06:10 Uhr: Andrea König säubert den Rasen an der Berliner Mauer. „Bis um zehn muss alles tipptopp sein“, sagt die Gärtnerin, „dann kommen die Gäste.“ Vorher muss der Garten vom „Kleinen Muck“ hergerichtet, vor Peter Löwenzahns Bauwagen nach dem Rechten gesehen oder Unterholz in einem Militärcamp beseitigt werden – alles originale Filmkulissen im Filmpark Babelsberg. „Manchmal fangen wir schon vor fünf Uhr an“, sagt König.
09:15 Uhr: Mit Messern, Pinseln und Spachteln formt Maskenbildnerin Larissa Helwig lebensechte Stirnfalten und Augenringe eines furchteinflößenden Horrorchirurgen. Das Schlachtermesser in der Hand und die Schürze blutverschmiert ist er einer der ersten Vorboten der kommenden Horrornächte im Oktober, die aufwendig vorbereitet werden und sich wachsender Beliebtheit erfreuen. „Den restauriere ich innerhalb von drei Tagen“, sagt Helwig. Meistens lassen sich Kinder in der Maskenbildnerwerkstatt Airbrush-Tattoos oder täuschend echt wirkende Wunden verpassen. Aber es darf auch einfach Kinderschminken sein.
10:50 Uhr: Es qualmt gewaltig aus Emmas Schornstein, wenn Emanuel Zadig Jim Knopfs Lokomotive vorführt, kurz bevor er mitten im Lummerland auch noch zwei Wasserbomben zündet. Zadig ist einer der Guides, die mit den Besuchergruppen auf „Backlot-Tour“ gehen. Dabei werden die originalen Außensets von mehreren berühmten Filmen durchwandert, Streifen wie Tarantinos „Monuments Men“, „Der Baader-Meinhof-Komplex“ und neuerdings eben auch Jim Knopfs Lummerland. „Inklusive des größten Outdoor-Greenscreens Europas“, sagt Zadig. Wenn nicht gerade gedreht wird, kann man auch das Außenset von GZSZ besichtigen.
11:30 Uhr: Filmtiershow im Fernsehstudio 1. Bevor Moderator und Tiertrainer Jörg Degner seinen Auftritt hat, lässt er sich von einem Schwein den roten Teppich ausrollen und von einem Hund das Licht anknipsen. „Wir haben Zwergmäuse aus der Mongolei, Königsnattern aus Südamerika oder ein Haushuhn, das bei Fuß geht“, sagt Degner. Um seine tierischen Protagonisten baut er eine interaktive Show, die nicht nur bei Kindern Aha-Effekte zeitigt. „Einer unserer größten Stars ist der Hund aus ‚Bibi & Tina‘“, sagt Degner, „wenn sie den live sehen, sind Kinder immer richtig begeistert.“
12:20 Uhr: Einmal persönlich beim Sandmann vorbeischauen – im Sandmannhaus wird dieser Kindertraum wahr, und man kann das Ereignis sogar auf einem Foto festhalten. Brigitte Stern macht Aufnahmen von ihrem Patensohn, der die vielen Originalrequisiten aus der Entstehungszeit und den frühen Jahren der Sandmannproduktion in der DDR bestaunt. „Obwohl er mit neun Jahren langsam keinen Sandmann mehr guckt“, sagt Stern. Vielleicht spart sie dann ein wenig Geld im Sandmannshop, wo Fans des Kinderprogramms einfach alles finden, was ihr Herz begehrt.
