgerbegehren waren 10 000 Unterschriften für das Warenhaus gesammelt worden.
Sanierungsgebiet
Stasi-Zentrale : Der 150 Hektar große Kiez Frankfurter Allee Nord um das ehemalige Stasi-Hauptquartier soll im Frühjahr vom Senat für zehn Jahre als Sanierungsgebiet gekürt werden. Es mangelt dort an Geschäften, Cafés, Spielplätzen und Grünanlagen. Am problematischsten ist aber der Riesen-Plattenbaukomplex (22 Hektar) des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit. Die Hälfte von 50 000 Quadratmetern Bürofläche steht schon leer, noch mal so viele, wenn die Deutsche Bahn AG Ende des Jahres mit ihren 450 Mitarbeitern in das neue Verwaltungsgebäude am Nordbahnhof zieht. Der Baustadtrat denkt an einen europaweiten städtebaulichen Wettbewerb für die einstige Stasi-Zentrale.
Gedenkstätte
Dauerausstellung : Mit dem Ausbau der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen an der Genslerstraße 66 wird begonnen. Sie soll bis 2011 um eine 700 Quadratmeter groß Dauerausstellung über das Terrorregime in den DDR-Gefängnissen, ein Foyer, eine Cafeteria und eine Bibliothek erweitert werden. Für das gesamte Projekt stellten die Bundesregierung und das Land Berlin 13,1 Millionen Euro bereit.
Bildung
Schulreform: Im Rahmen der Schulreform entstehen in Lichtenberg aus Haupt-, Real- und Gesamtschulen neun Sekundarschulen, so Puschkin-Gesamtschule, Fritz-Reuter-Schule, Schule am Rathaus, Gutenberg-, Mildred-Harnack- und Georg-Orwell-Schule. Die Paul-Schmidt-Hauptschule fusioniert mit der Philipp-Reis-Realschule an deren Standort, die Keith-Haring-Schule mit der Vincent-van-Gogh-Realschule an der Wustrower Straße. Auch die Werner-Seelenbinder-Sportschule wird Sekundarschule. Vier haben gymnasiale Oberstufe.
Verkehr
Straßenbau: Größtes Straßen-Neubauprojekt wird 2010 der Straßenzug zwischen Am Tierpark und Treskowallee im Abschnitt Criegern- bis Gregoroviusweg. Täglich bis zu 30.000 Autofahrer müssen mit Verkehrseinschränkungen rechnen. Auch die Gehwege werden erneuert. Gesamtkosten: etwa 800.000 Euro.
Tiere
Tierpark: Der Tierpark in Friedrichsfelde feiert zwei Jubiläen. Am 7. November wird der 100. Geburtstag des Gründers und langjährigen Direktors Prof. Heinrich Dathe begangen, im Juli das 55-jährige Bestehen von Europas größtem Landschaftszoo. Der Förderverein startet die Spendenaktion "Datheimpuls". Vorsitzender Thomas Ziolko: "Aus den Erlösen stiften wir einen jährlichen Heinrich-Dathe-Preis für Schulen und Vereine." Auch wird der Umbau der Bärenschlucht finanziert, eine der ältesten Anlagen. Dort leben Brillenbären.
Tierheim: Für neue Tierhäuser hat das Tierheim Berlin am Hausvaterweg 39 in Falkenberg in diesem Jahr kein Geld. "Aber für 150.000 Euro aus Spenden wird im April ein Tierschutztreff eröffnet", sagt Geschäftsführer Marcel Gäding. Dieses Café soll 35 Gäste fassen und auch Wanderern durch die Barnimer Feldmark zur Verfügung stehen. Geplant seien in dem Treff auch Vortragsabende und Seminare für Tierschützer.
Soziale Brennpunkte
Streetworker Der Bezirk will verstärkt armen jungen Familien und Alleinerziehenden helfen. In den sozialen Problemkiezen Biesenbrower Straße, Ribnitzer Straße in der Plattenbausiedlung Hohenschönhausen und am Tierpark in Friedrichsfelde werden dafür erstmals Familien-Streetworker eingesetzt. Sie bieten auf Straßen und Plätzen oder in Einkaufszentren Hilfe an. Im Etat sind dafür 250 000 Euro fest eingeplant.
Finanzen
Haushalt: "Wir haben einen soliden Haushalt für 2010/11 aufgestellt", sagt Bürgermeisterin Christina Emmrich (Linke). So stehen 800.000 Euro mehr für die Schulreinigung und 400.000 Euro für Neuanschaffungen in Bibliotheken zur Verfügung, mehr Geld auch für den Mutter-Kind-Bereich, aber 250.000 Euro weniger für Jugendklubs. Reduzierte Öffnungszeiten, aber keine Einrichtung muss schließen.
Kiezfonds: In Lichtenberg und damit erstmals in einem Berliner Bezirk gibt es in diesem Jahr flächendeckend einen Kiezfonds. Je 5000 Euro können in allen 13 Stadtteilen von einer Bürgerjury für kleine Projekte bis zu tausend Euro eingesetzt werden.
Verwaltung
Arbeitskräfte: Sorgen bereitet die sinkende Zahl der Beschäftigten im Bezirksamt. Die Bürgermeisterin sagt: "Der Senat genehmigte uns für 2010 nur fünf Neueinstellungen." Da noch 460 Mitarbeiter bis 2019 aus Altersgründen ausscheiden, beginne man ab September 2010 wieder mit der Ausbildung von Verwaltungsfachangestellten.