13:10 Uhr: Stuntman Christoph Genesis füllt Benzin und Gas in kleine Tanks, die auf dem Showgelände im großen Vulkan verteilt sind. „Hier werden später überall Explosionen gezündet“, sagt er. Die Stuntshow vor bis zu 2500 Zuschauern ist das große Highlight eines jeden Erlebnistages im Filmpark. Vor einer Kulisse aus zerbeulten Autos, einem Hubschrauber und abgerockten Lastwagen werden Kampfszenen, Verfolgungsfahrten, Motorradstunts oder Sprünge von einem 20 Meter hohen Turm vorgeführt. „Und einer von uns muss auch immer brennend durch die Arena laufen.“
13:50 Uhr: Weinfässer, Tongeschirr und Blasebälge – im Erlebnisrestaurant „Prinz Eisenherz“ speist man, als ob man selbst mitten in einem Film säße. In gewisser Weise ist das auch so, denn der Großteil der Ausstattung stammt aus einer großen internationalen Kinoproduktion, für die 1987 in Babelsberg gedreht wurde. Schmuckstück des Lokals ist die Tafel der König-Artus-Runde mit ihren schweren Holzstühlen. „Wir sind hier per Du mit den Gästen“ sagt Kellnerin und Burgfräulein Nancy Peske, die eine braunrote Kutte trägt, wogegen ihre männlichen Kollegen in blauroter Tracht gehen. Manchmal fragt sie etwas derber, was man trinken wolle.
14:35 Uhr: Bei Kostümbildnerin Brigitta Werner kann man sich kräftig in Schale werfen. Zwischen Braut- und Barockkleidern, altertümlichen Unterröcken und Charlie-Chaplin-Outfits wartet sie auf Kundschaft. „Hier stammt alles aus dem Defa-Fundus, dem größten Kostümfundus der Welt“, sagt Brigitta Werner und ergänzt: „Ich bin dafür da, die Kunden damit einzukleiden.“ Viele Kinder nutzen die Gelegenheit, sich einmal stilecht als König oder Prinzessin zu verkleiden.
15:15 Uhr: Für 1,50 Euro hat Familie Zuber Schürfrechte erworben und ist nun fieberhaft auf der Suche nach Katzengold. Ein kleiner Haufen Mininuggets glänzt schon in der Sonne. „Wir sind aus München und wollten zum Ferienende noch etwas Tolles unternehmen“, sagt der Papa, während seine beiden Söhne Sand sieben. Die Goldschürfanlage steht mitten in der Westernstadt, deren bunte Holzhausfassaden umso kleiner werden, je weiter man hineinwandert. Mit dieser Bauweise wird der perspektivische Eindruck verstärkt und die Straße optisch verlängert – das ist ein häufig angewandter Filmtrick.
16:40 Uhr: Niemand muss ohne ein Mitbringsel nach Hause gehen. Bei Yvonne Zank und Anett Kubiak im Filmpark-Shop bekommt man von Berlin-Souvenirs bis zu richtigen Filmklappen für den Videodreh zu Hause einfach alles. Die beiden Verkäuferinnen behalten in dem Wust aus Büchern, Postern, Plüschtieren, DVDs und Filmplakaten stets den Überblick. „Neben den Filmklappen gehen immer noch die Kühlschrankmagneten am besten“, sagt Kubiak, „das ist Standard.“
17:55 Uhr: Der Filmpark schließt, und auch im Besucherzentrum werden die Schotten dicht gemacht. Mitarbeiterin Antonia Walter nimmt die letzten Audioguides zurück, die relativ neu im Servicepaket sind. Das Besucherzentrum ist in gewisser Weise das Herzstück des Filmparks, denn hier im Büro laufen die organisatorischen Fäden zusammen. Ob Gruppenführungen, Kindergeburtstage, Backstage-Besuche bei Stuntshows oder gastronomische Sonderwünsche – Gabriele Stegner und Betty Schmidt kümmern sich um alles, was die Besucher wollen. Es sind nicht wenige: „Im letzten Jahr hatten wir rund 320.000 Gäste“, sagt Stegner.
Wenn eine Morgenpost-Reporterin zur Stuntfrau wird
Happy Birthday, Pittiplatsch - DDR-Figur wird 55 Jahre alt
Zwischen Wahn und Wirklichkeit
Wo geht’s hier nach Brandywood?